Alloa! Wer bei diesem Wort zunächst einmal an die traditionelle Grußformel der Pazifikinsel Hawaii denkt, liegt zumindest für diesen Reisebericht komplett falsch!

Denn Alloa ist in erster Linie eine schottische Kleinstadt mit gut 20.000 Einwohnern, auf halbem Weg zwischen den Metropolen Edinburgh und Glasgow gelegen und Heimat meines guten Freundes Graeme „Bugster“ Adamson.

Nach meiner Ankunft am schottischen Hauptstadtflughafen Edinburgh ging es mehr oder weniger direkt zum Ground, schließlich musste das runde Leder einmal mehr rollen! Der „Recreation Park“ mit einem Fassungsvermögen von 3100 Zuschauern suggerierte mir bei meiner frühen Ankunft knapp 2 Stunden vor Spielbeginn genau das, wofür der (Stadion-)Name auch steht, nämlich absolute Erholung! Aber warum zum Teufel war ich so früh schon im Stadion? Nun ja, relativ einfach zu beantworten. Dank einer netten Einladung von Graeme und seiner Frau Julie gab es für mich einen „Hospitality“-Nachmittag mit leckerem Essen und noch besserem „Carlsberg“-Bier. Spätestens nach dem zweiten Pint war allerdings Vorsicht geboten, zumindest dann, wenn ich das Spiel noch sehen wollte!

Am 35. und damit vorletzten Spieltag der regulären Saison 2017/2018 traf der einheimische Verein Alloa Athletic Football Club auf den Ayr United Football Club. Die Ausgangslage vor diesem Spiel der drittklassigen Ladbrokes League One versprach jedenfalls eine Menge Spannung!

Während die Gastgeber des Alloa Athletic FC mit ihren 56 Punkten auf Tabellenplatz 4 so gut wie sicher in den Aufstiegs-Playoffs standen, ging es für die Truppe aus Ayr um den ersten Platz und direkten Aufstieg in die 2. schottische Liga! Vor dem Spieltag grüßte man jedenfalls mit satten 73 Punkten von der Tabellenspitze und konnte mit einem Punkt vor Verfolger Raith Rovers die zweite schottische Liga schon riechen! Allerdings zeigte die Formkurve von Ayr United aufgrund einer 1:2-Niederlage aus der Vorwoche gegen den Stranraer FC leicht nach unten. Eine weitere Niederlage würde den direkten Aufstiegskampf noch einmal richtig anfeuern.

Vor 1749 Zuschauern (davon überragende 1162 Gästefans) siegten die Gastgeber etwas glücklich, aber auch  hoch verdient mit 2:1 (2:0) und hielten die Liga spannend! In einem recht unterhaltsamen Spiel hätte Ayr-Stürmer Moore der Spieler des Tages werden können. Nach seinem Anschlusstreffer hatte er die goldene Chance, per Foulelfmeter auszugleichen. Leider weiß aber auch fast jeder Fußballer, dass ein Vollspann-Schuss zwar schön anzusehen ist, gerade beim Elfmeter aber auch mal in die Wolken gehen kann! Mit dem Alloa-Sieg war die Saison-Verlängerung bzw. Qualifikation zu den Aufstiegs-Play-Offs für die Mannschaft von Trainer James Goodwin perfekt. Zudem konnte sie noch das Zünglein an der Waage im direkten Aufstiegskampf spielen. Mit einem möglichen Punktgewinn bei den Raith Rovers könnte man dem besiegten Gegner am letzten Spieltag Schützenhilfe leisten!

