Die im Jahr 1992 von Tony Britten komponierte Hymne der UEFA Champions League sollte die Ausnahmestellung des vermeintlich wichtigsten Wettbewerbs für Vereinsmannschaften musikalisch hervorheben. Rückblickend gelang dies nahezu perfekt, da das vom „Royal Philharmonic Orchestra“ eingespielte klassische Musikstück mittlerweile als ikonisches Meisterwerk gilt und vor jeder Partie der sogenannten „Königsklasse des Fußballs“ von Fans und Spielern sehnsüchtig erwartet wird!
Auch wenn die dreisprachige Hymne als unverkennbares Markenzeichen des Wettbewerbs unter „Denkmalschutz“ steht, könnte man angesichts der vielen Änderungen des Reglements mittlerweile über eine Modifizierung des Hymnentextes nachdenken. Gerade die Passage mit „den Meistern und Champions“ stimmt mit der sportlichen Realität schon lange nicht mehr überein. Dies liegt an der Verwässerung des ehemaligen „Europapokals der Landesmeister“, an dem seit längerer Zeit nicht nur die jeweiligen „Champions“ und Vizemeister teilnehmen, sondern neben dem Vorjahressieger der UEFA Europa League auch die Dritt- und Viertplatzierten der großen finanzstarken Ligen aus England, Spanien oder Deutschland.
Bevor die milliardenschwere UEFA Champions League im kommenden September mit einem Teilnehmerfeld von 32 Mannschaften in die insgesamt 32. Spielzeit startet, gab es für mich einen Wettbewerb, auf dem zwar „Königsklasse“ draufstand, der sich aber abseits dieser fußballerischen Glamour- und Glitzerwelt ganz anders anfühlt. Die vorgeschaltete Qualifikation zur Gruppenphase der UEFA Champions League ist eine Art „Wettbewerb im Wettbewerb“, welcher bereits zu einem Zeitpunkt beginnt, an dem gesetzte Vereine wie Real Madrid, Manchester City oder der FC Bayern München gerade mal auf die sehr einträglichen Vorbereitungs- und Testspiel-Reisen nach Asien oder Amerika gehen.
In der Qualifikation findet man in den ersten beiden Runden all die europäischen Landesmeister, die in ihrer heimischen Liga in der abgelaufenen Saison vielleicht alles in Grund und Boden geschossen haben, auf internationaler Ebene aber nach Einschätzung der sogenannten „UEFA-Fünfjahreswertung“ nicht wirklich konkurrenzfähig sind und ihre Reife für das „Konzert der Großen“ erst in der mühevollen Quali nachweisen müssen.
Dementsprechend ist das Teilnehmerfeld der Qualifikation zur Champions League letztlich eine Mischung aus nahezu chancenlosen Clubs aus den ganz kleinen Verbänden Europas und durchaus namhaften Vereinen, die in der Vergangenheit sogar europäische Titel gewinnen konnten, aufgrund ihrer finanziellen Unterlegenheit in der Gegenwart aber keine große Rolle mehr spielen. Obwohl sich in den insgesamt vier Qualifikationsrunden am Ende ganz selten ein richtiger Underdog durchsetzt, hoffe ich in jeder Spielzeit auf das ewig junge (Fußball-)Märchen vom „Tellerwäscher zum Millionär“! Denn genau das würde die Qualifikation zur Hauptrunde für einen kleinen Club bedeuten und wäre mit üppig fließenden Antrittsgeldern bzw. Werbeeinnahmen verbunden, welche schnell einen ganzen Jahresetat decken können. Leider ereignen sich Wunder im Fußball immer seltener…die Champions-League-Hauptrunden-Qualifikation eines kleinen Meisters, beispielsweise aus Andorra, wäre vergleichbar mit einem Westfalenpokal-Sieger, der am Ende den FC Bayern im DFB-Pokal-Finale von Berlin bezwingen würde.
In der ersten Runde der UCL-Qualifikation 2023/2024 entschied ich mich für das sportlich offene Duell zwischen den Landesmeistern Finnlands (33. Platz der UEFA-5-Jahreswertung) und Nordirlands (39.)! Hier traf der 32-fache Serien- und Rekordmeister Finnlands, HJK Helsinki, überraschenderweise aber nicht auf sein nordirisches Pendant Linfield (56 Meistertitel), sondern auf den „kleinen“ Larne Football Club, der den Meistertitel der „Northern Ireland Football League“ in der abgelaufenen Saison fast schon sensationell gewinnen konnte.
Welche Geschichte steckt indes hinter dem 1889 gegründeten Club aus der Grafschaft Antrim, der in der vergangenen Saison die arrivierten nordirischen Hauptstadt-Clubs mal so richtig entzauberte?
Die wilde Achterbahnfahrt begann in der Saison 2017/2018, als der chronisch erfolglose Larne FC in der nordirischen 2. Liga auf dem letzten Tabellenplatz stand und selten über 100 Zuschauer in seinem Stadion begrüßen durfte. Zu diesem Zeitpunkt entschied sich der in Larne aufgewachsene englische Geschäftsmann und Multimillionär Kenny Bruce zu einem umfangreichen Sponsoring bei dem finanziell angeschlagenen Club. Nach dem letztlich überzeugenden Klassenerhalt in der angesprochenen Saison stieg man mit frischem Geld nur ein Jahr später in die 1. nordirische Liga auf. In der „NIFL Premiership“ war die Entwicklung allerdings noch lange nicht vorbei. Nach Platzierungen im oberen Tabellendrittel und zwei Teilnahmen an der Qualifikation zur UEFA Europa Conference League konnte der Club in der Saison 2022/2023 seinen ersten nordirischen Meistertitel feiern, welcher mit der Teilnahme an der „kleinen“ Königsklasse belohnt wurde.
