Obwohl die Spiele der UEFA Champions League in jeder Saison viele Millionen Fans auf der ganzen Welt elektrisieren, dürfte der 2:1 (1:1)-Erfolg des färöischen Fußballmeisters Vikingur Gota über sein kosovarisches Pendant KF Trepça ’89 bei vielen Fans nicht nur aufgrund der geringen Zuschauerzahl von ganz genau 841 Unentwegten aus dem Langzeitgedächtnis verschwunden sein. Dabei war das Spiel der 1. Qualifikationsrunde zur Königsklasse 2017/2018 aus sportpolitischer Sicht ein echtes Großereignis, da es den ersten europäischen Auftritt einer Mannschaft aus Europas jüngster eigenständiger Nation beinhaltete.

Die vor knapp 14 Jahren gegründete Republik Kosovo, welche mit ihrem Fußballverband im Jahr 2016 als 55. UEFA-Mitglied in die europäische Fußball-Familie aufgenommen wurde, hat sich mittlerweile prächtig entwickelt. Während man sich zu Beginn seiner europäischen (Club-)Fußballgeschichte aufgrund des Neueinstieges in die UEFA Fünf-Jahres-Wertung und des damit verbundenen geringen Koeffizienten zunächst mit den beliebten Fußballzwergen aus San Marino oder Andorra auseinandersetzen musste, konnte man gut sieben Jahre später bereits auf einen beachtlichen 32. Rang vorrücken und damit einige arrivierte Länder hinter sich lassen. Großen Anteil am Ranglisten-Aufstieg besitzt mit Sicherheit der amtierende kosovarische Meister FC Ballkani, der etwas schaffte, worauf Mannschaften aus Nordirland, Malta, Montenegro, Wales, San Marino und Andorra immer noch warten:

Eine Qualifikation für die Gruppenphase eines europäischen Pokalwettbewerbes! Dies schaffte die Mannschaft aus der kosovarischen Stadt Suhareka in der laufenden Saison bereits zum zweiten Mal und traf in der UEFA Europa Conference League auf FC Viktoria Pilsen, GNK Dinamo Zagreb und den FK Astana.

Selbstverständlich rollte der professionelle Ball in dem kleinen Balkan-Land aber auch vor dem kriegerischen Kosovo-Konflikt (1998 bis 1999), der damit verbundenen Unabhängigkeit des Landes und dem lang ersehnten UEFA-Beitritt des Verbandes. Allerdings war man als Mitglied des jugoslawischen Staatenbundes in der Vergangenheit eher lokal als national unterwegs. Dies liegt am Teilnehmerfeld der jugoslawischen „Bundesliga“, welche bereits 1923 an den Start ging und in ihren insgesamt 63 Spielzeiten von den vergleichsweise finanzstarken Vereinen aus Serbien oder Kroatien dominiert wurde. In all den Jahren gelang es lediglich dem FK Trepca (Saison 1977/1978) und dem späteren kosovarischen Rekordmeister FC Pristina (Saison 1983/1984 bis 1987/1988) ins jugoslawische Fußball-Oberhaus einzuziehen und „erfolglos“ um die gesamtjugoslawische Meisterschaft mitzuspielen. Dementsprechend wurde der kosovarische Meister zumeist in den unteren Ligen des jugoslawischen Fußballsystems als eine Art Regionalmeisterschaft ermittelt.

Nach den bereits beschriebenen Terminierungsproblemen der „Albi Mall Superliga“ blieb für mich am 16. Spieltag der laufenden Saison eigentlich nur die Fahrt in die gut 30 Kilometer entfernte Stadt Podujeva übrig. Hier traf der heimische Tabellenzweite K.F. Llapi auf den Fünften FC Malisheva.

Nach meiner Ankunft in der 25.000-Einwohner-Kleinstadt fiel mir erneut etwas auf, das im Kosovo irgendwie System hat und einen letztlich zum Schmunzeln bringt. Man fängt oft etwas an, was man am Ende nicht fertig stellt. Diese doch recht charmante (Lebens-)Einstellung fiel mir zunächst auf der nagelneuen Autobahn nach Prizren ins Auge, wo bereits die Schilder für Mautstation und Raststätte montiert wurden, die dazugehörigen Einrichtungen aber bislang noch nichtmal ansatzweise gebaut wurden. So endete die Ausfahrt für die Raststätte trotz Beschilderung einfach auf der grünen Wiese. Auch in Podujeva gab es mit dem kürzlich errichteten „Park Plazza“-Einkaufszentrum einen wirklich netten Zeitvertreib. Auch wenn aus den Lautsprechern der „Outdoor-Mall“ stimmungsvolle Weihnachtsmusik von Michael Bublé drang, befand sich der überwiegende Teil der Läden noch im Rohbau und gestattete mir lediglich das kolossale Einkaufserlebnis bei einem Kleidungsdiscounter mit dem bekannten Namen einer amerikanischen Welt-Metropole der Ostküste.

