Wer bei Namen wie Kjerag, Preikestolen, Lysebotn oder Dalsnuten an knochenharte norwegische Innenverteidiger denkt, ist zwar ein unverbesserlicher Fußballromantiker, würde aber von seinem pensionierten Erdkunde-Lehrer keinen nachhaltigen Applaus erhalten.

Die im Südwesten Norwegens gelegene Provinz Rogaland bietet neben den zu Beginn angesprochenen Ausflugszielen der Extraklasse auf gut 9000 Quadratkilometern Fläche eine große Portion Natur mit der ungewöhnlichen Mischung aus „Berg und Meer“ an. Dementsprechend wollte ich auf dieser Reise endlich mal wieder ein wenig sportiv werden und nahm mir neben dem rollenden Ball auch die ein oder andere Bergwanderung vor.

Bevor ich aber auf den großen Spuren eines gewissen Reinhold Messner wandeln sollte, gab es in der Provinzhauptstadt Stavanger norwegischen Premium-Fußball der Eliteserien. Am 10. Spieltag traf der heimische Viking FK auf die Mannschaft von Sandefjord Fotball aus der über sechs Autostunden entfernten Provinz Vestfold og Telemark.

Der Viking Fotballklubb wurde im Jahr 1899 gegründet und gilt als einer der bekanntesten und auch beliebtesten Fußballvereine des skandinavischen Landes. In der Vergangenheit konnte man acht nationale Meisterschaften und sechs Pokalsiege erringen. Leider gehört zu dieser Tatsache aber auch die Erkenntnis, dass der letzte Meistertitel bereits 30 Jahre zurückliegt. Zu dieser Zeit sorgte die Musikgruppe „Skorpions“ mit ihrem Hit „Wind of Change“ für Tränen der Wiedervereinigung und wurde auf Platz 1 der Musikcharts maximal von Bryan Adams attackiert, der mit seiner Ballade „Everything i do, i do it for you“ wirklich alles für seinen persönlichen Erfolg tat.

In den vergangenen Jahren blieb der stolze Club aus Norwegens viertgrößter Stadt weit unter den hohen Erwartungen zurück und rangiert in der ewigen Meisterschaftstabelle mittlerweile nur noch auf dem dritten Rang. Als absoluter Tiefpunkt gilt die Saison 2018, als die Wikinger nach 29 ununterbrochenen Erstliga-Jahren den bitteren Gang in die 2. Liga antreten mussten. Nach dem sofortigen Wiederaufstieg versöhnte man die Fans umgehend mit dem Pokalsieg 2019 und lässt seitdem leicht aufsteigende Tendenz in der Tabelle erkennen.

In der laufenden Saison, die aufgrund des „Kalenderjahr“-Modus erst Anfang April startete, stand man nach den ersten neun Spielen auf einem verheißungsvollen dritten Platz mit Kontakt zur Spitze. Dementsprechend ging man mit viel Euphorie in das Ligaspiel gegen den Gast aus Sandefjord.

Vor 10.000 Fans in der vereinseigenen SR-Bank-Arena gingen die spielbestimmenden Gastgeber mit dem Halbzeitpfiff durch Kristoffer Lökberg in Führung. Auch in der 2. Spielhälfte sah es in dem schicken Stadion, das der bereits gewürdigte Bryan Adams im Jahr 2004 musikalisch einweihte, lange Zeit nach Heimsieg aus. Zumindest bis zur 61. Spielminute, als die punktuell gefährlichen Gäste ein krasses Missverständnis in der Viking-Abwehr nutzten und durch den dynamischen Mohamed Ofkir etwas überraschend ausglichen!

Der starke Außenstürmer der Gäste, ausgestattet mit einem überschaubaren Marktwert von 400.000 Euro, war dann auch dafür verantwortlich, das Spiel komplett auf den Kopf zu stellen. Nach starkem Einsatz und Ballgewinn bereitete er den Siegtreffer von Tveter (71.) überragend vor!

Mit der Niederlage blieb Viking zwar auf dem 3. Tabellenrang, büßte aber etwas von der vorhandenen Euphorie ein. Für mich war es jetzt endlich an der Zeit, meine Turnschuhe gegen Wanderschuhe auszutauschen.

Die Mannschaft von Viking FK schwört sich ein…

In „Fallout“, dem sechsten Teil der Action- und Agentenfilmreihe „Mission: Impossible“ muss der von Superstar Tom Cruise verkörperte Ethan Hunt einmal mehr die Welt retten. Hierzu reist er mit seinem bewährten IMF-Team in die umstrittene Region Kaschmir, in welcher die widerspenstigen Kontrahenten der Terrorgruppe „Die Apostel“ die Trinkwasserversorgung Chinas, Indiens und Pakistans mit einer atomaren Explosion verseuchen wollen.

Während des unausweichlichen „Showdowns“ verunfallen Hunt und Bösewicht John Lark bei einer spannenden Hubschrauber-Verfolgungsjagd in den Höhen des Himalaya-Gebirges auf einem imposanten Felsvorsprung. Dort kommt es in der Folge zum abschließenden (Zwei-)Kampf, welchen der Gute selbstverständlich gewinnt und den Bösen samt beschädigten Fluggerät in die Tiefe stürzen lässt.