Sollte am Ende der Saison klappen, Dank eines torlosen Remis bei den Raith Rovers und dem gleichzeitigen 2:0-Sieg gegen die Albion Rovers stieg die Mannschaft von Ayr United doch noch direkt in die zweite schottische Liga auf. Es wurde aber noch viel besser, die Alloa-Wespen stachen auch in den Play-Offs und folgten Ayr sensationell in die zweite schottische Liga. Nach zwei Siegen gegen die bemitleidenswerten und komplett leer ausgehenden Raith Rovers konnte man den Zweitligisten Dumbarton FC (Vorletzter in der Abschlußtabelle) in den abschließenden Relegationsspielen ebenfalls bezwingen. Eine 0:1-Niederlage im Heimspiel drehte man in Dumbarton einfach mit 2:0 nach Verlängerung, das nennt man wohl Dramatik. Der größte Erfolg der Vereinsgeschichte war jedenfalls perfekt, man war mit durchaus ausbaufähigen Strukturen tatsächlich und ein wenig überraschend zweitklassig.

Ein insgesamt richtig schöner, ehrlicher und traditioneller Fußballnachmittag mit nur einem Spielball und keinem Video-Assistenten. Dazu gab es Auswärtsfans, die dem Nieselregen im unüberdachten Block trotzten und alles raushauten. Fühlte sich irgendwie wie früher an!

An den folgenden zwei Tagen gab es mit meinen Gastgebern Graeme Adamson und Andy Wright ein sehr umfangreiches Sightseeingprogramm, schließlich musste das verzehrte Bier auch mal ausgeschwitzt werden. Die Mitte Schottlands, also die Region „Central-Scotland“, bietet auch ohne den direkten Einfluss der Highlands wundervolle Landschaften, historische Gebäude und natürlich eine Menge Fußball-Tradition an.

Nachdem bei meinem ersten Besuch die imposanten „Kelpies“, das „Falkirk Wheel“ sowie das Stirling Castle auf dem Programm standen, gab es nun eine interessante und vor allem intensive Mischung aus Groundhopping, Fußball und Sightseeing!

Wo kann man solch eine Tour besser starten, als in der inoffiziellen Hauptstadt des Landes? Die Stadt Glasgow ist mit 600.000 Einwohnern die größte Stadt Schottlands und gilt im Vergleich zur eher mondänen und historischen Hauptstadt Edinburgh als Arbeiterstadt. Trotz des eher negativen Images ist Glasgow für mich persönlich ein äußerst lebenswerter Ort. Die Stadt vereint Lifestyle, Nachtleben und Fußball wie fast kein Ort auf dieser Welt.

Der erste Programmpunkt war diesmal der „Hampden Park“, das Nationalstadion Schottlands! Die Arena besitzt ein Fassungsvermögen von knapp 52.000 Zuschauern und dient der schottischen Nationalmannschaft als Spielort. In den Katakomben ist auch das nationale Fussballmuseum Schottlands untergebracht.

Die diesjährige Stadiontour und den anschließenden Museumsbesuch kann man tatsächlich als richtiges Erlebnis umschreiben. Dies lag daran, dass Graeme und ich an diesem Tag ganz allein im Stadion verweilen und eine wirklich exklusive Stadiontour genießen durften. Auch für das Museum muss man sich ein wenig mehr Zeit mitbringen. Obwohl Schottland mehr oder minder noch nie ein wichtiges Turnier gewinnen konnte und sich seit Jahren für kein EM- oder WM-Turnier qualifizieren konnte, platzt das Museum vor Tradition und interessanten Exponaten, Trikots bzw. Devotionalien aus allen Nähten.

