Als der 60-jährige David Bingham vor gut vier Monaten seinen 875. „Ground“ besuchte, stellte er vermutlich einen Rekord für die Ewigkeit auf! Dies hängt mit der Besonderheit der ausgewählten „Grounds“ zusammen, welche ausnahmsweise mal nichts mit Fußball und seinen versteckten Stadionperlen zu tun haben. Bei den besuchten Orten handelte es sich nämlich um sämtliche Pubs der börsennotierten britischen Pub-Kette „JD Wetherspoon“, welche der durstige Kunde allein in London üppige 91mal findet! Der vermutlich längste „Pubcrawl“ der Welt dauerte insgesamt zwei Jahre, kostete Bingham gut 35.000 Euro und lieferte den ultimativen Beweis, dass Groundhopping nicht unbedingt einen sportlichen Bezug haben muss!

Falls sich der gute Bingham ein neues Ziel außerhalb der britischen Insel setzen sollte, könnte er sich an die weltweit gut 40.000 Mc Donalds-Filialen herantrauen. Auch wenn man es fast nicht glauben kann, gibt es für die unzähligen Filialen des größten Fastfood-Unternehmens der Welt bereits jetzt eine elitäre „Groundhopping“-Szene, die spezielle Schnell-Restaurants sammelt. Die müssen entweder in historischen Gebäuden untergebracht sein oder eine individuelle Besonderheit besitzen, die sich in besonderem Maße von der klassischen Fertigbauweise an der Autobahn abhebt!

Eines dieser äußerst begehrten „Design“-Restaurants befindet sich in Batumi und ist tatsächlich ein absoluter Hingucker! Nicht umsonst wurde es in einschlägigen Foren als der weltweit schickste und modernste „Mäcces“ gekürt. Letztlich bleibt für die Freunde des „Big Mäc“ nur die geografische Frage zu klären, wo Batumi auf der Landkarte überhaupt zu finden ist. Denn zu meiner Überraschung ist die georgische Hafenstadt in westeuropäischen Kreisen nahezu unbekannt, da so ziemlich jeder Gesprächspartner vor meinem jüngsten UEFA55-Abenteuer nur eine Frage stellte: „Was oder wo ist denn Batumi?

Dabei ist die zweitgrösste Stadt des Kaukasus-Landes mit ihren 175.000 Einwohnern ein durchaus beliebter Urlaubsort und bietet dem Entdecker eine faszinierende Mischung aus modernen Wolkenkratzern und historischen Gebäuden! Speziell beim abendlichen Landeanflug auf den kleinen City-Airport erscheint aus der völligen Dunkelheit des Schwarzen Meeres urplötzlich eine Stadt, die aufgrund der vielen illuminierten Wolkenkratzer und Casinos eher wie die US-Wüstenstadt Las Vegas wirkt! Neben der hypermodernen „Orbi City“ punktet Batumi vor allem mit der sehenswerten Altstadt, dem Strandboulevard, einem entspannten Lifestyle und dem 1912 gegründeten Botanischen Garten.

Die Hauptstadt der autonomen georgischen Republik Adscharien ist am Ende wirklich ein Urlaubsort aus dem Bilderbuch. Nur schade, dass das subtropische Batumi bislang fast ausschließlich von Touristen aus dem nahen Osten, Israel oder der Türkei besucht wird und aus Westeuropa nur wenige Touristen diesen sehenswerten Küstenabschnitt des Schwarzen Meeres finden.

Auch der örtliche Fußballclub FC Dinamo Batumi ist in Deutschland bislang nur den hartgesottensten Liebhabern des osteuropäischen Clubfussballs ein echter Begriff!

Allerdings gibt es auch hier einen interessanten AHA-Effekt, wenn man zur Vorstellung des Clubs vorab die Begriffe „Batumi Stadium“ in eine weltweit bekannte Internet-Suchmaschine eingibt. Urplötzlich sieht man ein höchst modernes Stadion, das im Zusammenspiel mit der Skyline Batumis fast schon etwas surreal wirkt und jedem Stadion- und Cityfotografen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Die nach einem Wettunternehmen benannte „Adjarabet“-Arena ist wie die vielen anderen Gebäude Batumis bei Dunkelheit vollständig illuminiert und besitzt ein Fassungsvermögen von 20.000 Zuschauern. Damit ist die Arena, die aufgrund der Dachkonstruktion dem großen Stade Velodrome von Marseille ähnelt, das zweitgrösste Stadion Georgiens. Die wenigen deutschen Fußballer, die in der 2020 eröffneten Adjarabet-Arena bislang gegen den Ball treten durften, waren nicht allzu erfolgreich. Im vergangenen Sommer verabschiedete sich die deutsche U21-Nationalmannschaft in diesem Stadion von der UEFA U21-Europameisterschaft…wohlgemerkt in der Vorrunde! Wenigstens konnten sich die vor Ort befindlichen deutschen Fans nachhaltig in das Gedächtnis der Mitarbeiter des FC Dinamo Batumi einpflanzen. Die haben nach eigenem Bekunden noch nie vergleichbare Fans gesehen, die während des Spiels soviel Bier getrunken haben!