Deshalb war es nicht wirklich überraschend, dass das nahegelegene Stadion „Zahir Pajaziti“ mit seiner Hintertor-Südtribüne ebenfalls nach Baustelle aussah. Allerdings sollte man sich nie vom ersten Eindruck täuschen lassen, da sich die kleine Arena mit einem Fassungsvermögen von 6.000 Zuschauern inmitten einer Wohnsiedlung befindet und von der Straße nur beschränkt zu sehen ist! Nach Betreten der Haupttribüne durfte ich feststellen, dass das Stadion für kosovarische Verhältnisse ein echtes Schmuckkästchen ist. Das absolute Highlight des Stadions dürfte das unterhalb der Tribüne eingerichtete Café sein, aus welchem man das Spiel dank der großen Schaufensterscheiben aus Sicht der Auswechselspieler miterleben kann.

Trotz perfekter äußerer Bedingungen mit frühlingshaften Temperaturen um 15 Grad Celsius stand das Spiel kurz vor Einlauf beider Teams vor der völlig unerwarteten Absage. Grund war der plötzlich eintretende starke Wind, der die gut zehn Meter hohen Werbewände auf der Längsseite des Spielfeldes fast zum Einsturz brachte. Nach der Installation von zusätzlichen Abstützungen ging es letztlich mit 13 Minuten Verspätung los. Eine Tatsache, die mich erst einmal durchatmen ließ, da die Facebook-Seite des Vereins verkündete, dass die Arbeiten spätestens nach 30 Minuten beendet sein müssen, um eine Absage zu verhindern.

Vor gut 250 Zuschauern besaß der heimische Tabellenzweite während der folgenden 90 Minuten eine Vielzahl an hervorragenden Torchancen. Wenn man allerdings nicht in der Lage ist, auch nur einmal zu vollstrecken, kann man Tabellenführer und Meister FC Ballkani am Ende nicht auf den Fersen bleiben. Überragender Akteur war übrigens Gäste-Innenverteidiger Agon Xhaka, der nicht nur wie der Star von Bayer 04 Leverkusen heisst, sondern auch mit dem guten Granit verwandt ist. Da Agon, der Cousin von Granit, an diesem Tag auch noch seine Qualitäten im gegnerischen Strafraum ausspielen konnte, köpfte er seinen FC Malisheva bereits nach sechs Minuten zum glücklichen, aber nicht ganz unverdienten 1:0 (1:0)-Auswärtssieg. Was so eine Verwandtschaft mit Granit Xhaka übrigens ausmacht, kann man bei Instagram sehen. Obwohl der in der Schweiz geborene Agon Xhaka bislang eine eher überschaubare Profikarriere hinlegte, verfügt der 26-jährige in dem sozialen Netzwerk über starke 43.500 Follower. Ob dies an seinem Cousin, an seiner Rückennummer 34 oder der wirklich gutaussehenden Partnerin liegt, ist mir leider unbekannt.

Mit dem Spiel in Podujeva gingen drei wirklich sehr schöne Tage in einem jungen europäischen Land zu Ende, welches vermutlich von vielen Westeuropäern völlig unterschätzt wird. Trotz des weiterhin vorhandenen serbo-albanischen Konflikts im Norden des Landes gibt es in der lebendigen Hauptstadt Pristina und im geschichtsträchtigen Prizren ganz viel zu erleben. Zu dem wirklich netten Balkan-Lifestyle gesellen sich sehr interessierte, hilfsbereite und gastfreundliche Menschen, die den Aufenthalt einfacher machen!

In meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook findet Ihr bewegte Story-Bilder vom Spiel in Podujeva sowie weitere Fotos vom Sightseeing in Pristina und Prizren! Klickt Euch mal rein!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!