Der zweite Teil meiner Korea-Reise beginnt diesmal mit der Rubrik „Nutzloses Wissen“! Zumindest oberflächlich betrachtet, schließlich weiß man nie, ob die 500.000 Euro-Frage bei Günther Jauch und seiner Sendung „Wer wird Millionär?“ nicht genau in dieser Richtung geht. Und dann muss man vorbereitet sein…zumindest dann, wenn man als Kandidat auf dem Schleudersitz Platz genommen hat!

Also…was haben die koreanischen Fußballspieler Kim Joo-Sung, Lee Chung-Yong oder Jong Tae-Se gemeinsam? Sie alle spielten für den VfL Bochum 1848! Auch wenn der Letztgenannte genau genommen Nordkoreaner mit Japanisch-Südkoreanischen Wurzeln ist!

Nach dem ersten Spiel in Suwon stand unter der Woche das zweite Spiel während meiner Korea-Reise auf dem Programm…diesmal getreu dem Motto „Eine neue Liga ist wie ein neues Leben“.

Bei dieser für mich neuen „Liga“ handelte es sich um einen internationalen Vergleich mit koreanischer, chinesischer, jordanischer, saudi-arabischer und indischer Beteiligung…genauer gesagt, der 2. Spieltag in der Gruppenphase der AFC Champions League mit dem Duell zwischen dem koreanischen Vertreter Ulsan Hyundai Football Club und SIPG FC aus der chinesischen Hafenstadt Shanghai!

Nach meiner Ankunft in der Millionenstadt Ulsan ging es mit dem Taxi vom Korea-Train-Xpress-Bahnhof Tongdosa direkt in Richtung Stadion…eine Fahrt, die ich so schnell nicht vergessen werde und rückblickend mit der Aussage „Mein lieber Herr Gesangsverein“ beschreiben möchte!

Mein ca. 70 Jahre alter Fahrer, dem ich mein Fahrtziel nur mit dem Google-Übersetzer näher bringen konnte, nutzte auf der knapp 12 km langen Fahrt eine Art Stadtautobahn. Trotz des Tempolimits von 80 km/h beschleunigte der rüstige Senior sein Fahrzeug nahezu durchgehend auf 130 km/h. 

Für mich persönlich gar kein grösseres Problem, wenn wir mit dem schicken Hyundai nicht ständig beide Fahrstreifen im Zick-Zack-Muster benutzt hätten! Dementsprechend überholten wir diverse LKW über den rechten Fahrstreifen und schlugen den fest installierten Geschwindigkeitskontrollen durch gekonntes Ausweichen über den Standstreifen ein Schnippchen nach dem Nächsten! Wo war nur unser Blaulicht auf dem Dach?

Wie auch immer, die Zeit der Vergebung begann spätestens bei Ankunft am Munsu-Ulsan-Worldcup Stadion…als guter Gast aus „Dog-il“ (Deutschland) bedankte ich mich bei meinem Renn-Opi höflich für die sehr inspirierende Rallye…der erwiderte das Lob mit einem freundlichen asiatischen Lächeln! Obwohl ich ganz sicher weiß, dass er mich nicht verstanden hat, verabschiedeten wir uns per Handschlag und werden uns wohl auch leider nie wieder über den Weg „fahren“!

Die AFC Champions League ist auf den ersten Blick das passgenaue Gegenstück zur europäischen Version, der UEFA Champions League.

Bei genauerer Betrachtung fallen allerdings einige Unterschiede zum UEFA-Wettbewerb ins Auge, die aufgrund (sport-)politischer, regionaler und vor allem geografischer Verhältnisse entstanden sind!

Der asiatische Premium-Pokal-Wettbewerb wird innerhalb des Kalenderjahres zwischen Januar und November ausgespielt…damit bewegt man sich parallel zu den nationalen asiatischen Ligen und Meisterschaften!

Während in Europa theoretisch jeder Landesmeister, also auch der Champion aus San Marino, die Chance auf eine Teilnahme an der Königsklasse besitzt, sieht das in Asien ganz anders aus!

Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage, einer fehlenden Fußballmeisterschaft oder einer nicht ausreichenden (sportlichen) Infrastruktur nehmen viele asiatische Länder gar nicht an der AFC Champions League teil. Im laufenden Wettbewerb fehlen unter anderem Syrien und Afghanistan…aber auch Nepal, Pakistan oder die Malediven!