Der bereits angesprochene heimische Fußballstolz FC Dinamo Batumi wurde 1923 gegründet und feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag! Der Club spielt seit der Unabhängigkeit Georgiens und Gründung des georgischen Fußballverbandes „Georgian Football Federation“ im Jahr 1990 durchgängig erstklassig. Auch wenn der georgische Rekordmeister FC Dinamo Tbilisi oftmals übermächtig war, konnte man sich in den vergangenen Jahren als ernstzunehmender Konkurrent und Meisterschaftskandidat etablieren. Nach dem erstmaligen Gewinn der georgischen Meisterschaft im Jahr 2021 sieht es auch in der laufenden (Kalenderjahr-)Saison sehr gut für den FC Dinamo Batumi aus.

Am 26. Spieltag, also zehn Spieltage vor Saisonende, stand die Mannschaft des ukrainischen Cheftrainers Andrey Demchenko mit sieben Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze der georgischen Erovnuli Liga! Im Spitzenspiel gegen den direkten Verfolger Dinamo Tbilisi konnte also ein ganz großer Schritt in Richtung Meisterschaft gesetzt werden. Vor 15.000 Zuschauern wirkte der Tabellenführer nach Anpfiff des georgischen FIFA-Schiedsrichters Kikacheishvili wie entfesselt und setzte den Gast aus der Hauptstadt Tiflis gehörig unter Druck. Folgerichtig ging der FC Dinamo Batumi bereits in der vierten Spielminute nach einer schönen Kombination durch Mamuchasvili in Führung. Das Stadion platzte vor Freude, wo sollte das heute noch hinführen?

Zumindest mal nicht in Richtung Kantersieg, da es den Gästen nach frühem Rückstand gelang, Ruhe ins Spiel zu bringen und sogar das Kommando zu übernehmen! Dementsprechend war es nicht mal überraschend, als der Spanier Cadete noch vor der Halbzeit mit einem feinen und vor allem unhaltbaren Fernschuss ausgleichen konnte (37.). In der zweiten Hälfte nahm der 2-fache sowjetische und 19-fache georgische Meister das Heft in die Hand und dreht das Spiel mit der 2:1-Führung von Kharaishvili komplett (53.). Jetzt wirkte der Tabellenführer aus Batumi angeschlagen und musste aufpassen, bei den gefährlichen Kontern von Dinamo Tbilisi nicht höher in Rückstand zu geraten. Als der überragende Tbilisi-Schlussmann Giorgi Loria (37, früher 1. FC Magdeburg) dann auch noch einen Foulelfmeter samt Nachschuss halten konnte, sah es nicht unbedingt nach einem Punktgewinn für Dinamo Batumi aus. Den gab es letztlich dann aber doch noch, da Batumis Ghudushauri den Ball in der 73. Minute irgendwie am 1,97-Hünen im Tor des FC Dinamo Tbilisi vorbeimogeln konnte. So endete das teilweise hektische und sehr intensive georgische Spitzenspiel am Ende 2:2 (1:1). Ein gerechtes Unentschieden, mit dem der Tabellenführer aus Batumi sicherlich besser leben konnte.

Auch wenn ich auf all meinen Reisen immer unparteiisch und neutral bin, muss ich zum Abschluss meines ersten Blogs aus Georgien ganz viel Liebe für den FC Dinamo Batumi raushauen. Dies liegt an den Verantwortlichen und Mitarbeitern des Clubs, die mir Einblicke genehmigten, die nicht alltäglich sind! Ich konnte diesen familiären und herzlichen Club aus dem Inneren kennenlernen und drücke fest die Daumen, dass es in diesem Jahr zum georgischen Meistertitel reicht, welcher auch in Georgien mit der Qualifikation zur UEFA Champions League belohnt wird! ძვირფასო FC Dinamo Batumi, დარჩი ისეთი როგორიც ხარ! Მადლობა ყველაფრისთვის!

Wer jetzt auch mal Lust auf Batumi hat und noch mehr Informationen benötigt, dem lege ich wie gewohnt meinen Instagram-Account ans Herz. Hier gibts weitere Fotos und bewegte Story-Bilder aus Batumi, auch ohne Fußballbezug! Schaut einfach mal rein!

Aus Batumi ging es nach Kutaisi….STAY TUNED