Dass man sich in Schottland seinen Traditionen absolut bewusst ist, zeigt eine Besonderheit des Stadions. Denn neben den zumeist ausverkauften Auftritten der schottischen Nationalmannschaft beherbergt das Stadion die Spiele des Drittligisten Queens Park FC, nicht zu verwechseln mit dem englischen Championship-Team Queens Park Rangers FC. Das Team aus dem gleichnamigen Stadtteil Glasgows ist außerhalb Schottlands aufgrund der zuvor genannten Namensähnlichkeit mit der englischen Profimannschaft eher unbekannt. Dennoch muss man festhalten, dass die Mannschaft ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Denn dieser sehr traditionelle Club sieht sich trotz seiner Zugehörigkeit im Profifussball als reiner Amateurclub. Dies geht schon aus dem Vereinsmotto „Ludere causa Ludendi“ – „Zu spielen um des Spieles willen“ hervor. Was ein wenig skurril klingt, ist letztlich aber gut zu erklären. Der Verein Queens Park FC ist der älteste Fußballverein Schottlands und so etwas wie der Großvater, der die Regeln des Spiels in der Vergangenheit festgelegt hat. Zudem ist man allein aufgrund der Historie der dritterfolgreichste Verein im schottischen Pokal (nach den Rangers und Celtic). Leider sind aber auch die Zuschauerzahlen im großen Hampden Park für die Truppe des Queens Park FC stark ausbaufähig. Die letzten Ligapokalspiele gegen die Clubs Queen of the South FC und Airdrieonians sahen nur knapp 500 Zuschauer. Seit dem Jahr 2005 gibt es übrigens eine Fanfreundschaft mit dem deutschen Regionalligisten SG Wattenscheid 09.

Nach dem Besuch des Hampden Park brauchte ich erstmal ein Bier. Was für ein Zufall, dass in Glasgow eine der größten Brauereien des Landes zu jeder Tageszeit Brauerei-Touren anbietet. Die Wellpark-Brewery wurde im Jahr 1740 gegründet und stellt das gerade in Glasgow sehr beliebte „Tennent´s Lager“ her. Das Bier mit dem großen roten „T“ auf der Flasche bzw. Dose wird aber auch überall in Großbritannien getrunken und ist sehr beliebt. Da ich persönlich nicht der größte Fan eines Lager-Bieres bin, probierte ich das neue „Caledonia Best“. Sehr lecker und süffig, sollte man mal probieren.

Nach der Besichtigung von weiteren Grounds wie dem umgebauten „Tynecastle“ des Hearts of Midlothian Football Club in Edinburgh oder dem „East End Park“ des Zweitligisten Dunfermline Athletic Football Club sollte es nun wieder ein wenig tragender werden. Dennoch möchte ich festhalten, dass ich die Herz-Fahrradständer der Hearts of Midlothian einfach nur als überragend und detailverliebt betiteln kann.

Knapp 13 km westlich der Hauptstadt Edinburgh befindet sich die „Forth Bridge“, eine zweigleisige Eisenbahnbrücke über den „Firth of Forth“ (breiter Meeresarm, an welchem der Fluß „Forth“ in die Nordsee mündet). Was sich sich auf den ersten Blick recht nüchtern anhört muss man tatsächlich mal gesehen haben. Die knapp 2600 Meter lange Brücke ist UNESCO-Weltkulturerbe und stellt mit dem angrenzenden Ort South Queensferry die absolute Postkartenidylle dar.

Zum Ende des Tages gab es noch ein historisches Gebäude. Die Stadt Linlithgow diente nicht nur den Machern der amerikanischen Serie „Raumschiff Enterprise“ als Inspiration. Am Ufer des Loch Linlithgow befindet sich die Ruine des Linlithgow Palace. Das Schloß war der Geburtsort der bekannten schottischen Königin Maria Stuart (1542-1587) und diente der schottischen Monarchie als beliebter Wohnort. Die hatten offenbar keine Lust auf die weitaus größeren Residenzen in Stirling und Edinburgh und wählten den Palast des Zungenbrecherortes als Heimat. Dies muss den Machern der bereits angesprochenen Serie so imponiert haben, dass sie dem beliebten aber leider auch nur fiktiven Schiffsmechaniker „Scotty“ die Stadt Linlithgow als Geburtsort verpassten. Ich weiss, unnützes Wissen, aber irgendwie interessant.

