Die spanische Küstenmetropole Alicante beweist seit Jahren, dass eine finanz- und einwohnerstarke Stadt auch gut ohne einen professionellen Fußballclub in den ersten zwei Ligen auskommen kann.
Dabei war dieser weiße Fleck auf der La Liga-Landkarte in der Vergangenheit auch mal tiefschwarz, da das heimische Aushängeschild Hércules CF insgesamt 20 Spielzeiten in der ersten spanischen Liga verbrachte. Dies allerdings vornehmlich in den 1970er- und 1980er-Jahren, als der Verein sogar Spieler wie den Argentinier Mario Kempes beschäftigte, der sein Land 1978 als Torschützenkönig zum WM-Titel schoss.
Zuletzt wurde es sehr ruhig um den Club, der sich schon allein aufgrund seiner individuellen Benennung nach dem griechischen Helden Hercules eher auf dem Olymp als in der spanischen Fußballprovinz sieht. Nach dem letzten Erstliga-Auftritt in der Saison 2010/2011 ist man mittlerweile im semi-professionellen Fußball der sogenannten „RFEF Segunda, Grupo 3“, der vierten spanischen Liga, angekommen und darf sich auf regionaler Ebene wenigstens noch mit den zweiten Mannschaften des FC Valencia oder Espanyol Barcelona messen.
Momentan sieht es sogar ein wenig nach Wiederauferstehung aus, da die Mannschaft kurz vor Ende der Saison als Tabellenführer auf die Drittliga-Rückkehr schielt und regelmäßig bis zu 10.000 Zuschauer in sein altes WM-Stadion von 1982 lockt. Ob die dritte spanische Liga angesichts der weiterhin vorhandenen finanziellen Schwierigkeiten und des horrenden Schuldenberges dauerhaft zu stemmen wäre, bleibt allerdings abzuwarten. Vielleicht gibt es in naher Zukunft ja auch die Fusion mit einem Club, der sich momentan darum bemüht, die neue fußballerische Nummer 1 in Alicante zu werden.
Vor gut sieben Jahren stiegen die beiden millionenschweren Unternehmer Salvador Marti und Javier Mira beim 1929 gegründeten Amateurverein GCD Sant Joan ein. Nach kompletter Änderung der Clubstrukturen wurde aus Sant Joan recht schnell der neue Verein mit dem etwas ungewöhnlichen Namen CF Intercity. Die sogenannten „Los hombres de negro“ starteten in der sechsten spanischen Liga und bewiesen in Windeseile, dass leistungsbasierter Breitensport nichts für sie ist. In den folgenden fünf Jahren schnitten sich die „Männer in Schwarz“ durch den spanischen Amateurfußball wie ein heißes Messer durch Butter. Dieser eindrucksvolle Durchmarsch endete vorläufig in der zweigleisigen dritten Liga des spanischen Fußballverbandes RFEF, wo man mittlerweile die zweite Saison in Folge spielt. Und das übrigens als klassenhöchster Verein der 350.000-Einwohner-Stadt Alicante.
Wo der Weg des Clubs am Ende des Tages hingehen soll, erkennt man bereits an der Tatsache, dass man nach Vereinsgründung als erster spanischer Amateurclub an die Börse ging und Clubaktien herausgab. Auch wenn die Aktie in der Zwischenzeit abgestürzt ist, konnte man mit dem Börsengang gut fünf Millionen Euro kreieren…viel Geld für einen semi-professionellen Fußballverein. Da die Intercity-Verantwortlichen ihren Aktionären auch wichtige vereinspolitische Themen aufgrund der Börsennotierung nicht vorenthalten dürfen, schreckte eine knappe „Ad-hoc“-Meldung auf, welche der Club am 27. März auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte.
Demnach gab es bereits ein erstes Treffen mit den Verantwortlichen von Hercules, um eine mögliche Kooperation beider Clubs auszuloten. Dieses recht zwanglos beschriebene Date, mit welchem man den Fußball Alicantes weiterentwickeln will, endete zunächst ohne Zusagen oder gar Einigung zur Fusion beider Clubs.
Welcher der beiden Clubs würde denn überhaupt von einer möglichen Fusion nachhaltig profitieren? Um diese Frage zumindest ansatzweise zu beantworten, schaute ich mir das Umfeld des CF Intercity anlässlich des Heimspiels gegen den fast schon übermächtigen Tabellenführer CD Castellón einmal näher an.