In der Gruppenphase des Wettbewerbs sind die 12 stärksten asiatischen Länder mit ihren besten zwei Teams fest qualifiziert. Hierbei handelt es sich um 12 westasiatische Mannschaften, zumeist von der arabischen Halbinsel sowie 12 ostasiatische Teams mit den üblichen Verdächtigen aus Japan, China und Südkorea! In der Auflistung der 12 stärksten asiatischen Verbände befinden sich natürlich auch die Clubs der australischen Hyundai A-League, die 2007 vom ozeanischen Verband „Oceania Football Confederation“ nach Asien wechselten, da sie auf ihren Reisen durch die kleinen Südsee-Staaten wie Vanuatu oder Tahiti keine Lust mehr auf zweistellige Siege besaßen.

In der vorgeschalteten Qualifikationsphase nehmen insgesamt 27 Mannschaften teil. Hierbei handelt es sich um 16 weitere Teams aus dem Kreis der 12 stärksten Länder, sowie Clubs aus 11 verschiedenen asiatischen Ländern mit nur einem Team in der Königsklasse!! Gerade in diesem Kreis findet man echte Klassiker, wo eine Auswärtsfahrt mit Sicherheit doppelt so schön ist…Yangon United Football Club (Myanmar), der FC Istiklol Dushanbe (Tadschikistan), Minerva Punjab (Indien) oder Ceres-Negros FC von den Philippinen sind nur einige Beispiele!

Aber auch in der Gruppenphase, die durch weitere acht Teams aus der Qualifikation dann aus insgesamt 32 Clubs besteht, sind im Vergleich zu Europa deutliche Unterschiede zu erkennen!

Aufgrund der erheblichen Distanzen, einer großen Zeitverschiebung und der damit verbundenen Reisestrapazen finden die Gruppenspiele regional in einer West- und Ostgruppe (jeweils 4 Gruppen mit 4 Mannschaften) statt. Diese Verfahrensweise bleibt in der anschließenden Finalrunde vom Achtel- bis zum Halbfinale so bestehen. Erst in den beiden Finalspielen kann ein arabischer Vertreter auf einen Club aus Südostasien treffen! Der Gewinner des Wettbewerbs nimmt an der FIFA Klub-WM teil und trifft im Dezember auf UEFA-CL-Sieger FC Liverpool!

Meine Premiere in diesem Wettbewerb führte mich in das erfolgreichste Land der asiatischen Königsklasse! Die Mannschaften aus Südkorea führen mit insgesamt elf Erfolgen die Siegerwertung deutlich vor den japanischen Vereinen auf Rang 2 mit sieben Titeln an.

In der Gruppe H traf das koreanische „Traditions-Franchise“ Ulsan Hyundai auf Shanghai SIPG FC. Bereits bei Anpfiff konnte ich den nächsten signifikanten Unterschied zur europäischen Champions League erkennen. Das Motto war „Stell Dir vor, es ist Champions League und keiner geht hin!“…nur 4265 Zuschauer verloren sich im 44.000-Zuschauer-fassenden Munsu-Worldcup Stadium, welches auch fast 20 Jahre nach Fertigstellung immer noch das Gefühl vermittelt, als wäre es erst vor kurzem feierlich eröffnet worden! Man hatte fast den Eindruck, dass es gestern war, als Michael Ballack im Viertelfinale der WM 2002 gegen die USA zum 1:0-Endstand traf!

In einem ausgeglichenen Spiel wirkten die Gäste aus Shanghai zunächst etwas stärker. Für mich persönlich keine große Überraschung, da man sich als führendes chinesisches Super-League-Team auch eine sehr teure und zum Teil äußerst namenhafte Mannschaft leistet. Allein die drei brasilianischen Stürmer besitzen zusammen einen Marktwert von 52,5 Millionen Euro! Die Herren Oscar (ehemals Chelsea Football Club), Elkeson und der allseits bekannte Hulk durften dann auch zusammen in einem 4-3-3-System beginnen und waren offensichtlich auf ein schnelles Tor aus.

Dass dieses Tor bis zum Ende nicht fiel, hatte mehrere Gründe. Was bringen drei hervorragende Stürmer, teilweise aus der Rubrik Weltklasse, wenn die chinesischen Mitspieler dem Spielniveau nicht folgen können? Selbst der beste Stürmer wird schnell stumpf, wenn er sich die Bälle aus dem Mittelfeld holen muss und dann in einer vielbeinigen Ulsan-Abwehr um den ehemaligen „Clubberer“ Dave Bulthuis stecken bleibt. Sah bei Hulk und Oscar immer wieder gut aus, wie sie drei bis vier Gegenspieler stehen ließen, aber dann spätestens am Fünften scheiterten.