Abschließend rollte dann noch einmal der Ball, zeitgleich mit der angesetzten UEFA Champions League-Partie in Liverpool traf die Mannschaft des Livingston Football Club auf Inverness Caledonian Thistle FC! Das Nachholspiel des 29. Spieltages der zweitklassigen Ladbrokes Championship stellte rückblickend das perfekte Kontrastprogramm zur glamourösen Champions League dar.

Auch in der zweiten schottischen Liga was das Saisonende greifbar! Allerdings stand auch dort für einige Teams noch eine Verlängerung in Form der Aufstiegs-Play-Off-Spiele auf dem Programm!

Im Falle der besuchten Partie waren die Gastgeber aus der 56.000-Einwohner-Stadt Livingston als Tabellenzweiter bereits fest für die Play-off-Runde qualifiziert! Für den Gegner aus den Highlands musste unbedingt ein Sieg her, um am letzten Spieltag überhaupt noch eine Chance auf den letzten Play-off-Tabellenplatz 4 zu besitzen!

Bevor ich jetzt zum Spiel komme, ein kurzes Statement zum Stadionnamen! Auch das Stadion in Livingston besitzt wie so viele Arenen auf der Welt einen recht eigenwilligen Sponsorennamen! Im Fall des LFC ist dieser Sponsor gleichzeitig auch noch der Trikotsponsor! Hierbei handelt es sich um die schottisch-italienische Restaurantkette Tony Macaroni! Für mich neben dem Playmobil-Stadion, der Easy-Credit-Arena oder auch dem Glücksgas-Stadion der absolute Mercedes unter den skurrilen Stadionnamen! Für die eingefleischten Fans des LFC bleibt die 10.000 Zuschauer fassende Tony-Macaroni-Arena das, was sie immer war: Das Almondvale-Stadion! Und das ist auch gut so!

Im Spiel unterlag der Livingston FC seinem Kontrahenten vor enttäuschenden 740 Zuschauern ein wenig unglücklich mit 0:1 (0:0)! Das Tor erzielte Mittelfeldmotor Liam Polworth nur Sekunden nach Wiederanpfiff durch einen satten Schuss aus 20 Metern! Keine Chance für den 35jährigen LFC-Schlussmann Gary Maley, der sein erstes Saisonspiel absolvierte und aufgrund seiner Statur ein wenig „untrainiert“ wirkte!

Es gab aber auch richtig große Namen unter den 22 Akteuren in der Startformation! Auf der rechten Außenbahn von Inverness CT war ein gewisser Seedorf zu finden! Hierbei handelte es sich um Collin Seedorf, Cousin des ehemaligen Weltklassespielers Clarence Seedorf! Der ist heute Trainer der kamerunischen Nationalmannschaft. Ob sein 22jähriger Verwandter je in seine Fußstapfen treten kann, bleibt abzuwarten!

Insgesamt ein netter Stadionbesuch mit einer leckeren Steak-Pie und der Erkenntnis, dass Fanartikel nicht immer teuer sein müssen! Das offizielle Trikot des Livingston FC gab es trotz meiner nochmaligen Nachfrage zum echten Kampfpreis von umgerechnet 12 Euro!

Während die Jungs von Inverness CT nach dem Spiel schon fast in der wohlverdienten Sommerpause weilten, stieg der Livingston FC einfach mal in die schottische Premier League auf. In den Play-Offs besiegte man zunächst Dundee United und im Relegationsspiel den Erstligisten Partick Thistle FC. Kann ich mich jetzt offiziell als Aufstiegshelfer bzw. Maskottchen für Alloa Athletic und Livingston FC bezeichnen? Das wäre mal was…

Ich bedanke mich bei meinen Gastgebern Graeme Adamson, seiner Frau Julie sowie Andy Wright! Thank you very much for fantastic four days at central Scotland!

Aus der schottischen Hauptstadt Edinburgh ging es in die englische Hauptstadt London. Schließlich war Donnerstag und ich immer noch auf einer „Road to Lyon“… Bleibt auf Empfang….STAY TUNED!