Die beschriebene Szene aus der „Traumfabrik Hollywood“ beweist mal wieder, dass die milliardenschwere US-Filmindustrie letztlich jede Geschichte erzählen kann, völlig unabhängig davon, wo sie denn nun tatsächlich spielt. In der tristen Realität befanden sich die amerikanischen Protagonisten nämlich auf dem „Preikestolen“, einer 604 Meter hohen Felsplattform in der norwegischen Provinz Rogaland. Der Felsvorsprung, welcher schlanke 8000 Kilometer vom indisch-pakistanischen Kaschmir entfernt ist, gilt als die touristische Attraktion Rogalands schlechthin und lockt täglich tausende Besucher an.

Auch ich wagte mich auf den steinigen Weg, für den man sicher keine größeren Erfahrungen im Bereich des Bergwanderns benötigt, aufgrund des mittleren Schwierigkeitsgrades aber ein Mindestmaß an vernünftiger Ausrüstung und Proviant voraussetzen sollte. Nur dann wird die gut vierstündige Wanderung auch ein sportliches Vergnügen, das mit dem atemberaubenden Blick über den Lysefjord zum Höhepunkt kommt.

„Wenn Dir so viel Gutes widerfährt, dann ist das schon ein weiteres Fußballspiel wert“. Dieser asbach-uralte Spruch gab nach meiner Rückkehr in die Metropolregion Stavanger/Sandnes das Abend-Programm vor. Nach einer schnellen Dusche und einer noch schnelleren Dose Bier ging es in die nagelneue Osterhus-Arena.

Das erst 2020 eröffnete reine Fußball-Stadion des Zweitligisten Sandnes Ulf Toppfotball, eine Mischung aus Paderborner Benteler Arena und Ingolstädter Audi-Sportpark, besitzt ein Fassungsvermögen von 6043 Zuschauern und wurde direkt neben der alten Heimat des Clubs errichtet. Der Geist des alten „Sandnes Idrettspark“ sieht nun zwar keine Fußballspiele mehr, darf sich aber am Training und den Wettkämpfen der äußerst starken Leichtathleten um den 1500-Meter-Olympiasieger Jakob Ingebrigtsen erfreuen, die den Ground übernommen haben.

An diesem Montagabend, welcher in Norwegens 2. Liga ein akzeptierter Spieltag ist, traf die Ulf-Mannschaft auf KFUM Oslo. Dieser Vereinsname machte mich ein wenig neugierig. Was sich bei KFUM vordergründig nach Wucht anhört, ist letztlich die Abkürzung für den auch in Deutschland tätigen CVJM, den „Christlichen Verein Junger Männer“. Der heißt im englischsprachigen Raum übrigens YMCA und wurde durch die Musikgruppe Village People gehuldigt.

Am 10. Spieltag der zweitklassigen „OBOS-ligaen“ stellte das Duell Ulf gegen KFUM ein Spitzenspiel dar, in welchem der Vierte auf den Fünften traf. Vor 1.772 Zuschauern gingen die Gäste, die gänzlich ohne eigene Schlachtenbummler auskommen mussten, durch Hestnes in Führung (34.). Die baute Hoseth in der 2. Halbzeit aus, als er einen Konter zum 0:2 abschloss (53.). Obwohl die Gastgeber nun mausetot wirkten, gab es die Tablette, die immer wirkt: Den Foulelfmeter!

Der war berechtigt und wurde durch Hoiland zum Anschluss genutzt (65.). Plötzlich waren die Gastgeber, wie jedes andere Team auf dieser Welt, wieder in der Spur und erzielten nur wenig später den durchaus verdienten Ausgleich durch Ramsland (72.). Ein Unentschieden, das in der Tabelle niemand weiterbringt, an diesem schönen norwegischen Abend aber auch niemanden ärgerte. Ich fühlte mich nach einem langen Tag nun etwas dehydriert, musste aber bis Zuhause auf ein Feierabendbier warten. Alkohol wird in norwegischen Stadien, mit Ausnahme der VIP-Bereiche, nicht ausgeschenkt.

Dort erhielt ich in Mission Impossible-Manier meinen nächsten Auftrag: „Hallo Henning, besuchen Sie umgehend ein norwegisches Pokalspiel. Sollten Sie oder jemand aus Ihrem Team gefangengenommen werden, wird der Minister jegliche Kenntnis dieser Operation abstreiten. Dieses Band wird sich in fünf Minuten selbst vernichten. Viel Glück, Henning! Übernehmen Sie!

Auch in diesem Blog möchte ich zum Ende gebetsmühlenartig feststellen, dass sich ein Blick in meine Social-Media-Accounts bei Facebook und Instagram in jedem Fall lohnt. Zumindest dann, wenn man noch weitere Fotos aus Norwegen und Rogaland sehen möchte. Lasst mir ein LIKE da!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!

  • SR-Bank-Arena in Stavanger