Die im vergangenen Jahr neu erschaffene UEFA Europa Conference League (UECL) legte nach anfänglichen Wahrnehmungsstörungen einen durchaus respektablen Start hin.

Bis zur endgültigen Anerkennung der „Euro League 2“ als ernstzunehmenden Europapokalwettbewerb war es zwar nur ein kurzer, dennoch recht steiniger Weg. Dies lag an den unterschiedlichen Einstellungen und Erwartungen der teilnehmenden Clubs vor dem allerersten Anstoß.

Auf der einen Seite befanden sich die Kritiker, die sich fast ausschließlich aus den Reihen der „großen“ Fußballnationen zusammensetzten und eine sportliche sowie finanzielle Qualitätsminderung des hochklassigen Europapokals befürchteten. Hier bestand offensichtlich wenig Lust auf den Vergleich mit Gegnern aus der zweit- oder gar drittklassigen europäischen Fußballwelt. Angefacht wurde diese Skepsis zudem von social-media-affinen Fußballprofis wie Max Kruse, die nach eigenem Bekunden „keinen Bock“ auf diesen neuen überflüssigen Wettbewerb besaßen.

Dem gegenüber standen die Vereine aus den Niederungen der UEFA-Fünf-Jahreswertung, die aufgrund ihres sportlichen Leistungsvermögens immer nur beschränkte Chancen auf die längerfristige Teilnahme an einem Europapokal besaßen und ihre Kräfte in einem vereinten (Fußball-)Europa auch gerne mal mit den „Größeren“ messen würden.

Obwohl die europäische Fußball-Union UEFA mit der Wahl des viel zu kleinen ersten Endspielstadions im albanischen Tirana wohl selbst nicht an durchschlagenden Erfolg der UECL glaubte, setzte sich die „Konferenz“ auch Dank der Fans zügig durch. Speziell die Anhänger der kritisierenden „Großen“, zum Beispiel die des letztjährigen Bundesliga-Siebten, hatten wider Erwarten große Lust auf Reisen an interessante Orte wie das tschechische Uherske Hradiste. Schließlich kommt man endlich mal aus dem alltäglichen Bundesliga-Trott raus.

Neben den erinnerungswürdigen Reiseerlebnissen der Fans offenbarte der dritte Europapokalwettbewerb aber auch einen unerwartet ausgeglichenen sportlichen Wettbewerb, wo im Gegensatz zur allseits beliebten Königsklasse jeder jeden schlagen kann. Das vielleicht wichtigste Pro-Argument für die UEFA Europa Conference League ist perfekt am Beispiel des amtierenden armenischen Meisters FC Pyunik zu erläutern.

Nach dem Gewinn des Titels startete der Club aus der Hauptstadt Yerevan in der Qualifikation zur UEFA Champions League. Nach den erfolgreich absolvierten Vergleichen mit dem rumänischen Meister CFR 1907 Cluj und dem luxemburgischen Champion F91 Dudelange scheiterte man erst kurz vor der lukrativen Gruppenphase am übermächtigen Roten Stern aus Belgrad.

Während man früher getreu dem Motto „Danke für nichts“ wieder im tristen Ligaalltag gelandet wäre, wird das Erreichen der 3. Champions League-Qualirunde nun in jedem Fall mit dem Start in der Gruppenphase der Europa- oder Europa Conference-League als eine Art Rückfallebene für Landesmeister honoriert.

Dementsprechend nahm die Pyunik-Mannschaft von Trainer Eghishe Melikyan ihren Startplatz in Gruppe H der Conference League nicht als Trostpreis wahr und zeigte bei ihren motivierten Auftritten viel Herz und Stolz. Mit dem 2:0-Heimsieg über ŠK Slovan Bratislava sorgte Pyunik zudem für einen Meilenstein im armenischen Vereinsfussball. Nie zuvor hatte ein armenischer Club in der Gruppenphase eines Europapokalwettbewerbes einen Sieg einfahren können. Allerdings war man nach Liga-Konkurrent FC Alashkert Martuni auch erst die zweite Mannschaft der Fastex Armenian Premier League, die sich je für eine Gruppenphase qualifizieren konnte.

Nach einer insgesamt ordentlichen Runde, in der man auch etwas Lehrgeld zahlen musste, hatte man am letzten Spieltag die ultimative Chance auf den nächsten Entwicklungsschritt für den armenischen Fußball. Mit einem Sieg gegen den 20fachen Schweizer Meister FC Basel 1893 würde man in die Finalrunde des Wettbewerbs einziehen.

Aufgrund dieser historischen Chance war das altehrwürdige Stadion der Republik, benannt nach dem ehemaligen Premierminister Vazgen Sargsyan, an diesem Donnerstagabend sehr gut besucht. Die Zuschauerkulisse von knapp 10.000 Fans war für armenische Club-Verhältnisse nahezu sensationell, wenn man bedenkt, dass sich in der Liga oft nur wenige hundert Zuschauer einfinden.

Obwohl die Armenier vom Anstoß weg wirklich alles riskierten, kam die kalte Dusche relativ schnell. Der schweizerische Spitzenclub ließ sich von der heißblütigen Stimmung überhaupt nicht beeindrucken und führte nach Toren von Darian Males (17.) und dem 18jährigen Deutschen Anton Kade (29.) früh mit 2:0.

Die Baseler Führung zog den Gastgebern den Stecker der Inspiration. Obwohl man viel versuchte, kam man erst nach Mithilfe des rumänischen Schiedsrichters Fesnic zurück ins Spiel. Nach einer vermeintlichen Schwalbe sah Basels Ndoye kurz nach dem Seitenwechsel die Gelb-Rote Karte. In Überzahl ließ man den sichtlich beeindruckten Gäste nun keine Luft zum „offensiven“ Atmen. Da es aber weiterhin an Übersicht und dem „letzten Pass“ mangelte, sprang außer dem vielumjubelten Anschlusstreffer von Juricic (71.) nichts zählbares mehr heraus.

Mit der Niederlage war die ereignisreiche Europapokal-Saison für Pyunik beendet. Nun muss der erfolgreichste Verein Armeniens seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 (Rekordmeister- und Pokalsieger mit insgesamt 20 Titeln) erst einmal seine Hausaufgaben in der eigenen Liga erledigen. Denn ohne nationalen Erfolg gibts keine internationalen Spiele. Da „Pyunik“ übersetzt übrigens „Phönix“ heisst, bin ich guter Dinge, dass die Mannschaft aus der Asche der Conference League schnell wieder auferstehen wird.

Trotz der ausbleibenden Überraschung war es ein wirklich schöner Europapokalabend in einem fantastischen Stadion, das 1935 eröffnet und nach dem 2. Weltkrieg mit Hilfe der deutschen Kriegsgefangenen auf sein jetziges Fassungsvermögen von 15.000 Zuschauern erweitert wurde.

Nach Spielende gab es vermutlich nur einen Menschen, der noch etwas entspannter als ich war…der vierte Offizielle Sebastian Coltescu aus Rumänien wurde vor gut zwei Jahren durch die kontrovers diskutierte „Negro“-Geschichte mit Basaksehir-Assistenztrainer Pierre Webo europaweit bekannt. Diesmal hatte der 45jährige FIFA-Schiedsrichter keine Probleme mit den heißblütigen Trainerbänken von Alexander Frei und Eghishe Melikyan.

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