Auf der Suche nach dem berühmtesten und vermeintlich besten Fußballer eines Landes ist das Trikot-Sortiment der lokalen Souvenirläden in jedem Fall ein äußerst aussagekräftiger Indikator. Am Beispiel des Balkanlandes Bosnien und Herzegowina kann es sich bei dem gesuchten Sportler eigentlich nur um den mittlerweile 38-jährigen Nationalstürmer Edin Dzeko handeln, der für sein Land bislang in 133 Länderspielen insgesamt 65 Tore erzielte und für namhafte Vereine wie Manchester City, AS Rom oder Inter Mailand auf Torejagd ging!

Auch wenn man in der Hauptstadt Sarajevo rund um den berühmten Sebilj-Brunnen an der günstigen Fake- aber auch teuren Originalversion des weiss-blauen Dzeko-Jerseys mit der Rückennummer 11 so gut wie nicht vorbeikommt, ist die Wahl des berühmtesten Fußballers eines Landes am Ende immer eine rein subjektive Frage! Die Beantwortung hängt in erster Linie davon ab, wie alt man selbst ist, welche Vereinsbrille man trägt und wie man den Fußball generell wahrnimmt. Deshalb dürften in Bosnien-Herzegowina neben dem noch aktiven Dzeko mit Sicherheit auch Namen wie Sergej Barbarez, Hasan Salihamidzic oder Zvjezdan Misimovic ins abschließende „Ranking“ fallen, die ihre Karriere in der jüngeren Vergangenheit bereits beendeten.

Wenn man allerdings aus Bosnien und Herzegowina stammt und noch etwas älter ist als ich es bin, dann kommt man bei der Wahl des besten und berühmtesten bosnischen Fußballers aller Zeiten an einem Namen vermutlich nicht vorbei: Asim Ferhatovic, Spitzname „Hase“, wurde im Jahr 1933 in Sarajevo geboren und konnte im Gegensatz zu seinen zuvor aufgezählten „Konkurrenten“ auf internationaler Ebene überhaupt keine Glanzlichter setzen. Obwohl am Ende lediglich ein mickriges Länderspiel für die Nationalmannschaft des ehemaligen Staatenbundes Jugoslawien im Sport-Almanach stand, gilt „Hase“ auch heute noch als unbestrittene Ikone des bosnisch-herzegowinischen Fußballs.

Dies liegt in erster Linie an seinem dauerhaften und heimatverbundenen Engagement beim FK Sarajevo, einem der beliebtesten und erfolgreichsten Clubs des Landes, für den er trotz eines kurzen Auslandsabenteuers in der Türkei in 602 Spielen unfassbare 478 Tore erzielte. Sein grösster persönlicher Erfolg war gleichzeitig ein Meilenstein für den bosnischen Vereinsfussball, der im Jugoslawien der 1960er- und 1970er-Jahre wenn überhaupt nur die zweite oder dritte (Fußball-)Geige spielen durfte.

Genau deshalb stellt der erste Gewinn des jugoslawischen Meistertitels in der Saison 1966/1967 eine absolute Besonderheit dar, da dieser wichtige Titel mit ganz wenigen Ausnahmen im Prinzip immer in die serbischen bzw. kroatischen Landesteile Jugoslawiens wanderte. Mit dieser nicht für möglich gehaltenen Sensation durch den heimischen „Fudbalski Klub“ platzierte sich das „kleine“ bosnische Sarajevo im prestigeträchtigen Fußball des Balkanlandes erstmals über den Fußball-Schwergewichten aus Belgrad, Zagreb oder Split und durfte Jugoslawien im Europapokal der Landesmeister, der heutigen UEFA Champions League, stolz vertreten! Leider verletzte sich „Hase“ in einem der letzten Spiele schwer und musste seine Karriere unmittelbar nach Gewinn der Meisterschaft im Alter von 34 Jahren beenden. Dies stellte für den Fußball Sarajevos bzw. Bosniens eine sportliche Tragödie dar. Zum Abschuss titelte die heimische Presse „JEDAN JE HASE“…Es gibt nur einen Hase!

Wie wichtig diese Schlagzeile aus den „Sixties“ auch heute noch ist, sieht man im Spielertunnel des Olympia-Stadions von Sarajevo, welches natürlich längst nach Asim Ferhatovic -Hase- benannt ist und seit 1947 als Heimspielstätte für den FK Sarajevo fungiert.

Hier prangt „JEDAN JE HASE“ in großen Lettern und soll die nachfolgenden Spielergenerationen des FK Sarajevo an die Vereinslegende erinnern! Das Stadion besitzt in der Gegenwart ein Fassungsvermögen von knapp 35.000 Zuschauern und ist eine der wenigen Olympia-Anlagen von 1984, welche tatsächlich noch in Betrieb sind! Direkt neben dem Stadion befindet sich mit der ehemaligen Eisarena eine weitere Olympia-Anlage, welche zwar während des Bosnien-Krieges zerstört, direkt danach aber wieder aufgebaut wurde und heute den Namen des ehemaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch trägt.

