Bei der Neuvertextung von populären Evergreens der Tanzmusik zeigen sich britische Fußballfans seit jeher äußerst kreativ. Dementsprechend hätte sich die heute 48-jährige italienische Sängerin Gala Rizzatto vor fast 30 Jahren vermutlich nicht mal vorstellen können, dass ihr Hit „Freed from Desire“ irgendwann zum Repertoire eines guten Stadion-DJ gehört und darüber hinaus von vielen tausend Fan-Kehlen in der Will Grigg-Feuerversion zelebriert wird.

Auch das 1982 veröffentlichte Instrumentalstück „Papa´s got a brand new Pigbag“ der englischen Jazz-Revival-Gruppe „Pigbag“ wäre vermutlich nur bei einem ausgewählten Individualpublikum hängen geblieben, wenn es in den 1990er-Jahren nicht in die Ohren der Anhänger des englischen Traditionsclubs Queens Park Rangers, kurz QPR, gekrochen wäre. Die nutzten die eingängliche Melodie des Liedes bis zum heutigen Tag nicht nur als Torhymne, sondern auch zur musikalischen Huldigung von verdienten Spielern. In der Gegenwart ist das Musikstück, welches in der Coverversion der „Perfecto Allstarz“ weitaus bekannter ist, ein äußerst populäres Stimmungslied auf der britischen Insel und wird neben der Verwendung als „Goal Song“ auch vom zweimaligen Dart-Weltmeister Adrian Lewis als Einlauflied genutzt.

In der Drittrundenbegegnung des diesjährigen „The Emirates FA Cup“ zwischen QPR und der Mannschaft des AFC Bournemouth musste man im Vorfeld leider davon ausgehen, dass man „Pigbag“ entweder gar nicht oder nur mit gedämmter Freude zu Ohren bekommt. Dies lag an der sportlichen Situation der sogenannten „Super Hoops“, welche in Englands zweiter Liga gegen den Abstieg kämpfen und nach einer 1:2-Niederlage gegen Cardiff City als Tabellenvorletzter bereits vier Punkte Abstand auf das rettende Ufer besitzen. Dazu reiste mit dem AFC Bournemouth eine Mannschaft aus der milliardenschweren Premier League an, in welcher allein 25-Millionen-Euro-Stürmer Dominic Solanke den Gesamtmarktwert des blau-weißen Zweitligisten aus dem Westen London´s sprengen würde!

Nach Anpfiff von FIFA-Schiedsrichterin Rebecca Welch, welche Ende des vergangenen Jahres als erste Frau überhaupt ein Premier League-Spiel leiten durfte, kamen die Gastgeber recht gut ins Spiel und boten dem Erstligisten von der englischen Südküste erstaunlich viel Paroli. Obwohl die Gäste mit ihrer routinierten Spielanlage die Kontrolle behielten, gelang es QPR immer wieder, mit Direktspiel und konsequenten Steilpässen auf den blitzschnellen Stürmer Sinclair Armstrong Nadelstiche zu setzen. Einer dieser Nadelstiche führte fünf Minuten vor der Halbzeit zur etwas unerwarteten Führung, als der angesprochene irische U21-Nationalspieler einen Konter abschloss und eiskalt für den Underdog vollstreckte.

Nachdem die ungläubig dreinschauenden QPR-Fans unter den knapp 11.000 Zuschauern aus ihrem ersten „Pigbag“-Jubel erwachten, stand es auch schon 2:0 für den Zweitligisten. Nur zwei Minuten nach der Führung gelang dem schottischen Nationalspieler Lyndon Dykes der zweite Streich, als sein Schuss unhaltbar abgefälscht wurde. Der Ball senkte sich als Bogenlampe ins lange Eck und ließ das 1904 eröffnete Stadion an der Loftus Road vor unbändiger Freude fast platzen.

Was aber erzählt man als Trainer eines Zweitligisten seinen Spielern bei einer überraschenden 2:0-Halbzeitführung? Vermutlich, dass man in den kommenden 45 Minuten unbedingt die Ruhe bewahren muss, defensiv kompakt stehen und nach Möglichkeit einen weiteren Konter abschließen sollte!

Diese Taktik war bereits nach 48 Spielminuten weitestgehend hinfällig, als der Schuss von Bournemouths Marcus Tavernier unglücklich abgefälscht wurde und zum Anschlusstreffer hinter QPR-Keeper Begovic einschlug. Aus dem Buch der 100 besten Fußballweisheiten musste nun Weisheit 56 herhalten, die für jeden Underdog bei unerwarteter Führung gilt:

„Der Anschlusstreffer kam viel zu früh“!

Urplötzlich zeigte der Erstligist ein völlig anderes Gesicht und legte sich den Zweitligisten förmlich zurecht. Innerhalb von nur 20 Minuten drehten der walisische Nationalspieler Kieffer Moore (58.) und der Niederländer Justin Kluivert (69.) das Spiel zu Gunsten des Favoriten. Einsamster Mensch der zweiten Hälfte war tatsächlich „Cherries“-Keeper Mark Travers, der kaum noch gegnerische QPR-Spieler zu Gesicht bekam!

Mit dem letztlich völlig verdienten 3:2 (0:2)-Sieg zog die Mannschaft des AFC Bournemouth in die 4. Pokalrunde ein und trifft dort auf Swansea City. Für die sympathischen Queens Park Rangers kann man nur hoffen, dass das Saisonfinale ein Happy-End bereithält und dem Club ein weiteres Zweitliga-Jahr schenkt. Ein möglicher Abstieg des Premier League-Gründungsmitgliedes in die dritte englische Liga wäre zwar nicht „das Ende“, im finanzstarken englischen Fußball aber auch nur sehr schwer zu korrigieren.

Hier müsste der malaysische Besitzer Tony Fernandes, ehemaliger Virgin-Musikmanager und Besitzer der Billigfluglinie „Air Asia“, sicher etwas mehr Geld als die anderen investieren. Ob Fernandes, der die Geschicke im Club vor 13 Jahren von den ehemaligen Formel 1-Funktionären Flavio Briatore und Bernie Ecclestone übernahm, dazu überhaupt bereit ist, bleibt abzuwarten!

In meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook findet Ihr weitere Fotos und bewegte Story-Bilder vom Spiel im Loftus Road Stadium, welches in unmittelbarer Nachbarschaft zur ultramodernen und brachial wirkenden Westfield-Shopping-Mall „Shepherd´s Bush“ fast schon wie ein Denkmal wirkt! Klickt Euch doch einfach mal rein!

STAY TUNED…bleibt auf Empfang!