Die „Intercity-Chicos“ tragen ihre Heimspiele im von der Gemeinde angemieteten Sportpark „Antonio Solana“ aus. Die nüchterne Anlage mit einem Fassungsvermögen von 2000 Zuschauern befindet sich im etwas trostlosen Norden Alicantes und ist wenigstens über die nahe Abfahrt der Autobahn A70 gut zu erreichen. Die gesamte Infrastruktur des kleinen Stadions erscheint auch für spanische Drittliga-Verhältnisse völlig ungenügend. Neben dem funzeligen Flutlicht und dem schlecht bespielbaren Rasen gilt dies in erster Linie für die Parkmöglichkeiten, welche auch bei dem Besuch von ein paar hundert Menschen nicht ausreichend sind. Kurzum, ich kenne in Deutschland Kreisliga-Plätze, welche mehr Komfort für Spieler und Zuschauer bieten, als der Sportpark „Antonio Solana“. Einzig die neu errichtete Haupttribüne mit einem Fassungsvermögen von ca. 500 Zuschauern genügt den Ansprüchen eines semi-professionellen Fußballvereins.
Warum diese Anlage für CF Intercity im jetzigen „Evolutions“-Stadium dann aber doch irgendwie ausreichend erscheint, wurde mir zu Spielbeginn bewusst. Der CF Intercity besitzt so gut wie überhaupt keine Fans. Unter den knapp 500 Zuschauern befanden sich mindestens 300 Anhänger des Gastvereins CD Castellon, welche ihren Tabellenführer nach Alicante begleiteten und das Auswärts- zu einem Heimspiel machten. Wenn man überhaupt jemand klar als Intercity-Fan einordnen konnte, dann vermutlich den ca. 15-jährigen Jugendlichen, der auf der Haupttribüne des öfteren IN-TER-CI-TY skandierte und voll im Spiel war. Während der junge Mann bei dem Begriff „Intercity“ vermutlich nur an seinen Club denkt, musste ich fortwährend daran denken, wie er wohl reagieren würde, wenn sein Intercity in Deutschland aufgrund einer verspäteten Bereitstellung mal wieder 40 Minuten Verspätung und eine veränderte Wagenreihung besitzt. Bevor wir aber jetzt in die Rubrik „schlechte Bahnwitze“ abgleiten, weiter im Text!
Da das üppige Sponsorengeld bei CF Intercity offensichtlich nicht in die Infrastruktur gesteckt wird, liegt die Vermutung nahe, dass man als Spieler im Norden Alicantes nicht nur gegen den Ball tritt, weil Lifestyle und Wetter ganzjährig sehr angenehm sind, sondern auch überdurchschnittlich gut bezahlt wird. Obwohl die Mannschaft in Sachen Marktwert nur im Mittelfeld der Liga rangiert, fallen im Kader mit Danny Blum (33) und Emilio Nsue (34) zwei Namen auf, die aufgrund ihres fortgeschrittenen (Fußballer-)Alters zwar einen überschaubaren Marktwert besitzen, dafür aber eine sportliche Vita vorweisen können, die in Spaniens dritter Liga auch nicht unbedingt alltäglich ist.
Beide Offensivspieler kamen auch im angesprochenen Duell mit dem Tabellenführer aus Castellon zum Einsatz. Während der amtierende Torschützenkönig des Afrika-Cups 2024, Emilio Nsue (5 Tore für Äquatorialguinea, früher u.a. RCD Mallorca und Birmingham City) von Beginn an spielen durfte, wurde der vor allem in Deutschland bekannte Danny Blum (früher u.a. VfL Bochum 1848, Eintracht Frankfurt und 1. FC Nürnberg) erst in der 75. Minute eingewechselt.
Trotz der Erfahrung aus zahlreichen Erstligaspielen konnten beide die etwas unglückliche 1:2 (0:0)-Niederlage ihres Intercity letztlich nicht verhindern. Gerade Blum zeigte nach seiner Einwechselung gute Ansätze, offenbarte aber auch, dass er zuvor lange verletzt war und noch nicht wieder ganz auf der Höhe ist.
Mit der Niederlage verspielte Intercity die letzte vage Aufstiegshoffnung und wird die Saison vermutlich im grauen Mittelfeld der Tabelle abschließen. Deshalb könnte es durchaus eine Option sein, mit dem großen „Hercules“ eine Kooperation einzugehen. Von dieser würde der kleine Intercity sicher ein wenig mehr profitieren, da man sich trotz der finanziellen Überlegenheit die ganz wichtigen Sachen wie Tradition, Reputation und eine große Anhängerschaft nicht erkaufen kann.
Selbstverständlich gibts in meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook viele weitere Bilder und bewegte Story-Bilder aus dem Norden Alicantes! Klickt Euch doch einfach mal rein!
STAY TUNED…bleibt auf Empfang!