Was war das Jahr 1985 rückblickend doch für ein tolles Sportjahr! Der erst 17-jährige Leimener Boris Becker holte im „All England Lawn Tennis and Croquet Club“ von Wimbledon seinen ersten Grand-Slam-Titel, der legendäre brasilianische Rennfahrer Ayrton Senna gewann in seinem Lotus-Renault-Boliden erstmals ein Formel 1-Rennen und Superhirn Garri Kasparow krönte sich zum bis dato jüngsten Schachweltmeister aller Zeiten!
Die vielleicht grösste Sportsensation des Jahres 1985 spielte sich allerdings in der schottischen Küstenstadt Aberdeen ab, wo der heimische Fußballclub seine insgesamt vierte Meisterschaft gewinnen konnte. Was sich anfänglich so trocken wie ein vier Wochen altes Toast-Brot anhört und damals maximal regionale Aufmerksamkeit verursachte, ist fast vierzig Jahre später ein nicht zu unterschätzender Moment der Sportgeschichte. Dies liegt allerdings weniger an der zweifelsfrei großartigen Leistung der Meistermannschaft des Aberdeen Football Club, sondern vielmehr an der sportlichen Entwicklung des schottischen Fußballs. Der Titelgewinn der sogenannten „Dons“ war nämlich die letzte schottische Meisterschaft, die nicht durch die Glasgower Schwergewichte Rangers FC und Celtic FC eingefahren wurde.
Dementsprechend ist die Liste aller kaledonischen Fußballmeister vergleichsweise kurz. Obwohl seit 1892 insgesamt elf Vereine die schottische Fußballmeisterschaft erringen konnten, führen die bereits angesprochenen Glasgower Clubs dieses Ranking mit 45 Meistertiteln (Rangers) bzw. 44 Meistertiteln (Celtic) unangefochten an. Das drittplatzierte Dreigestirn Heart of Midlothian, Hibernian und FC Aberdeen (alle 4 Meistertitel) folgt mit riesigem Abstand und würde fast vier Jahrzehnte benötigen, um ernsthaft aufzuschließen.
Um ein abschließendes Gefühl dafür zu erhalten, wie lange sich Rangers und Celtic den schottischen Meisterpokal mittlerweile hin- und herschieben, gehts nochmal zurück ins Jahr 1985. Kurz vor der Meisterschaft des FC Aberdeen erblickte nämlich auch ein gewisser Cristiano Ronaldo das Licht der Welt. Der startete als 17-jähriger Teenager eine Weltkarriere und ist nach 704 Spielen für Sporting, Manchester United, Real Madrid, Juventus und Al Nassr mit sagenhaften 552 Toren nach wie vor im Geschäft. Was auch immer der gute Ronaldo in seiner langen Laufbahn erlebte, ein anderer schottischer Meister als Rangers oder Celtic trat nie gegen ihn an. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Duelle zwischen Ronaldos Spitzenclubs und den schottischen Underdogs in der Vergangenheit rar gesät waren. In all den Jahren gab es insgesamt nur vier Aufeinandertreffen zwischen CR 7 und den Glasgower Clubs, in welchen der Topstar etwas überraschend sogar torlos blieb!
Auch wenn die Eintönigkeit in der „Scottish Premier League“ mit der Dominanz der Glasgower Clubs weiterhin andauert, zeigt sich der schottische Fußball auf internationaler Ebene mit einem starken neunten Platz in der UEFA-Fünfjahreswertung absolut konkurrenzfähig. Mit diesem Rang erhielt man erstmalig einen festen Startplatz in der Ligaphase der UEFA Champions League und durfte sogar noch den Vizemeister in die Qualifikation zur Königsklasse schicken.
Aber Vorsicht, was sich nach absoluter Renaissance des schottischen Fußballs anhört, steht schon wieder auf wackeligen Beinen. In der laufenden Saison schafften es letztlich nur die beiden Glasgower Clubs in die Ligaphase der UEFA Champions- und Europa League. Dazu gesellt sich mit Heart of Midlothian ein Club in der Ligaphase der UEFA Conference League. Die übrigen Starter FC St. Mirren und FC Kilmarnock mussten bereits in der Qualifikation der Europapokalwettbewerbe die Segel streichen!
Genau deshalb müssen jetzt dringend Punkte für das UEFA-Ranking her, um den festen Startplatz in der Königsklasse behalten zu können. Nach einem äußerst erfolgreichen ersten Spieltag, an welchem alle schottischen Europapokal-Teilnehmer mit einem Sieg starteten, gestaltete sich der zweite Spieltag schon weitaus schwieriger! Den Anfang machten die grün-weissen Akteure von Celtic in der finanzstarken Königsklasse. Beim Auswärtsspiel in Dortmund blieb man so ziemlich alles schuldig und unterlag völlig verdient mit 1:7 (1:5).
