Nach dem Achtelfinale ist bekanntlich vor dem Viertelfinale! Deshalb startete ich direkt nach Abpfiff der Rückspiele im Achtelfinale der UEFA Europa League 2017/2018 mit einer ersten zaghaften Planung der nächsten Etappe. Unter Berücksichtigung des noch anstehenden Halbfinalspieles durften mir jetzt keine Fehler mehr unterlaufen, schließlich wollte ich am Ende der Saison keinen Spielort doppelt besuchen!

Zudem war es mir sehr wichtig, möglichst viele Länder in der Europapokal-Saison bereist zu haben, deshalb fiel die Entscheidung für das Spiel in der Runde der letzten acht Mannschaften relativ schnell! Nach einem Quervergleich der sportlichen Chancen auf ein Weiterkommen in den ausgelosten Duellen mit den noch nicht bereisten Ländern konnte es nach einem letzten Blick in meinen vollen Terminkalender nur ein Spielort im Viertelfinale werden: Das Estadio Jose Alvalade von Lissabon!

Das Stadion beheimatet mit dem Sporting Club de Portugal nicht nur einen der erfolgreichsten und beliebtesten Vereine Portugals, sondern mit über 160.000 Vereinsmitgliedern auch einen der größten Clubs Europas. Mir war vorab klar, dass der Kartenkauf bei einem der angesagtesten Vereine unseres Kontinents in einem europäischen Viertelfinale gegen einen Rivalen von der iberischen Halbinsel mehr als schwierig werden würde.

Auch wenn das Wort „schwierig“ rückblickend ein wenig untertrieben wirkt, versuchte ich mein Glück für das anstehende Spiel. Schließlich hatte ich weiterhin ein Ziel, das große Finale in Lyon!

Ein erster Blick auf die Homepage des Sporting Club de Portugal brachte mich nicht wirklich weiter. Obwohl Spielpaarung bzw. Anstoßzeit längst bekannt waren, war in der Rubrik „Online-Ticket“ auch knapp zwei Wochen vor Spielbeginn partout kein Hinweis auf das Spiel zu finden. Diese Problematik stellte für einen organisationsverwöhnten deutschen Fußballfan, welcher insbesondere im Bereich Online-Kartenvorverkauf der 1. und 2. Bundesliga oder der englischen Football-League die dort gebotene Effizienz und Transparenz zu schätzen weiß, eine große Hürde dar. Schließlich mussten ja auch kurzfristig Flüge und Unterkunft gebucht werden, welche täglich im Preis stiegen und ohne den Erhalt einer Eintrittskarte völlig nutzlos wären.

Zum Glück gibt es auf jeder Homepage der internationalen Top-Vereine eine Email-Adresse zum Zwecke der Kontaktaufnahme. Dachte ich zumindest, auf der Homepage von Sporting CP existierte für den Bereich des Ticketing nur eine portugiesische Telefonnummer. Selbst der gute alte Freund namens „Google“ konnte mir keine globale Emailadresse des Sporting Club Portugal beschaffen. Nach langer Suche fand ich zumindest eine Email-Adresse für den Bereich „Akkreditierung/Presse“, an welche ich mein Ersuchen in englischer Sprache richtete.

Nach einer Wartezeit von wenigen Tagen, in welchen ich bereits mögliche Alternativen prüfen musste und nicht mehr wirklich an eine Antwort glaubte, wurde dann aber noch alles gut. Die sehr angenehme Gefühlsumkehr äußerte sich in Person des Ticket-Managers des Sporting Club de Portugal, Paulo S. Almeida, welcher mir in einer sehr freundlichen Email seine Hilfe anbot und diese letztlich auch umsetzte! Nach der unkomplizierten und schnellen IBAN-Überweisung des Eintrittspreises wurde mir das Ticket per Email zugeschickt. Das war trotz des großen Fan-Andrangs ein wirklich hervorragender Service!

Die portugiesische Hauptstadt Lissabon, die westlichste Kapitale in Europa, war bereits im Jahr 2016 Ziel eines Kurzbesuches. Während damals eher das Stadtzentrum mit seinem Castelo de Sao Jorge und die traditionsreiche Straßenbahnlinie E28 auf ihrem steilen Weg durch die Altstadt auf dem Programm standen, hatte ich neben dem Match diesmal ein anderes Sightseeing-Ziel: Den Stadtteil Belem nahe der kolossalen Brücke des 25. April und die gegenüberliegende Gemeinde Almada!

