Die Fußball-Saison 2023/2024 ist unwiderruflich Geschichte. Bei einem Blick in die nun komplettierte Zugangsliste der kommenden Königsklassen-Spielzeit kann man die Leistungsstärke der insgesamt 54 europäischen Fußball-Meister anhand des UEFA-Klubkoeffizienten vergleichen und eine erste Einschätzung treffen, ob Real Madrid den beliebten Henkelpott beim Finale in der Münchener Allianz Arena zum 16. Mal in die Höhe strecken wird.

Viel interessanter ist allerdings die Frage, wie diese 54 Fußball-Mannschaften überhaupt den Meistertitel ihres Verbandes gewinnen konnten. Denn in Sachen Spielmodus zeigt sich der europäische Club-Fußball sehr vielfältig und einfallsreich…manchmal aber auch sehr kompliziert.

Der überwiegende Teil der europäischen Ligen sucht seinen „Champion“ im klassisch-traditionellen Format der zuschauerstarken Meisterschaften wie Deutschland, England, Spanien oder Italien. Das mit Abstand einfachste Konzept kürt am Ende die Mannschaft zum Meister, die nach dem letzten Spieltag einer Doppel-, Dreifach- oder sogar Vierfachrunde (abhängig von der Anzahl der teilnehmenden Mannschaften) die meisten Punkte sammeln konnte.

Daneben hat sich in 18 der 54 Ligen mittlerweile ein Modus etabliert, der mit Bezeichnungen wie „Play-Off“, „Meistergruppe“ oder „Finalrunde“ zwar ganz viele unterschiedliche Namen besitzt, am Ende aber immer eine vorzeitige Teilung der Liga beinhaltet. Am Beispiel der slowakischen „Niké Liga“ bedeutet dies, dass sich die 12 Teilnehmer nach einer Doppelrunde mit 22 Spieltagen im Frühjahr trennen und daraufhin völlig autark ihren Meister bzw. ihre Absteiger ausspielen. In einer nochmaligen Runde mit Hin- und Rückspiel ermitteln die oberen sechs Mannschaften den slowakischen Meister und die unteren „Sechs“ einen direkten Absteiger ins slowakische Unterhaus.

Auch wenn sich der sogenannte „Play off, Play out“-Modus recht einfach anhört, haben es manche Länder geschafft, mit weiteren abstrusen Regeln und nochmaligen Entscheidungsspielen große Fragezeichen in die Augen der Fans zu zaubern. Als negatives Paradebeispiel gilt hier die belgische „Pro League“, die nach der Hauptrunde mit 30 Spielen sogar dreigeteilt wird. Die ersten sechs Teams spielen um die Meisterschaft, die nächsten Sechs um einen europäischen Pokalplatz und die letzten vier Teams um den Klassenerhalt. Weil das aber noch nicht reicht, spielt der Letzte der Meisterrunde nach Ende der Playoffs noch gegen den Ersten des Tabellenmittelfeldes. Hier wird der letzte belgische Europapokal-Platz ausgespielt, welcher nach einer langen und kräftezehrenden Saison dann theoretisch von einer Mannschaft eingenommen werden kann, die nach Ende der Hauptrunde nur auf dem 12. Platz der belgischen „Pro League“ stand und über weite Teile der Saison enttäuschte. Dazu kann der Tabellenstand in den Playoffs schnell ein Fall für das Mathematikstudium werden, da die Punkte nach Beendigung der Hauptrunde halbiert werden und bei einem ungeraden Wert nach oben aufgerundet werden. Dementsprechend profitieren bei Tabellen-Gleichstand die Teams, bei denen zuvor nicht aufgerundet wurde. Mag alles spannend klingen…muss man aber wirklich mögen!

Die neueste und exklusivste Idee für eine Meisterschaftsentscheidung bietet momentan der albanische Fußballverband mit seiner wohlklingenden „Kategoria Superiore“ als eine Art Alleinstellungsmerkmal im europäischen Vereinsfußball an. Ebendiese albanische erste Liga wurde in der zurückliegenden Spielzeit 2023/2024 erstmals in einem sogenannten „Final Four“-Turnier entschieden. Ich war beim großen Finale dabei und darf konstatieren, dass diese neue Form des „Showdowns“ durchaus interessant und spannend war, allerdings auch einige Fehlerquellen besaß, über die man in Zukunft möglicherweise nachdenken sollte.

Zunächst quälten sich die insgesamt 10 Teilnehmer der von einem Internet-Anbieter gesponserten „Superiore“ von Ende August bis Mitte Mai durch die (Vierfach-)Hauptrunde mit ihren insgesamt 36 Spieltagen. Die ersten vier Mannschaften durften dann in einem „Final Four“-Turnier nicht nur den Meister Albaniens, sondern auch die Europapokal-Teilnehmer des Balkanlandes bestimmen!