Und so kam es, wie es kommen musste…Ecke Ulsan durch Bo-Kyung Kim…Kopfball des kurz vorher eingewechselten Brasilianers Junior Negrao…Tor, Führung und am Ende der knappe Sieg für die Hausherren (66.)!

Letztlich ein verdienter Sieg der Koreaner, die sich damit an die Tabellenspitze der Gruppe H setzten. Für Hulk und Co. ein gebrauchter Abend…noch kurz bei den 50 mitgereisten Fans verabschieden und schnell nach Shanghai zurück!

Aber warum besaß die Partie auch eine Beteiligung aus Jordanien, Saudi-Arabien und Indien? Möglicherweise gibts in Asien ein kleines Qualitätsproblem im Schiedsrichterbereich. Anders kann ich mir nicht erklären, dass man das Gespann um den jordanischen Schiedsrichter Ahmad Yacoob aus zwei fast 8000 km entfernten Ländern anreisen lässt. Einen etwas kürzeren Flug hatte wenigstens der vierte Offizielle Nagvenkar aus Indien. Der musste nur gut 5000 km zum Spielort zurücklegen!

Vom Hauptsitz des Weltkonzerns Hyundai ging es abends zurück in die Hafenstadt Busan, zugleich Südkoreas zweitgrösste Stadt! Hier gab es neben fantastischen Sehenswürdigkeiten und einem äußerst angenehmen Strandleben zwar keinen Live-Fußball, wenigstens aber einen ganz kurzen Blick in das WM-Stadion von 2002!

Die für den Zweitligisten Busan IPARK FC völlig überdimensionierte Arena fasst knapp 54.000 Zuschauer und sieht doch sehr futuristisch aus! 

Während der WM 2002 fanden in Busan drei Vorrundenspiele statt (u.a. Südkorea vs Polen 2:0)! Schön, dass der grimmige Wachmann doch ein Einsehen hatte und einen fixen Blick ins Innere gestattete.

Für das letzte Spiel ging die Reise mit dem koreanischen Hochgeschwindigkeitszug „KTX“ zurück in die Hauptstadt! Hier kam es zum Duell zwischen dem beliebten Hauptstadtclub und Korea´s Urlaubsinsel Nummer Eins…am 3. Spieltag der K-League 2019 traf der FC Seoul auf Jeju United FC!

Das Spiel fand im Seoul Worldcup Stadium, dem größten koreanischen Fußball-Stadion, statt. Die Arena mit einem Fassungsvermögen von 66.000 Zuschauern wurde zur FIFA WM 2002 erbaut und dient der südkoreanischen Nationalmannschaft auch heute noch als eine Art Nationalstadion! In dem Stadion befinden sich neben einem (Mega)-Supermarkt noch ein größeres Fitnessstudio und das koreanische Fußballmuseum „Football faentasium“. Hier wird in erster Linie auf die für die Koreaner legendär verlaufende WM 2002 zurückgeblickt und an die Erfolge im asiatischen Raum erinnert…das alles mit viel Multimedia zum mitmachen und ausprobieren…ich habe meine Elfmeter und Freistöße mit der virtuellen Brille jedenfalls eiskalt verwandelt!

Das Spiel zwischen dem Meister von 2016 und dem letztjährigen AFC Champions League-Teilnehmer endete vor 13.789 Zuschauern torlos. Gerade in der ersten Halbzeit ein zähes Spiel ohne jegliche Höhepunkte…mein leckeres koreanisches Bier war definitiv bekömmlicher und vor allem weitaus flüssiger!

In der 2. Halbzeit wurde das Spiel dann etwas besser und spannender…wenn auch nur geringfügig und mit den besseren Chancen für den Gast von der Urlaubsinsel Jeju…die befindet sich übrigens vor der Südküste Koreas, knapp 450 km von Seoul entfernt und ist natürlich nur auf dem Luft- und Wasserweg zu erreichen.

Als Pechvogel des Spieltages trat hier der 31jährige brasilianische Jeju-Stürmer Tiago Marques Rezende in Erscheinung, der zweimal freistehend an FC Seoul-Keeper Sang-Hun Yu scheiterte…möglicherweise hatte er bei seinen Aktionen viel zu viel Zeit darüber nachzudenken, welche Ecke des gegnerischen Tores gut genug für seinen Abschluss sein könnte…anders kann ich mir seine kläglichen Fehlversuche nicht erklären!

Nach Abpfiff des Spiels musste übrigens kein groß aufgestellter Aufräumtrupp das Stadion vom vielen Plastikmüll befreien. Obwohl es genau den aufgrund des koreanischen Verpackungsirrsinns zu Genüge gab, räumten die Zuschauer ihren Müll nach Spielende selbst weg. Eine halbe Stunde nach Abpfiff konnte ich aufgrund der äußeren Gegebenheiten nicht mal mehr genau sagen, ob in diesem Stadion kurz zuvor ein Fußballspiel stattfand! Das war tatsächlich sehenswert!

Die koreanische K-League ist im ostasiatischen Bereich vielleicht noch nicht ganz soweit wie die mittlerweile führende japanische J_League! Muss sie aber vielleicht auch gar nicht…während vor allem chinesische und japanische Clubs satte Altstars aus Europa mit unmoralischen Gehältern nach Asien locken, kommen in Südkorea weiterhin junge hungrige einheimische Spieler zu ersten Profieinsätzen…und das trotz der großen Konzerne und Sponsoren wie Hyundai und Samsung!

Das kommt am Ende der eigenen Nationalmannschaft zu Gute…zudem zeigen südkoreanische Vereinsmannschaften immer wieder, dass man auch ohne die vermeintlichen Stars erfolgreich sein kann…live gesehen beim Ulsan-Sieg über die stärker eingeschätzte Mannschaft aus Shanghai!

Es gibt nur eine Sache, die sich koreanische Kaderplaner, Scouts und Fußballmanager schnell abgewöhnen müssen…in fast jedem beobachteten Spiel war der Sturm mit eher zweitklassigen brasilianischen Spielern besetzt! Vielleicht will man so südamerikanisches Ambiente erzeugen und etwas internationaler wirken. Lasst es doch einfach sein…sonst kommt so schnell kein neuer Stürmer mit der Qualität eines Heung-Min Son aus dem Nichts hervor!

Zum Abschluss noch ein paar Worte zu den Themen „Stimmung“, „Fankultur“ sowie „Essen und Trinken“:

Für den deutschen Fußballfan ist der Ablauf vor einem Liga- oder Pokalspiel oftmals automatisiert! Man erscheint eine gute halbe Stunde vor Spielbeginn, stimmt sich bei Bratwurst sowie dem einen oder anderen Bier auf die Präsentation der Mannschaften ein und schreit sich während der 90 Minuten bestenfalls die Seele aus dem Hals!

Um es vorweg zu nehmen, da ist der koreanische Fan gar nicht mal so verschieden…halt nur etwas anders! 

Bei den besuchten Spielen in Suwon, Ulsan und Seoul musste ich feststellen, dass die Fans sehr gemütlich agieren und äußerst spät ihren Platz einnehmen. In Suwon kamen viele Nachzügler erst zur 20. Spielminute…angesichts des 0:3-Rückstandes der eigenen Mannschaft hätte ich möglicherweise sofort kehrt gemacht!

Zudem fällt auf, dass das Gourmet-Angebot in Korea im Gegensatz zu vielen deutschen Stadien weitaus besser ausgebaut ist. Kein Wunder, denn in fast jedem der durchweg modernen Stadien befindet sich ein großer Lebensmittelmarkt mit „Food-Court“ und diversen Imbissen aller Geschmacksrichtungen! Dieses nahezu wahnsinnige Überangebot hat zur Folge, dass die Anhänger tütenweise Lebensmittel auf die Tribüne schleppen…fühlte sich an wie die Teilnahme am größten Picknick der Welt!

Egal, ob es nun Eimer mit Hähnchenteilen einer bekannten Fastfood-Kette mit Namen eines Krefelder Drittligisten waren, überdimensionierte Pizzen mit der Größe eines Wagenrades „vorbeirollten“, die koreanische Sushi-Variante Kimbap mit Stäbchen gegessen und mit Knabberzeug aller Art geraschelt wurde…auf dem Getränkesektor blieb es doch eher wohltuend einfach und traditionell…mit eiskaltem Dosenbier…einzeln oder im praktischen Sixpack…man muss halt mal genießen! 

Die Krönung war allerdings der Sitznachbar vor mir…zwei „Pinnchen“ und eine schöne große Flasche Whiskey! Die würde in Deutschland neben der Alarmierung des Sicherheitsdienstes wohl auch die anonymen Alkoholiker auf den Plan rufen!

Das war Korea 2019…ein faszinierendes hochmodernes Land mit gastfreundlichen Menschen!

STAY TUNED…es geht immer weiter!!!!

In meinem Instagram-Account https://www.instagram.com/Henning_loves_football/ gibts übrigens noch eine Vielzahl von Bildern aus Korea…zum Beispiel von den Anlagen der olympischen Spiele 1988! Schaut mal rein!

  • Hyundai Ulsan