Die bislang einzigen Olympischen Spiele im „jugoslawischen“ Teil der Balkanhalbinsel fanden vor fast genau 40 Jahren in Sarajevo statt. Die heutige Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina richtete im Namen des sozialistischen Staatenbundes Jugoslawien 1984 die XIV. olympischen Winterspiele aus, in welchen sich vor allem die Athleten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) um die ambitionierte Eiskunstläuferin Katarina Witt äußerst erfolgshungrig zeigten und am Ende den 1. Platz des Medaillenspiegels sichern konnten.

Da Olympia nach den Spielen von Sarajevo nie wieder nach Bosnien-Herzegowina, Slowenien, Kroatien, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien oder in den Kosovo zurückkehrte, ist man in der 300.000-Einwohner zählenden Stadt an den Gebirgszügen „Bjelasnica“ und „Jahorina“ auch heute noch sehr stolz auf seine schillernde olympische Vergangenheit.

Dies merkt man vor allem im Stadtzentrum der bosnischen Metropole, wo man nicht nur im olympischen Museum an die Spiele erinnert wird. An nahezu jeder Ecke stößt man auf die olympischen Ringe oder das offizielle Symbol der Spiele, eine stilisierte Schneeflocke. Selbst das Maskottchen, der kleine Wolf „Vucko“, darf nach wie vor in keinem Souvenir-Laden fehlen und vermittelt dem sportbegeisterten Besucher das Gefühl, als wenn der damalige IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch die Spiele erst gestern beendete und die olympische Flamme erlosch!

Leider ändert sich dieses Gefühl schlagartig bei Besichtigung der Sportanlagen, welche in der Gegenwart fast alle in die Rubrik „Lost Place“ fallen! Dies liegt allerdings weniger an einem fehlenden Nachhaltigkeits-Konzept, sondern vielmehr an der kriegerischen Auseinandersetzung des Bosnien-Konflikts (1992 bis 1995) und der damit verbundenen vierjährigen Belagerung Sarajevos durch Truppen der jugoslawischen Bundesarmee bzw. Streitkräfte der Republik Srpska!

Am Beispiel der auf dem Hausberg „Trebevic“ gelegenen olympischen Bob-Bahn wird das ganze Ausmaß des Krieges sichtbar. Während der Belagerung Sarajevos nutzten die Angreifer Berg und Bahn für ihre Artillerie-Stellungen und verminten das Gebiet großflächig! Hier kam es täglich zu Schusswechseln mit der bosnischen Armee, bei welchen viele Menschen den Tod fanden!

Die 13 Kurven der 1.300 Meter langen Bahn können heute im Rahmen einer Wanderung bequem bezwungen werden….zumindest wenn es bergab geht! Wenn man hierbei die Augen schließt und sich etwas (Kunst-)Eis wünscht, rauscht Bob-Legende Wolfgang Hoppe vielleicht nochmal vorbei. Der heutige Bob-Trainer gewann auf dieser Bahn 1984 olympisches Doppelgold im Zweier- und Viererbob!

Auch der 1502 Meter hohe Berg Igman spielte im Bosnien-Krieg eine wichtige Rolle und war bis zur Stationierung einer internationalen Eingreiftruppe ein stark umkämpftes Ziel! Dies lag an der strategisch günstigen Lage und der damit verbundenen Möglichkeit, die einzig verbliebende Straße ins belagerte Sarajevo kontrollieren und vor allem blockieren zu können!

Dementsprechend findet der Olympia-Fan am Fuße des Igman mit den beiden Skisprung-Schanzen die nächste verfallene Sportanlage, welche den Krieg nur bedingt überlebt hat! Neben der sportlichen Traurigkeit, die über der gesamten Anlage schwebt, ist es zudem nur schwer vorstellbar, dass das Siegerpodest am Auslauf während des Krieges für Hinrichtungen genutzt wurde. Ein Podest, auf dem die Sieger Jens Weißflog (Normalschanze) und Matti Nykänen (Grossschanze) nur wenige Jahre zuvor stolz ihre Goldmedaillen präsentierten!

Ohne große finanzielle Investitionen wird von den „Igman Olympic Jumps“, in Landessprache Malo Polje, vermutlich nie wieder ein Skispringer ins Tal fliegen. Wenigstens ist es mittlerweile möglich, das von Landminen geräumte Gebiet zu betreten und den olympischen Geist zu suchen. Zudem existieren im direkten Nahbereich zwei Skigebiete, die im Winter endlich wieder Leben auf den Igman bringen!

Vielleicht kommt irgendwann der Tag, an dem der immer noch vorhandene Schriftzug der „United Nations“ vom stark beschädigten Sprungrichter-Gebäude verschwindet und konzentrierte Trainer mit einem Fähnchen in der Hand endlich wieder die perfekten Windverhältnisse anzeigen!

Auch von den olympischen Sportstätten am Trebevic und dem Igman findet Ihr wie gewohnt bewegte Story-Bilder und weitere Fotos in meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook. Klickt Euch doch mal rein! In den nächsten Tagen rollt in diesem Blog dann auch der Ball aus Sarajevo, Mostar und Bosnien-Herzegowina!

STAY TUNED…bleibt auf Empfang!