Wenn ich mein Leben als Fußballreisender gelegentlich analysiere, komme ich immer wieder zu der wenig überraschenden Erkenntnis, dass ich viele Orte ohne das runde Leder mit Sicherheit nie gesehen hätte. Was in Deutschland mit Gemeinden wie Sandhausen oder Aue beginnt, gilt erst recht für das lettische Liepaja, das serbische Backa Topola oder das ungarische Paks.

Genau deshalb ist es immer sehr kurzweilig, wenn ich mit Menschen ins Gespräch komme, die einen vergleichsweise „normalen“ Urlaub in den klassischen Urlaubsdestinationen bevorzugen und manchmal nicht glauben können, dass ich trotz meiner überdurchschnittlichen Reiselust noch nie auf Lanzarote, Sylt oder Rhodos war. Glücklicherweise wird aber auch auf vielen touristischen Insel-Hotspots wie Kreta, Mallorca, Ibiza oder Sardinen professioneller Fußball gespielt.

Am Beispiel Spaniens könnte das kanarisch-balearische Inselglück nahezu perfekt sein, wenn der Club aus dem 17. deutschen Bundesland nicht zur laufenden Saison in die erste Liga zurückgekehrt wäre. So müssen Unión Deportiva Las Palmas (Gran Canaria), UD Ibiza und Club Deportivo Tenerife in der zweiten spanischen Liga vorerst ohne den RCD Mallorca auskommen.

Für mich ging es Anfang November auf die grösste kanarische Insel Teneriffa…und das genau genommen noch einmal. Bereits im August stand auf der Vulkaninsel ein „richtiger“ Erholungsurlaub mit meiner Tochter an, welcher leider einen klitzekleinen Makel besaß: Die Sommerpause! Deshalb kehrte ich aufgrund günstiger Flugpreise nur drei Monate später zurück, um den tollen Sommerurlaub mit einem Besuch im schmucken Estadio Heliodoro Rodríguez López abzurunden.

Am 15. Spieltag der laufenden „LaLiga 2“ traf der heimische CD Tenerife in der Inselhauptstadt Santa Cruz auf den FC Girona. Das Duell der ehemaligen Erstligisten wurde als „Topspiel am Montagabend“ bei angenehmen Außentemperaturen von 20 Grad Celsius ausgetragen. Allerdings hatte die Einstufung als exklusives Topspiel überhaupt nichts mit der sportlichen Situation oder gar einer möglichen Derby-Rivalität beider Clubs zu tun, sondern war ausschließlich den Reisestrapazen geschuldet. Während die Gastgeber aufgrund einer englischen Woche nur drei Tage zuvor vom weit entfernten Inselduell auf Ibiza (0:0) zurückkehrten, mussten die Gäste aus dem Großraum Barcelona nach ihrem zeitgleichen Heimsieg gegen Agrupación Deportiva Alcorcón auch erstmal die knapp 2500 km-lange Strecke ins spanische Überseegebiet zurücklegen.

Die durchaus große Distanz zwischen der iberischen Halbinsel und der nordafrikanischen Inselkette, welche guten Gewissens mit der Strecke zwischen Bochumer Ruhrstadion und dem Moskauer Luzhniki-Stadion vergleichbar ist, müssen mit Ausnahme des gran-kanarischen Rivalen UD Las Palmas mehr oder weniger alle Konkurrenten des spanischen Profifussballs innerhalb einer zwei- bis dreistündigen Flugreise bewältigen. Dies setzt allerdings voraus, dass es keine Spieler oder Fans mit Flugangst gibt. Für diesen speziellen, aber nicht unüblichen Ausnahmefall, gibts einmal pro Woche eine Fährverbindung. Aus dem andalusischen Cádiz gehts in zügigen 41,5 Stunden direkt in die Inselhauptstadt Santa Cruz de Tenerife!

Nach Anpfiff der Partie durch Schiedsrichter Sagues Oscoz übernahmen die Gastgeber vor 10.178 Zuschauern direkt das Kommando und gingen nach einer Viertelstunde durch einen schönen Fernschuss des Franzosen Mellot in Führung. Die hätte bis zur Halbzeit sicher höher ausfallen können, wenn der technisch starke Anglo-Venezolaner Samuel Shashoua in seiner Rolle als Spielmacher auch einmal den letzten Pass an seinen Mitspieler gebracht hätte.

So kamen die Gäste aus Girona direkt nach der Halbzeit durch ein „Schuss vom Sechzehner in den Knick“ zum Ausgleich….Alex Baena war dafür verantwortlich (46.). Nun war es trotz einer weiterhin bestehenden optischen Überlegenheit der „Tinerfenos“ lange Zeit ein ausgeglichenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. In der 80. Minute nutzte der 35jährige Routinier Enric Gallego etwas zuviel Platz im Strafraum und schloss eine flache Hereingabe aus 10 Metern eiskalt zum vielumjubelten 2:1 (1:0)-Siegtreffer ab.

Mit dem Sieg schoben sich die Kanaren auf den dritten Tabellenplatz und dürfen vom Wiederaufstieg ins spanische Fußball-Oberhaus träumen. Der Gast aus Girona bleibt im grauen Mittelfeld der Tabelle, fernab von Ruhm, aber auch weit weg vom Abstiegskampf.

Obwohl die blau-weißen Tinerfeños insgesamt nur 13 Erstliga-Spielzeiten vorweisen können, verfügten sie immer über wirklich erstklassige Trainer und Spieler. Vermutlich lag dies am Lifestyle der Insel, das Akteure wie Jupp Heynckes, Rafael Benitez, Javier Clemente aber auch Robert Enke, Fernando Redondo und Roy Makaay nach Teneriffa lockte. Schließlich bietet die grösste Insel der Kanaren eine atemberaubende Mixtur aus maritimer Urlaubsfreude und alpiner Abenteuerlust an.

Das war Teneriffa im Jahr 2021…eine Reise in zwei Teilen, die viele tolle Urlaubsmomente bescherte, ein wirklich interessantes Stadion offerierte und in Sachen „Pannen“-Anreise mit dem Auslösen der Notrutsche, fehlenden Fluggast-Treppen und verspäteten Transferbussen in jedem Fall erinnerungswürdig bleibt.

Stay Tuned…bleibt auf Empfang!