Almada gehört mit ihren knapp 180.000 Einwohnern zur Metropolregion Lissabon. Die am gegenüberliegenden Ufer des Flusses Tejo befindliche Stadt ist über die bereits genannte Brücke des 25.April mit dem Auto oder dem Nahverkehrszug erreichbar. Ich habe diese Brücke, welche immer ein wenig an die Golden Gate-Bridge in San Francisco erinnert, insgesamt 2mal mit dem Taxi bzw. einem netten Uber-Fahrer überquert. Die Fahrt auf einer Länge von knapp 2,3 km und einer Höhe von fast 200 Metern ist sicher spektakulär, aber auch eine harte Einheit für Menschen mit ein wenig Höhenangst! Neben einem offensichtlich dauerhaft vorhandenen starken Seitenwind verfügt die Brücke über drei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung, leider ohne den beruhigenden Freiraum für einen möglichen Nothalt und einer augenscheinlich sehr klein geratenen Brüstung bzw. Leitplanke. Wenn man seinem Fahrer hier nicht voll vertraut, kann man beim Blick runter schon mal schweissnasse Hände bekommen.

Natürlich gibt es auch noch eine andere Möglichkeit, um aus Lissabon nach Almada zu gelangen! Nahe der U-Bahn-Station „Cais do Sodre“ befindet sich das Fährterminal, von welchem alle paar Minuten eine Fähre nach Almada ablegt. Auch diese gut 20minütige Fahrt habe ich ausprobiert, trotz des Prototyps eines Seelenverkäufers mit Baujahr 1982 lebt die Überfahrt von den Eindrücken unterhalb der Brücke und dem Blick auf die Szenerie Lissabons.

Nach der Ankunft in Almada hieß mein erstes Ziel erwartungsgemäß „Estadio Municipal Jose Martins Viera“. Schließlich ist Vorbereitung auf eine Reise mit dem Check aller Fußballtermine am Ende des Tages äußerst wichtig. Und genau diese Vorbereitung bescherte mir einen Tag vor der UEFA Europa League noch eine „englische Woche“ in der 2. Liga im Land des amtierenden Europameisters.

Portugal ist in deutschen Fankreisen trotz des Erfolgs seiner Nationalmannschaft und der vielen bekannten Weltklassespieler im Club-Fußball vermutlich ein großes Mysterium! Natürlich sind die großen Vereine FC Porto, Benfica und Sporting Club de Portugal weltweit bekannt und beliebt, aber wer kann schon mehr als einen Satz über die Erstligisten Pacos de Ferreira, Moreirense oder Chaves verlieren? Irgendwie ist das Interesse an portugiesischem Fußball in Mitteleuropa noch nicht angekommen.

Diesbezüglich ging es für mich in Almada noch eine Etage unter die grauen Mäuse der 1. Liga Portugals! Die 2. Liga des Landes mit dem Sponsorennamen „Ledman Liga Pro“ ist erstaunlicherweise zunächst mal ein Sammelbecken von Nachwuchsmannschaften der großen Vereine! Unter den 20 Vereinen befinden sich allein fünf Nachwuchs-bzw. zweite Mannschaften von Erstligisten. Die dürfen natürlich nicht aufsteigen und sorgen in der zweiten Profiliga Portugals für ein recht ungewohntes Bild!

Im Estadio Municipal Jose Martins Viera mit einer Kapazität von 3500 Zuschauern war beim Duell zwischen CD Cova da Piedade (Tabellen-12.) und dem Tabellen-15. aus Nordportugal (União Desportiva Oliveirense) Abstiegskampf angesagt!

Entgegen meiner eher geringen Erwartungshaltung entwickelte sich nach Anpfiff des portugiesischen FIFA-Schiedsrichters Carlos Xistra ein lebhaftes und gutes Fußballspiel! Vor 653 Zuschauern siegte die Heimelf auf Kunstrasen verdient mit 3:2 (2:1). Dabei drehten die Hausherren das Spiel nach frühem Rückstand bereits zur Pause!

