Das Beste kommt bekanntlich immer zum Schluss! Dementsprechend konnte meine abschließende Rogaland-Wanderung nur ein Ziel haben…den über 1000 Meter hohen „Kjerag“-Felsen!

Auch wenn ich rückblickend von einem unvergesslichen Erlebnis sprechen darf, hatte ich während des sechsstündigen Streifzuges durchaus meine Zweifel, ob das positiv angehauchte Prädikat „Das Beste“ für diese Tortur tatsächlich angebracht ist. Im Vergleich zum fast schon sanften Ausflug auf den „Preikestolen“ musste ich während der Bergtour auf den Kjerag gelegentlich an meine Grenzen gehen und war zwischendurch heilfroh, das letzte Stück Energie in Form einer Banane in meinem Rucksack gefunden zu haben.

Die tatsächliche Herausforderung der Kjerag-Wanderung verbarg sich mit Sicherheit nicht in der durchschnittlichen Wegstrecke von gut 12 Kilometern, sondern zeigte sich bei mehreren anspruchsvollen Auf- und Abstiegen, die mit Hilfe von Stahlseilen zu meistern waren. Während des kraftvollen Hochziehens an den im Fels verankerten Stahlketten sollte man zwingend den eigenen Konzentrations- und Energie-Akku im Auge behalten, da sich auf der letzten 3-Kilometer-Etappe kein einziger Abschnitt befindet, auf dem man vier entspannte Schritte in Folge mit aufrechter Körperhaltung machen kann. Wer dann auch noch dem zermürbenden Starkwind trotzt, wird auf dem Gipfel mit einem Ausblick über den Lysefjord belohnt, der über „das Beste“ vielleicht noch ein wenig hinausgeht.

Deshalb fühlte ich mich beim abschließenden „Zieleinlauf“ trotz stark übersäuerter Beinmuskulatur einfach nur glücklich und hoffte, dass das letzte Fußballspiel in der Provinz Rogaland ebenfalls in die Kategorie „Das Beste“ eingestuft werden kann.

Bei dem Vergleich handelte es sich um das noch relativ junge „Rogaland-Derby“ zwischen dem gastgebenden FK Haugesund und der Mannschaft von Viking Stavanger, die mit ihren zahlreich mitgereisten Fans diesmal eine für deutsche Verhältnisse ungewöhnliche Auswärtsfahrt absolvieren musste. Obwohl beide Städte nur gut 80 Kilometer auseinanderliegen, veranschlagte der Routenplaner eine stramme Fahrzeit von fast zwei Stunden. Dies lag an der 10-Kilometer-langen Fährpassage über den Boknafjord, welche zumindest dann alternativlos ist, wenn man nicht in Besitz eines Flugzeuges ist.

Bei Sichtung der Vereinshistorie des FK Haugesund waren erstaunlich viele Parallelen zu Ligakonkurrent Sarpsborg 08 erkennbar, welcher zum Auftakt meiner Norwegen-Tour etwas näher unter die Lupe genommen wurde. Auch in Haugesund war man nach sportlich mageren Jahren offen für einschneidende Veränderungen, um Profifußball dauerhaft anbieten zu können. So schlossen sich die beiden Platzhirsche SK Haugar und SK Djerv im Jahr 1993 zum heutigen Fusionsclub FK Haugesund zusammen. Nach mittlerweile 29 Jahren kann man in der Stadt mit ihren 36.000 Einwohnern durchaus ein positives Fazit ziehen. Neben zwei verlorenen Pokalendspielen (2007 und 2019) konnte sich der Heimatclub des ehemaligen Gladbachers Havard Nordtveit insgesamt dreimal für die UEFA Europa League qualifizieren und ist ein arriviertes Mitglied der norwegischen Eliteserien. Obwohl die Europapokal-Bilanz mit 7 Siegen, 3 Unentschieden und 4 Niederlagen ordentlich daherkommt, war die 3. Qualifikationsrunde bislang das Höchste der Gefühle.

Das Derby gegen Viking war letztlich der erhoffte Abschluss einer überragenden Reise ins sagenhafte Rogaland.

Die wilde Fahrt begann bereits in der 4. Spielminute, als Karlsbakk die Gäste in Führung brachte und für absolute Ekstase bei den gut 800 Viking-Fans im Gästeblock sorgte. Nach dem schnellen Ausgleichstreffer durch den Senegalesen Ndour (9.) wurde es nur drei Minuten später kurios. Nach einem Viking-Eckball kommt Haugesund-Stürmer Bilal Njie an den Ball und nimmt Fahrt in Richtung gegnerische Hälfte auf. Da die Distanz zum Viking-Tor zu diesem Zeitpunkt mit der Entfernung zwischen Erde und Mond vergleichbar war, verteidigten die Gäste in der Rückwärtsbewegung äußerst sorglos. Erst als der schnelle Njie schon in der eigenen Hälfte mutterseelenallein auf dem Weg zum gegnerischen Tor war, hatte Viking-Verteidiger Kristoffer Lökberg genug vom Zuschauen. Bei Passieren der Mittellinie wurde Njie vom letzten Wikinger mit unfairen Mitteln gestoppt. Trotz der großen Entfernung zum Tor entschied FIFA-Schiedsrichter Rohit Saggi auf Notbremse und verwies Lökberg des Platzes.

Von dem Platzverweis ließen sich die zehn Wikinger aber nicht beirren. Nach einem Handspiel gab es Elfmeter, den der Isländer Fridjonsson eiskalt verwandelte. Die dezimierten Gäste führten wieder…und nicht mal 20 Minuten waren gespielt.

Wohin sollte sich dieses Spiel entwickeln? Nach Viking-Halbzeitführung drückten die Gastgeber in der 2. Halbzeit in Überzahl deutlich aufs Tempo. Schon nach wenigen Minuten erzielte der starke Ndour sein zweites Tor zum 2:2-Ausgleich (52.). Jeder Viking-Fan wird sich jetzt selbst zugeflüstert haben, dass dieses Ausgleichs-Tor viel zu früh fiel. Fortan fanden sich die Gäste nur noch in der Defensive wieder und mussten dem Angriffswirbel der Gastgeber standhalten.

Dies gelang immerhin bis zur 84. Minute, als Vevatne einen Hausgesund-Schuss aus kurzer Distanz unhaltbar abfälschte. Es stand 3:2 für die Gastgeber, die in der Nachspielzeit durch Zafeiris alles klar machten und ihren knapp 5000 Anhängern einen 4:2 (1:2)-Derbysieg schenkten.

Wenigstens konnte die Spieler des Viking FK auf der Rückfahrt schon wieder ein wenig schmunzeln, als sie während der Fährpassage bei Pizza und Wasser von ihren Fans gefeiert wurden. Schließlich saßen zu diesem Zeitpunkt „alle im selben Boot“.

Das war mein mehrteiliger Blog aus dem norwegischen Rogaland. Auch wenn das Beste zum Schluss kommt, ist noch nicht ganz Feierabend. Schließlich gab es noch ein letztes Spiel in der Hauptstadt Oslo!

Die dazugehörigen bewegten Story-Bilder und Fotos gibts wie immer in den sozialen Medien. Um es mit den Worten des Verkäufers einer ehemals äußerst angesagten amerikanischen Modekette im Oberhausener Centro zu sagen: „Check us out on Instagram and Facebook„…also klickt euch mal rein und lasst ein LIKE da!

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