Vor dem 36. und letzten Spieltag der Hauptrunde waren mit Tabellenführer KF Egnatia (63 Punkte), FK Partizani (60 Punkte) und Vllaznia Shkoder (59 Punkte) bereits drei Mannschaften fest für das abschließende Turnier qualifiziert. Trotzdem war am letzten Spieltag ordentlich Spannung in der Bude, da mit Aufsteiger KF Skënderbeu Korca (48 Punkte), KF Tirana (47 Punkte), FC Dinamo City (47 Punkte) und KF Teuta (47 Punkte) noch die halbe Liga auf die Teilnahme am „Final Four“ schielte.

Umso enttäuschender waren dann die Ergebnisse des letzten Spieltages, an welchem insbesondere die bereits qualifizierten Teams von KF Egnatia und Vllaznia Shkoder arg enttäuschten und die Punkte mit einer C-Elf herschenkten. Gerade die Mannschaft aus dem nordalbanischen Shkoder, trainiert vom Deutschen Thomas Brdaric, muss sich angesichts der deftigen 1:5-Niederlage gegen Skenderbeu Korca fragen lassen, ob man alles dafür getan hat, einen gerechten Wettbewerb zu gewährleisten.

Ich kann es vorwegnehmen, man ließ in diesem für die Konkurrenz eminent wichtigen Spiel einfach mal jugendliche Spieler ran, die man selbst im allwissenden Internetportal „Transfermarkt“ nur bedingt im Vllaznia-Profil findet. Mit dem unerwarteten Kantersieg, der bei fairen Sportsmännern irgendwie einen faden Beigeschmack verursacht, qualifizierte sich Aufsteiger Skenderbeu Korca als letztes Team für das Meisterschaftsturnier im schicken Air-Albania-Stadium! Da man im ausgelosten Halbfinal-Duell gegen Hauptstadtclub FK Partizani allerdings sofort den Kürzeren zog, kam es im Spiel um Platz 3 zu einer Neuauflage des Duells mit der ebenfalls im Halbfinale ausgeschiedenen Mannschaft des KF Vllaznia!

Warum aber musste dieses Spiel um Platz 3 überhaupt sein? Hier wollte der albanische Fußballverband den letzten Startplatz für die Qualifikation zur UEFA Conference League in einem echten Finale mit Dramatik und Emotionen ausspielen lassen. Der begehrte Platz war allerdings schon vor Anpfiff von Schiedsrichter Hamiti vergeben, da Finalteilnehmer KF Egnatia wenige Tage zuvor den albanischen Pokalwettbewerb gewinnen sollte. Somit wanderte der „frei gewordene“ UECL-Startplatz ohne Schweiß und Fleiß an den viertplatzierten Verlierer des kleinen Finales.

Diese eigentlich freudige Nachricht löste bei den Verantwortlichen von Skenderbeu maximal ein müdes Lächeln aus, da der Club aus der Bierstadt Korca aufgrund massiver Spielmanipulationen in der Vergangenheit weiterhin eine zehnjährige Europapokal-Sperre absitzen muss. Die dauert noch bis 2028 an und hievte am Ende sogar den Fünftplatzierten KF Tirana, der gar nicht am „Final Four“-Turnier teilnahm, ohne große Bemühungen in die UEFA Conference League.

Deshalb fanden sich zu diesem Duell um die goldene Ananas auch nur gut 300 Zuschauer im albanischen Nationalstadion ein. In einem sehr unterhaltsamen Match zeigte sich Skenderbeu auch gegen die vermeintliche A-Elf von Thomas Brdaric sehr torhungrig und führte nach Treffern von Nikaj (11.), Lico (16.) und Rashica (31.) etwas überraschend mit 3:0. Die Brdaric-Elf kam nach dem schnellen und deftigen Rückstand durch zwei Elfmeter-Treffer von Mala (42.) und Balaj (80.) wenigstens noch zurück ins Spiel, konnte die erneute Niederlage am Ende aber nicht verhindern. Trotz der Niederlage nimmt natürlich auch die Mannschaft von KF Vllaznia an der Qualifikation zur UEFA Conference League teil.

Nach einem ausgedehnten Strandtag in Durres ging es nur zwei Tage später erneut ins Air Albania-Stadion von Tirana, wo das große Meisterschaftsfinale stattfinden sollte. Natürlich gibts in meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook ein paar bewegte Story-Bilder und Fotos vom Spiel um Platz 3. Klickt Euch mal rein!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!