Übrigens genau nach Plan von Immobilien-Unternehmer Kenny Bruce, der bei seinem Antritt von einem fünfjährigen Zeitfenster sprach, in dem er den Verein in die Champions League führen will und dafür mehr als belächelt wurde.
Der vielleicht interessanteste Aspekt in dieser Sponsoring-Geschichte ist gewiss der von Bruce tatsächlich aufgebrachte Geldbetrag. Also die Summe, mit welcher man sich in einer kleineren Liga Europas vom abstiegsgefährdeten Zweitligisten zum Meister und Champions League-Teilnehmer entwickeln konnte. Auch hier war Kenny Bruce äußerst offen und beziffert seine Investition in den Club mit insgesamt fünf Millionen Pfund, umgerechnet fast sechs Millionen Euro. Falls diese vergleichsweise kleine Zahl tatsächlich stimmt, erkennt man einmal mehr, wie weit die Finanzschere im europäischen Fußball mittlerweile geöffnet ist, da die vielen saudischen und amerikanischen Staatsfonds bei ihren adoptierten Clubs mindestens dreistellige Millionenbeträge reinpumpen.
Kenny Bruce nimmt man derweil das echte Interesse an seiner Heimatstadt komplett ab, da die Millionensumme nicht nur in die Profi-Mannschaft floss, sondern auch an die Modernisierung der Stadion-Infrastruktur und die Förderung des Jugend- und Frauenfussballs gedacht wurde. Deshalb war Bruce umso enttäuschter, dass das bislang grösste Spiel der Vereinsgeschichte gegen HJK Helsinki nicht im heimischen Inver-Park stattfinden konnte. Grund war der erst fünf Jahre alte Kunstrasenplatz, welcher nach Platzbegehung nicht den Anforderungen der UEFA entsprach.
So ging es in die knapp 40 Kilometer entfernte Hauptstadt Belfast, wo man im Stadion des Liga-Konkurrenten Cliftonville Football Club eine vorübergehende Champions League-Heimat fand. Nach meiner Ankunft am Stadion des ältesten Fußballvereins der irischen Insel (gegründet 1879) lag soviel Fußball-Nostalgie in der Luft, dass man kaum atmen konnte. Das Stadion „Solitude“ verfügt zwar über einen modernen FIFA-Kunstrasenplatz, gleichzeitig aber auch über eine wegen Baufälligkeit gesperrte Haupttribüne, durch welche die Kapazität auf 2180 Zuschauer heruntergesetzt wurde. Kurzum…dieses altehrwürdige Stadion inmitten einer gutbürgerlichen Wohnsiedlung war der absolute Gegenentwurf zur modernen Fußballwelt. Dass hier tatsächlich die UEFA Champions League gastierte, wirkte mehr als surreal.
Nach Anpfiff des griechischen Schiedsrichters Aristotelis Diamantopoulos versuchten die „Inver-Reds“ des Larne FC vor nahezu ausverkauftem Haus die 0:1-Hinspielniederlage in Finnland auszugleichen. Obwohl man der Mannschaft von Trainer Tiernan Lynch Einsatz und Wille bescheinigen konnte, fehlte in der 1. Halbzeit nicht nur der Mut, sondern vor allem die spielerischen Mittel, um Kontrahent Helsinki dauerhaft unter Druck zu setzen. Die Gäste aus der Hauptstadt Finnlands zeigten sich recht abgeklärt und bauten ihre Gesamtführung durch das Tor von Linksverteidiger Tuomas Ollila sogar auf 2:0 aus (26.).
In der 2. Hälfte zeigten sich die Gastgeber weitaus entschlossener. Obwohl man sich jetzt auch Torchancen erspielte, musste für die Führung ein Eingriff des VAR herhalten, welcher das Match in einem Mercedes Sprinter direkt neben dem Spielfeld verfolgte und in der 65. Minute ein Foulspiel im Strafraum erkannte. Larnes Lee Bonis liess sich die Chance aus 11 Metern nicht entgehen und traf zum 1:1. Jetzt war das Stadion ein absolutes Tollhaus, das in der 87. Minute vollends platzte, als Thomson die Gastgeber etwas überraschend doch noch in die Verlängerung katapultierte. Die verlief für die Gastgeber allerdings ernüchternd, da Helsinki durch ein Eigentor von Want (96.) zum Ausgleich kam und etwas glücklich in die 2. Runde der Qualifikation zur UEFA Champions League einzog.
Zum Abschluss eines schönen Abends ging es für mich in den Social Club des Cliftonville FC, wo ich nicht nur auf die 10 mitgereisten Fans aus Finnland traf, die sehr glücklich über die günstigen Bierpreise waren, sondern auch auf Einheimische, die mir die richtige Aussprache von Larne erklärten. Entgegen meiner Annahme wird das abschließende „E“ nicht wie bei Nike als „I“ ausgesprochen, sondern bleibt stumm! Darauf ein leckeres Guinness!
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