Die armenische Hauptstadt Yerevan wurde bereits im Jahr 782 vor Christi Geburt mit Errichtung der Siedlung „Erebuni“ durch den urartäischen König Argisti gegründet. Damit ist Yerevan eine der ältesten Städte der Welt und fast 30 Jahre älter als die italienische Kapitale Rom.

Die Stadt besitzt in der Gegenwart etwas über eine Million Einwohner und gilt selbstverständlich als das kulturelle und wirtschaftliche Zugpferd des kaukasischen Landes. Darum war es mir während des sechstägigen Aufenthaltes einmal mehr sehr wichtig, neben dem rollenden Fußball auch „Land und Leute“ kennenzulernen.

Dies gestaltete sich in Yerevan vergleichsweise einfach. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie die imposante Kaskaden-Treppe, der weitläufige Platz der Republik oder das nationale Opernhaus befinden sich alle im Bereich der Innenstadt und sind zu Fuß recht schnell erreichbar. Für die etwas außerhalb befindlichen Orte wie der Denkmalkomplex „Zizernakaberd“ gibts die armenische Handy-App „GG“, die letztlich das System des bekannten Taxi- bzw. Mietwagen-Konkurrenten „Uber“ übernommen hat und günstige Fahrten zu nahezu allen Zielen innerhalb und auch außerhalb Yerevans offeriert.

Deshalb hätte ich den effizienten und vor allem ehrlichen Taxi-Service sicher auch für meine Exkursionen zum knapp 70 km entfernten Sevan-See oder meiner einstündigen Fahrt zum Berg-Kloster Geghard nutzen können. Zumindest dann, wenn ich mit der Anmietung eines eigenen Fahrzeuges nicht wieder mal eine alternative Idee gehabt hätte, die mir rückblickend zwar mehr Freiheit schenkte, aber auch für Schweissflecken auf der Stirn sorgte.

Dies lag an dem wirklich mörderischen Straßenverkehr, der mit dem Attribut „anarchisch“ wohl am treffendsten beschrieben werden und im libanesischen Beirut der 1970er-Jahre nicht schlimmer gewesen sein kann. All das, was man als routinierter deutscher Autofahrer gelernt hat…also Wörter wie „Defensives Fahrverhalten“, „Verständnis“, „Vorrang beim Abbiegen“, „Fahrstreifen“ oder „Verbotenes Parken in 2. Reihe“…müssen in Yerevan temporär aus dem Gehirn gelöscht werden. Auch wenn das Mindestmaß an Kontrolle einen Stop an der roten Ampel vorsieht, steht das universelle Motto „Wer bremst verliert“ an oberster Stelle!

Diese durchaus hektische und stressige Einstellung beim Autofahren stand übrigens im krassen Gegensatz zum armenischen Leben, das trotz des üblichen Hauptstadttrubels durch Gastfreundlichkeit, Hilfsbereitschaft und eine große Portion Gelassenheit absolut beeindruckte. Obwohl der Selbstversuch auf den Straßen Yerevans letztlich unfallfrei verlief und bei der Rückgabe einen verwunderten Autovermieter hinterließ, wollte ich das Glück nicht nochmal erzwingen und setzte in den verbleibenden Tagen meines Aufenthaltes nur noch auf die angesprochenen „GG“-Taxen.

Auf dem Weg zu meinem zweiten Spiel des 15. Spieltages der Fastex Armenian Premier League offenbarte sich das nächste große Problem des Yerevaner Straßenverkehrs, bei welchem es letztlich unerheblich ist, ob man selbst fährt oder „einen fahren lässt“. Der wahnsinnige Stau zur abendlichen „Rush-Hour“ verursacht an einer roten Ampel oder einem Kreisverkehr schnell mal Wartezeiten von 10 bis 20 Minuten, da die Kreuzungen nicht freigehalten werden und jeder jeden blockiert. Dementsprechend bin ich der örtlichen Verkehrspolizei, die urplötzlich vor Ort war, für die professionelle Befreiung aus der misslichen Lage unendlich dankbar.

Trotz der behördlichen Hilfe dauerte die sieben Kilometer lange Strecke zum Stadion im zweitgrössten Stadtteil Malatia-Sebastia insgesamt stolze 50 Minuten. Deshalb musste ich mich bereits während der Fahrt mit einer persönlichen Niederlage beschäftigen, da die zuverlässige „Google“-Maps-App mit all den rotgefärbten Streckenvorschlägen fortwährend eine Ankunftszeit errechnete, die fünf bis acht Minuten nach der Anstoßzeit um 19.00 Uhr lag.

Einen guten Kilometer vor dem Ziel kehrte die Hoffnung auf pünktliches Erscheinen völlig unvermittelt zurück. Urplötzlich wurden die verstopften Google-Straßen im System wieder „grün“ und gaben eine Ankunftszeit von 18.50 Uhr an. Da ich zudem bereits die leuchtenden Flutlichter sehen konnte, setzte eine wohlige Entspannung des Blutdrucks ein. Nur dumm, dass der Fahrer statt nach links einfach mal rechts abbog und erneut im Stau landete. Folglich war spätestens jetzt der Zeitpunkt eines ca. 500 Meter langen Sprints durch dunkle und menschenleere Seitenstraßen gekommen, der mich schlussendlich um 18.57 Uhr, also pünktlich zum Einlauf beider Teams, auf die Haupttribüne des Stadions katapultierte.

In der Partie zwischen Gastgeber FC Urartu und der Mannschaft des FC BKMA Yerevan traf der Tabellenführer der „Bardsragujn Chumb“ auf den Vorletzten. Der heimische Club, der erst 2019 in FC Urartu umbenannt wurde, firmierte in der Vergangenheit als „Banants Yerevan“ und kann unter diesem Namen neben der armenischen Meisterschaft 2014 eine durchaus sehenswerte Historie in den verschiedenen Europapokal-Wettbewerben vorweisen (seit der Saison 2003/2004 insgesamt 30 Spiele).

Gegen die weiß gekleidete Mannschaft des zentralen Armee-Sportclubs, der ausschließlich armenische Spieler unter Vertrag hat, tat sich der Favorit lange Zeit sehr schwer. Wie so oft machte ein brasilianischer Import-Spieler den Unterschied, der in seiner Heimat zuletzt in der drittklassigen Serie C aktiv war und in Europa seinen Erstliga-Traum lebt…der 27jährige Marcos Junior, Rückennummer 33, erzielte in der 76. Minute das (Sieg-)Tor des Tages!

Mit dem Sieg blieb der FC Urartu auf Meisterschaftskurs und könnte in der nächsten Saison in der Qualifikation zur UEFA Champions League antreten. Dies wohlmöglich sogar im eigenen „Banants“-Stadion, einem gemütlichen und durchaus schicken Stadion mit einem Fassungsvermögen von knapp 5000 Zuschauern. Die moderne Anlage mit mehreren Trainingsplätzen und einem mondänen Funktionsgebäude war bereits Gastgeber während der UEFA U19-Europameisterschaft 2019.

Das war ein stressiger Tag auf den Straßen Yerevans…mit einem Spiel, das mir immer in Erinnerung bleiben wird, da ich nie kurzfristiger vor dem Anstoß eintraf und mir zwecks schnellem Einlass ein VIP-Ticket zum Preis von umgerechnet 2,45 Euro gönnte.

Wie gewohnt gibts vom Spiel des FC Urartu und vom Sightseeing in Armenien viele Fotos und ein paar bewegte Bilder in der Story…klickt Euch bei Instagram rein und lasst ein LIKE da!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!