Obwohl die Ledman Liga Pro durch Nachwuchsmannschaften wie Sporting Braga II ein wenig verwässert ist, zeigten beide Teams am gestrigen Tag ein Spiel auf technisch und physisch ansprechendem Niveau, vielleicht vergleichbar mit der deutschen 3. Liga! Vielleicht lasse ich mich aber auch von Namen wie Evaldo, Dieguinho, Adilson oder Soares blenden, bei welchen man die Augen schließt und an südamerikanischen Zauberfußball denkt! Ach wie gut, dass bei den Gastgebern noch der Mann mit der Rückennummer 20 eingewechselt wurde. Der kommt von den Kap Verden und hat seinen Künstlernamen „Ballack“ auf dem Trikot. Also wurde ich nicht geblendet!

Insgesamt ein netter Abend im kleinen Stadion von Almada, das absolute Highlight der Stadt sollte aber noch kommen! Die Christus-Statue „Christo Rei“ ist selbst dann ein absolutes Muss, wenn man kein übermäßig großer Anhänger des christlichen Glaubens ist. Die siebtgrößte Christus-Statue der Welt thront über dem Fluß Tejo und wendet sich mit den ausgebreiteten Armen der Brücke des 25. April und Lissabon zu. Erinnert ein wenig an die Christus-Statue in Rio des Janeiro und bietet einen schier atemberaubenden Blick auf die Brücke und die Stadt Lissabon. Selbst wenn man kein Interesse daran besitzt, die 28 Meter hohe Statue mittels Aufzug auf der windigen Aussichtsplattform zu besuchen, kann man am Fuß der Figur auf einer Höhe von knapp 130 Metern über dem Fluß einen tollen Blick erhaschen!

Nach einer kurzen Nacht und vielleicht einem „Super Bock-Dark“-Bier zu viel stand das Rückspiel im Viertelfinale der UEFA Europa League 2017/2018 auf dem Programm. Zuvor wollte ich mir aber noch ein paar wichtige Sehenswürdigkeiten anschauen, wie immer ein existenzieller Programmpunkt meiner (Fußball-)Reisen.

Wie bereits angedeutet, sollte der absolute Schwerpunkt diesmal auf dem Lissabonner Stadtteil „Belem“ liegen, welcher eine Vielzahl der wichtigsten Sehenswürdigkeiten anbietet. Der Stadtteil liegt westlich des Stadtzentrums am Ufer des Tejo, ist innerhalb einer gut 25minütigen Straßenbahnfahrt von dort zu erreichen und bietet den Besuchern ebenfalls einen tollen Blick auf die Brücke des 25. April und Cristo Rei.

Bei den Hauptsehenswürdigkeiten Belem´s handelt es sich um das Kloster „Mosteiro dos Jeronimos“ und den „Torre de Belem“, beide Bauwerke sind ein wichtiger Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes. Das Hieronymitenkloster sollte man bereits sehr früh morgens besuchen, da sich gerade zur Mittagszeit eine gut 300 Meter Schlange für den Eintritt bilden kann. Im Inneren des Klosters kann man u.a. das Grab des weltbekannten portugiesischen Weltentdeckers und Seefahrers Vasco da Gama besichtigen.

Der „Torre de Belem“ an der Atlantik-Mündung des Tejo ist vielleicht das Wahrzeichen Lissabons schlechthin. Der Turm wurde im Jahr 1521 fertiggestellt und erinnert an die Glanzzeit des portugiesischen Seefahrt-Imperiums. Er diente zur damaligen Zeit als Leuchtturm und letzte Verteidigungslinie bei der Einfahrt aus dem Atlantik!

In direkter Nähe zum Torre de Belem befindet sich das imposante und monströse Seefahrer- und Entdeckerdenkmal „Padrão dos Descobrimentos“, welches ebenfalls betreten werden kann und von seinem Plateau einen schönen Blick auf das Kloster und den Stadtteil Belem gewährt.

Natürlich kommen in Belem auch die ureigensten Instinkte nicht zu kurz. In Bezug auf das runde Leder bietet der Stadtteil mit dem bekannten Club Belenenses und dem dazugehörigen Estadio do Restelo einen bekannten und beliebten Verein des portugiesischen Fußballs an. Das Stadion ist zwar schon ordentlich in die Jahre gekommen, wirkt aber durch seine Hanglage und dem tollen Blick auf Belem und den Tejo äußerst charmant!

Das Highlight auf dem Gourmetsektor stellt mit Sicherheit das Café „Pasteis de Belem“ dar. Dort gibt es neben einem guten Kaffee die bekannten portugiesischen Blätterteigtörtchen! Die „Pastel de Nata“ werden mit einer puddingähnlichen Creme gefüllt und sind definitiv nur etwas für Menschen mit einem sehr süßen Zahn!