Der ewige Konkurrent Rangers traf in der Ligaphase der UEFA Europa League im heimischen Ibrox-Stadium auf den französischen Teilnehmer Olympique Lyonnais. „Das sollte für Rangers doch machbar sein“….dachten eigentlich alle! Schließlich ist der ehemalige Serienmeister Frankreichs in der jüngeren Vergangenheit auch aufgrund finanzieller Probleme ins graue Mittelmaß der Ligue 1 abgerutscht und musste in den vergangenen zwei Jahren sogar auf die als selbstverständlich angesehene Europapokal-Teilnahme verzichten.
Nach Anpfiff des deutschen Schiedsrichters Sven Jablonski kamen die „Gers“ vor 41.981 Zuschauern sehr gut ins Spiel und besaßen durch den ehemaligen Wolfsburger Cerny direkt die Riesenchance zur Führung. Wer auf Seiten der Rangers jetzt von einer magischen Europapokal-Nacht träumte, wurde allerdings bitter enttäuscht. Die Gäste aus Lyon, die auch in der laufenden Saison in der heimischen Ligue 1 bislang einiges schuldig blieben, filetierten ihr gegenüber förmlich und überraschten die Rangers mit tollen Spielzügen und überfallartigen Kontern! Speziell die bärenstarke Angriffsreihe von „OL“ mit den beiden Jungstars Rayan Cherki (21), Malick Fofana (19) und dem erfahrenen Alexandre Lacazette spielte mit der Rangers-Defensive Katz und Maus. Nach wunderschönen Toren von Fofana (10.) und Lacazette (19. und 45.) ging es mit einer 3:1-Führung zum Pausentee.
Die Rangers kamen mit einer gehörigen Portion Wut aus der Kabine und waren sofort bemüht, zurück ins Spiel zu kommen. Dieses Unterfangen war allerdings schnell beendet, da der überragende Fofana einen tollen Spielzug mit dem entscheidenen Treffer zum 4:1-Endstand eiskalt abschloss (55.).
Losgelöst vom bitteren Ergebnis an diesem Abend war der neuerliche Besuch im Ibrox Stadium und das damit verbundene Treffen mit guten Freunden nach der Corona-Pandemie längst überfällig. Auch wenn ich in vielen Stadien auf dieser Welt unterwegs bin und dabei intensive Rivalitäten erleben durfte, lässt mich diese „Beziehung“ zwischen den blauen Rangers und den grün-weißen Celtics nicht kalt. Auch für mich gibt es in Glasgow letztlich nur einen Fußballclub…der ist und bleibt blau! Wer etwas mehr über diese ganz besondere Rivalität erfahren möchte, dem lege ich meine bisherigen Blogs aus Glasgow auf dieser Internet-Seite ans Herz!
Dazu gibts noch den ultimativen Veranstaltungs-Tipp, den man bei einer Städtetour nach Glasgow auch außerhalb eines Spieltages wahrnehmen kann. Mit dem kürzlich errichteten „New Edmiston House“ verfügen die Glasgow Rangers in unmittelbarer Nähe zum Ibrox Stadium nun endlich über ein hochmodernes Funktionsgebäude, das für einen anhängerstarken Club mit über 600 registrierten Fanclubs und einem voll ausgelasteten Stadion ganz einfach erforderlich ist.
In dem zweistöckigen Gebäude befinden sich neben einer multifunktionalen Veranstaltungshalle für kleinere Konzerte, Club-Events oder eine an Spieltagen eingerichtete „Fanzone“ zudem ein Café und der äußert gut sortierte offizielle Fanshop!
Absolutes Herzstück des „Edmiston House“ ist allerdings das vereinseigene Museum, in welchem die 152-jährige Geschichte des Rangers FC beeindruckend dargestellt wird. Abgesehen von den üblichen Pokalen bietet der Club viele multimediale Elemente zum Mitmachen an und präsentiert unzählige Erinnerungsstücke aus den nationalen und europäischen Wettbewerben der jüngeren und weit zurückliegenden Vergangenheit!
Ich drücke den Rangers für den weiteren Saisonverlauf jedenfalls die Daumen und hoffe darauf, schon bald zurückkehren zu dürfen. Auch die großartige Tina Turner wusste, dass die Rangers „simply the best“ sind!
In den angeschlossenen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook sind weitere Fotos und bewegte Story-Bilder vom Spiel im Glasgower Ibrox Stadium und dem Museum im „Edmiston House“ verfügbar! Klickt Euch doch mal rein!
STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG