Der europäische Teil Istanbuls bietet dem interessierten Touristen rund um die Galata-Brücke so ziemlich alle wichtigen Sehenswürdigkeiten an! 

Genau deshalb halten sich viele Besucher auch nur dort auf, um Sehenswürdigkeiten wie die Hagia Sophia, den Topkapi-Palast, die Sultan-Ahmed-Moschee oder den Großen Basar zu besichtigen!

Um dem touristischen Trubel zumindest ein wenig zu entfliehen, bietet sich eine Schiffsfahrt über den Bosporus zum asiatischen Teil Istanbuls förmlich an! Während man bei einem türkischen Tee die aus „James Bond“ bekannte Insel mit dem „Mädchenturm“ passiert und die beeindruckende Skyline des europäischen Teils in seiner ganzen Wucht bewundern darf, nähert man sich auf der knapp 30minütigen Fahrt dem wichtigsten Stadtteil des asiatischen Istanbul!

Der Stadtbezirk Kadiköy besitzt aufgrund seines intensiven Lebens ein ganz besonderes Flair! In den verwinkelten Gassen und Straßen befinden sich zahlreiche Cafés sowie ein großer Fisch- und Lebensmittelmarkt…Kadiköy ist nicht nur mein persönlicher Hotspot Istanbuls, sondern auch die Heimat des ersten professionellen Fußballmeisters der Türkei, Fenerbahçe SK!

Die Gelb-Dunkelblauen besitzen mit ihrem im Jahr 1907 erbauten Şükrü-Saracoglu-Stadion eine starke lokale Bindung zum Stadtteil Kadiköy!

Dementsprechend ist allein die über Jahrzehnte gewachsene Umgebung des zuletzt im Jahr 2006 modernisierten Stadions mit ihren vielen Bars und Kneipen einen Besuch wert!

Da ich in der Vergangenheit bereits fünf Spiele im „Şükrü Saracoglu“ besuchen durfte, stellt der folgende Rückblick auf Fenerbahce den absoluten Schwerpunkt meiner „Corona-Classics“ für Istanbul dar!

Obwohl die Schwarzmeer-Hafenstadt Trabzon knapp 1100 Kilometer von der türkischen Metropole Istanbul entfernt ist, besitzen die Gastspiele des „Karadeniz Firtinasi“ von Trabzonspor am Bosporus absoluten Derbycharakter! 

Dies liegt daran, dass viele Einwohner der Region Trabzon aus beruflichen Gründen nach Istanbul umsiedeln und fortan am Bosporus leben! Dementsprechend gibts in Istanbul eine sehr große Anhängerschaft, die dem Club aus der östlichsten Hafenstadt der Türkei die Daumen drücken. 

Diese Besonderheit hat der Club aus Anatolien erkannt und betreibt in Istanbul mehrere Fanshops, in welchen die Anhänger ihre weinrot-hellblauen Devotionalien erwerben können. Genau deshalb kann man Trabzonspor mit einem Augenzwinkern als vierten Istanbuler Großclub durchgehen lassen!

Leider musste das Team von Trabzonspor am 7. Spieltag der Süper Lig 2013/2014 im Istanbuler Stadtteil Kadiköy auf diese (Exil-)Unterstützung verzichten!

Im Spiel bei Fenerbahçe waren aufgrund der gelegentlich ausufernden Fangewalt nur Heimfans zugelassen! Vor 50.000 heißblütigen Zuschauern gab es im ausverkauften „Şükrü Saraçoğlu Stadyumu“ am Ende ein torloses Remis!

Mit dem trostlosen Unentschieden konnte Fenerbahce seine Tabellenführung in der Frühphase der Saison nicht ausbauen…dieser Umstand sorgte bei den Anhängern für richtig schlechte Stimmung…verbunden mit dem einen oder anderen kleinen Gewaltausbruch bei Verlassen des Stadions!

Bis zum Jahr 2014 war der Ticketkauf in der Türkei trotz der großen Fußballbegeisterung vergleichsweise einfach! Auch wenn vieles auf ein ausverkauftes Stadion hindeutete, gab es vor Ort über den offiziellen Kartenverkauf immer eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit!

Mit Einführung des „PassoLig“-Systems während der Saison 2013/2014 wollte die türkische Regierung die Sicherheit inner- und außerhalb der Stadien erhöhen! Ab diesem Zeitpunkt musste sich jeder Fan für den Kauf von Eintrittskarten mit seinen persönlichen Daten registrieren. Nach erfolgter Übermittlung und Prüfung gab es dann eine Plastikkarte mit Lichtbild des Inhabers und einer Kreditkartenfunktion der regierungsnahen Aktif-Bank!

Diese Regelung galt selbstverständlich auch für ausländische Besucher der einheimischen „Süper Lig“, welche zwar auf die Kreditkartenfunktion verzichten konnten, ohne eine türkische Wohnanschrift zum Erhalt der Karte aber die jeweilige PassoLig-Abteilung ihres favorisierten türkischen Clubs aufsuchen mussten!

Das Fenerbahçe-Heimspiel gegen Konyaspor am 5. Spieltag der Saison 2014/2015 war das letzte Süper Lig-Spiel im „Sükrü-Saracoglu“, bei welchem ein nicht registrierter Ticketverkauf stattfand! Vielleicht gab es an diesem Tag deshalb eine spezielle Plastikkarte mit Aufdruck der Spielpaarung!

Vor der Minuskulisse von 13.700 Zuschauern siegte Fener trotz eines Platzverweises in Unterzahl mit 2:1 (1:1)! Auf beiden Seiten wirkten ehemalige Akteure aus der Bundesliga mit…während Spieler wie Diego oder Michal Kadlec auf Istanbuler Seite auch vor sechs Jahren noch recht jung wirkten, hätte ich das scheinbare Alter von Konyas Torschützen Dimitar Rangelov aufgrund seiner vielen Clubs höher eingeschätzt!

Der Fußballclub „Fenerbahce Spor Külübü“ wurde vor 113 Jahren trotz eines Verbotes des regierenden Sultans Abdulhamit II. in geheimer Mission im Istanbuler Stadtviertel Kadiköy-Moda gegründet!

Nachdem der Fußballsport nur ein Jahr später durch eine Gesetzesänderung endlich ermöglicht wurde, startete der Club in der regionalen Istanbuler Stadtmeisterschaft richtig durch…die folgenden Jahre waren sportlich sehr erfolgreich und fanden mit dem Gewinn der ersten professionellen Fußballmeisterschaft der Türkei im Jahr 1959 ihren vorläufigen Höhepunkt!

Durch die frühen Erfolge mutierte Fenerbahçe zu einem absoluten Volksclub, der aufgrund der vielen türkischen Communities weltweit eine schier unfassbar große Anhängerschaft besitzt!

Aus neutraler Sicht muss der Status eines großen Volksclubs aber nicht immer nur Vorteile bringen. Obwohl der Verein in jeder Saison den größten finanziellen Etat aller türkischen Clubs besitzt und damit eine sehr hohe Erwartungshaltung in der Fanszene weckt, waren die vergangenen Jahre sportlich eher ausbaufähig!

Mit den teuren und zumeist schon satten „großen Namen“ wie Robin van Persie, Diego oder Luis Nani steht man prestigetechnisch zwar auf einer Stufe mit Atlético Madrid oder Manchester United, muss aber dann immer recht schnell feststellen, dass die Leistungskurve dieser arrivierten Spieler eher nach unten zeigt! Dementsprechend war Fenerbahce zuletzt im Jahr 2014 türkischer Meister und konnte auch bei den gelegentlichen Europapokal-Auftritten in den Qualifikationsrunden zur UEFA Champions League nur wenig Charme versprühen!

Der 1. Spieltag der Gruppenphase der UEFA Europa League 2015/2016 war so ein typisches Beispiel für das riesengroße Loch, was zwischen Erwartungshaltung und tatsächlicher Leistungsstärke klafft! Im Spiel gegen den „kleinen“ norwegischen Molde Fotballklubb war auf Seiten von „Fener“ alles auf einen überzeugenden und klaren Sieg zu Beginn der Europapokal-Saison ausgerichtet!

Vor 35.500 Zuschauern unterlag man den Norwegern sang- und klanglos mit 1:3 (1:1) und sorgte mal wieder für eine kochende Fanseele im asiatischen Teil Istanbuls! 

Ich erinnere mich gerne an die begeisternd jubelnde norwegische Fanschar, die so klein war, dass sie nicht nur auf der Haupttribüne sitzen durfte, sondern auch von einer noch größeren Anzahl von Ordnern umkreist wurde!

STAY TUNED…das war Istanbul in den „Corona-Classics“…weitere Bilder findet ihr wie gewohnt auf meinem Instagram-Account !