Das an der Südspitze Spaniens gelegene britische Überseegebiet Gibraltar ist mit Sicherheit eines der spannendsten Reiseziele Europas. Während die anreisenden Touristen aus aller Welt vor allem auf dieses eine Foto vom imposanten Affenfelsen aus sind, kommen die spanischen Nachbarn aus La Linea und Umgebung zumeist zum Ankauf von zollfreien Waren wie Benzin, Zigaretten und Alkohol über die gut gesicherte Grenze.

Bis zum März des vergangenen Jahres war diese Form des Tank-Tourismus völlig unkompliziert. Nach erfolgter Einreise musste man mit seinem Fahrzeug einfach nur über die Winston-Churchill-Avenue gut 500 Meter geradeausfahren und stieß unmittelbar nach Überquerung der Start- und Landebahn des Flughafens von Gibraltar auf die Großtankstelle des spanischen Erdöl-Konzerns „CEPSA“. Die offerierte dem preisbewussten Kunden neben dem vergleichsweise günstigen Kraftstoff (Liter „Super“ bei ca. 1,40 Euro) auch all die anderen zuvor genannten Genussmittel.

Mit Eröffnung des neuen „Kingsway“-Tunnels, der den motorisierten Fahrzeugverkehr nun unterirdisch ins Stadtzentrum von Gibraltar führt, hat sich die Situation nachhaltig verändert. Aufgrund der neuen Verkehrsführung unter der Start- und Landebahn muss der Tank- und Kippenkunde momentan einen Umweg von insgesamt drei Kilometern in Kauf nehmen, um die benannte Großtankstelle zu erreichen. Die liegt wegen der gleichzeitig erfolgten oberirdischen Sperrung der Winston-Churchill-Avenue im „Runway-Bereich“ mittlerweile in einer Art Sackgasse und wird von den treuen Kunden aus Spanien nur noch selten angefahren, da andere Tankstellen aufgrund der geänderten Routenführung näher zur Grenze bzw. zur Tunnelausfahrt liegen!

Was aber hat all das mit der großen Verzögerung beim Bau des neuen Victoria-Stadions zu tun? Eigentlich sollte der 350 Meter lange „Kingsway“-Tunnel schon im Jahr 2018 fertig gestellt werden. Weil es aber schlappe fünf Jahre länger dauerte, löste die Verzögerung eine Art Kettenreaktion bei vielen anderen Projekten aus. Dies liegt an einem durchaus komplizierten Vertragswerk zwischen der Regierung von Gibraltar und dem bereits angesprochenen spanischen Erdölkonzern. Der hat sich nämlich schriftlich zusichern lassen, dass man immer die erste Tankstelle nach Überquerung der Grenze betreiben darf. Da dieser elementare Vertragsgegenstand mit der Eröffnung des Tunnels wegfiel, darf die alte Tankstelle nicht abgerissen werden, bevor die aktuell in Bau befindliche neue CEPSA-Tankstelle zwischen Grenze und Tunneleinfahrt offiziell eröffnet wurde.

Deshalb warten die Verantwortlichen der „Gibraltar Football Association“ sehnsüchtig auf die Eröffnung der neuen Tankstelle. Erst nach dem kurz darauffolgenden Abriss der alten Tankstelle, die sich direkt hinter der Gegentribüne des alten Victoria-Stadions befindet, kann das Bauprojekt „Neues Victoria Stadion“ endgültig gestartet werden. In einem kürzlich veröffentlichten Interview des Fernsehsenders GBC äußerte sich der Generalsekretär der Fußballverbandes, Ivan Robba, äußerst optimistisch hinsichtlich des Zeitplans. Nach seiner Einschätzung dürften die lang ersehnten Arbeiten nach Abschluss der diesjährigen Liga-Saison im Sommer 2024 endlich beginnen. Um auch während der mehrjährigen Neubau-Phase den heimischen Liga-Fußball in Gibraltar garantieren zu können, arbeiten die Verantwortlichen zur Zeit an der Umrüstung des an der Südspitze gelegenen „Europa-Point-Stadions“, welches eigentlich dem Rugby-Sport vorbehalten ist. Hier wird ein FIFA-Kunstrasen verlegt, welcher aufgrund der verschiedenen Markierungen Fußball-, Rugby und Cricketspiele ermöglichen kann. Einzig die Fußball-Nationalmannschaft sowie die Mannschaften in den Europapokal-Wettbewerben müssen sich etwas einfallen lassen. Während die Nationalmannschaft ihre Heimspiele auch weiterhin im portugiesischen Faro austragen wird, ist der Spielort für die UEFA Champions- und Europa-League-Teilnehmer noch offen.

Die mehrjährige Verzögerung beim Stadionneubau hatte aber auch etwas Gutes. Obwohl ich mich beim offiziellen Stadion-Abschiedsspiel im November 2019 (EM-Qualifikationsspiel gegen die Schweiz, Endstand 1:6) bereits recht emotional vom Victoria Stadion verabschieden durfte, gab es bei meiner Rückkehr ein freudiges Wiedersehen mit dem liebgewonnenen „Vic“! Dementsprechend konnte ich die beiden Ligaspiele des 14. Spieltages noch einmal richtig genießen. Im Nachmittagsspiel der „Gibraltar National League“ kam es zum Duell zwischen den Tabellennachbarn Mons Calpe Sports Club (6.) und Glacis United (7.). Hier setzten sich die überlegenen Spieler von Mons Calpe vor 50 Zuschauern unerwartet deutlich mit 5:1 (3:1) durch.

Im Abendspiel traf die Mannschaft des Europa FC auf den Überraschungs-Tabellenführer St Joseph’s FC. Was sich oberflächlich betrachtet nach Spitzenspiel anhörte, war allerdings keines mehr. Nach vielen guten Jahren und der mehrfachen Teilnahme am Europapokal sind die Grün-Schwarzen des Europa FC mittlerweile im Tabellenkeller zu finden. Dies dürfte in erster Linie finanzielle Gründe haben, da der Erfolg im semi-professionellen Fußball von Gibraltar auch nur mit einem ausgewogenen Finanzetat möglich ist. Trotz der miserablen Tabellensituation hielt der Vorletzte von Europa FC an diesem Abend vor knapp 100 Zuschauern hervorragend mit und musste sich den „Saints“ erst durch einen späten Treffer, tief in der Nachspielzeit, geschlagen geben!

Auch wenn der Abschied vom alten Victoria-Stadion auch beim zweiten Mal sehr schwer fiel, freue ich mich jetzt schon auf das neue Stadion. Schließlich ist Fortschritt auch Zukunft! Da Gibraltar nach wie vor ein absoluter Lieblingsort von mir ist, werde ich die Entwicklung des Umfeldes weiterhin begleiten. Wer jetzt noch einmal bewegte Story-Bilder und weitere Fotos aus Gibraltar sehen möchte, wird in meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook schnell fündig. Klickt Euch doch einfach mal durch!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!