Am Donnerstag-Abend stand dann endlich der Europapokal auf dem Programm. Vor Abfahrt zum Stadion musste ich mich zunächst mal von dem Gedanken verabschieden, im T-Shirt ins Stadion zu gehen. Irgendwie hatte ich das Aprilwetter Portugals ein wenig schöner erwartet. Starker Wind mit Regen und sanfte 12 Grad hören sich eher nach Herbst an!

Im Rückspiel des Viertelfinales musste der Gastgeber Sporting Clube de Portugal eine 0:2-Hinspielniederlage gegen den spanischen Konkurrenten Atlético de Madrid drehen, zumindest dann, wenn man noch das Halbfinale des Wettbewerbs erreichen will!

Was sich gegen das Starensemble aus der spanischen Hauptstadt schon bei optimalen Voraussetzungen schwierig anhört, klang bei den tatsächlichen Bedingungen noch ein wenig aussichtsloser. Neben bitteren Sperren für Leistungsträger wie Europameister Fabio Coentrao und Torjäger Bas Dost herrschte unter der Woche blankes Chaos, als Club-Präsident Bruno de Carvalho aus Ärger über die Hinspielniederlage 19 Spieler suspendieren wollte.

Nun ja, nach Anpfiff des serbischen WM-Schiedsrichters Milorad Mazic konnte man feststellen, dass nicht nur Atlético in Bestbesetzung auflief! Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen.

Die Überraschung ereilte mich dann während der 90 Minuten. Mein persönlicher Topfavorit auf den UEL-Titel aus Madrid zeigte sich in der „Regenschlacht von Lissabon“ ungewohnt fahrig und bieder! Eigentlich spielte nur eine Mannschaft und das war Sporting! Trotz der Ausfälle der genannten Spieler kombinierte man sich mit viel Willen immer wieder in den Strafraum und kreierte gute Torchancen. Herausragend waren hier der costa-ricanische Spielmacher Bryan Ruiz sowie der quirlige Außenspieler Gelson Martins!

Sollte nach der klaren Hinspiel-Niederlage ohne Auswärtstor tatsächlich noch etwas gehen für Sporting? Ein klares Ja, Mannschaft und Fans glaubten dran! Erst recht als Dost-Ersatz Fredy Montero per Kopf zum 1:0 traf (28.). Ein kolumbianischer Stürmer, der den Großteil seiner Karriere in China und den USA verbrachte!

Trotz 7:2-Torschüssen und 10:2-Ecken konnte sich Atlético am Ende des Tages bei Torhüter Jan Oblak bedanken, dass man im Halbfinale nun auf Arsenal Football Club trifft! Sicher gab es zum Ende des Spiels gute Kontergelegenheiten durch Griezmann und den eingewechselten Torres, eine Verlängerung hätte uns trotzdem gut zu Gesicht gestanden!

Abschließend möchte ich noch auf die Trainer eingehen. Diego Simeone und Jorge Jesus sind vielleicht alles, aber nicht langweilig! Sie leben Fußball und rennen während des Spiels weiter als einige ihre Spieler! Speziell Jorge Jesus muss nach dem Spiel fix und fertig gewesen sein! In seiner Coaching-Zone war er nie!

Auch der Stadionsprecher war Wahnsinn! Wenn der Gesang der Fans mal kurzzeitig leiser wurde, heizte er die Kurve wieder an! Im Zusammenspiel mit der Sporting-Hymne „O mundo sabe que“ (frei nach dem alten Frank Sinatra-Hit „I did it my way„) war das einfach nur irre!

Mein spezieller Dank geht nochmals an den Ticketmanager von Sporting CP, Paulo S. Almeida, für den hervorragenden Platz auf der Haupttribüne in Höhe der Mittellinie. Den hätte ich vermutlich nicht bekommen, wenn der auf dem Platz verewigte Dauerkartenbesitzer Pedro X Brasil erschienen wäre. Obrigado!!!

Das war das Viertelfinale, das Halbfinale der UEFA Europa League 2017/2018 folgt in Kürze!

Danke für Lesen, bleibt dran…STAY TUNED!!!!

Natürlich gibt es weitere Fotos vom Reiseziel auch wieder auf meinem Instagram-Account henning_loves_football zu sehen!