Elf Spiele vor dem Saisonende der aktuellen Spielzeit hatte der fünffache bosnisch-herzegowinische Fußballmeister so seine sportlichen Probleme. Nach der bitteren 0:3-Niederlage im ewigen Derby gegen Stadtrivale FK Željezničar rutschte die Mannschaft des slowenischen Trainers Simon Rozman auf den fünften Tabellenplatz ab und stellte hinter die erneute Europapokal-Qualifikation zumindest mal ein dickes Fragezeichen.

Deshalb würden drei Punkte im Heimspiel gegen den Tabellenvorletzten FK Igman Konjic sicher richtig gut tun, um den dritten und letzten Europapokal-Platz nicht aus den Augen zu verlieren. Hierbei mussten die Weinroten des FK Sarajevo auf ihre Fans und Anhänger verzichten, die es im Zeljeznicar-Derby offensichtlich etwas zu arg trieben und nach einem Urteil des bosnischen Fußballverbandes für das anstehende Heimspiel gesperrt wurden. Ob der Zuschauerausschluss für das anstehende und sportlich wichtige Heimspiel gegen den FK Igman unbedingt ein Nachteil für die Sarajevo-Mannschaft sein würde, darf zumindest angezweifelt werden. Nachdem der Club das Geisterspiel in den sozialen Medien verkündete, ärgerte sich kaum jemand über den bitteren Zuschauerausschluss. Vielmehr gab es überwiegend Kommentare, in denen die Mannschaft für ihre dürftige sportliche Leistung im Derby angefeindet und kritisiert wurde.

Gegen den Gegner aus der 27.000-Einwohner-Gemeinde Konjic, welcher in Sachen Marktwert ungefähr auf einer Stufe mit dem deutschen Regionalligisten Alemannia Aachen steht und auch im bosnisch-herzegowinischen Fußballkosmos als absoluter Underdog gilt, waren die Gastgeber des FK Sarajevo vom Anpfiff weg die spielbestimmende Mannschaft. Leider ist „spielbestimmend“ nicht immer gleichbedeutend mit „besser“. Deshalb muss man dem FK Igman in der ersten Halbzeit ein großes Lob zollen, da sie den wild anrennenden Gastgebern mit einer gut organisierten Defensive nicht nur den Zahn zogen, sondern selbst für den einen oder anderen Nadelstich sorgten.

In der zweiten Halbzeit änderte sich das Bild nur geringfügig. Die Heimelf drückte mit ihren spielstarken Südamerikanern wie Stürmer Renan Oliveira (Brasilien) und dem eingewechselten venezolanischen Weltenbummler Adalberto Penaranda munter weiter, ohne die ganz großen Chancen zu erspielen. Und dennoch war eine Sache nun völlig anders. Der Gast aus Konjic, der ausschließlich heimische „jugoslawische“ Spieler beschäftigt und erst sein zweites Erstliga-Jahr in Folge bestreitet, führte urplötzlich durch einen Doppelschlag mit 2:0 (Ramic 72., Foulelfmeter/Hebibovic 79. Konter).

Die Sensation lag nun förmlich in der Luft, wäre absolut verdient gewesen, löste sich aber kurz vor dem Ende doch noch in Wohlgefallen auf. Dies lag vermutlich an den schwindenden Kräften des Außenseiters und der individuellen Klasse der Sarajevo-Akteure Catakovic und Hasic, die aus dem Nichts mit schönen Einzelleistungen das Spiel egalisierten (84./85.) und ihrem Team zumindest einen Punkt sicherten. So endete das Spiel im fast menschenleeren Asim Ferhatovic Hase-Stadion schiedlich friedlich mit 2:2 (0:0), das klassische Unentschieden, das für keine der beiden Mannschaften irgendeinen Vorteil bringt!

Das war mein kurzer Aufenthalt in Sarajevo und seinem wirklich grandiosen Olympiastadion, nun benannt nach „Hase“ Asim Ferhatovic. Nach dem schlimmen Krieg in den 1990er-Jahren ist das geschichtsträchtige Sarajevo in der Gegenwart mit Sicherheit eine der meist unterschätzten Hauptstädte Europas. Die bosnische Metropole vereint westliche, orientalische und osteuropäische Lebensweise wie kaum eine andere und sorgt für ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Kulturen und Religionen.

Ebenfalls bemerkenswert war die Tatsache, dass die Stadt auch vierzig Jahre nach Ende der 14. Olympischen Winterspiele so wirkt, als sei das grösste Sportfest der Welt gerade erst vorbei. Dementsprechend durfte das im Stadtbild allgegenwärtige Maskottchen der Spiele, „Vucko das Wölfchen“ im Reisegepäck nicht fehlen!

In meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook gibt es wie immer viele Fotos und bewegte Story-Bilder aus Sarajevo und dem Spiel im alten Olympiastadion. Klickt Euch mal durch und lasst ein Like da!

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