Das Prädikat „Very British“ beschreibt die vielen Eigenarten und Regeln, mit welchen man als Festland-Europäer auf der Insel konfrontiert wird. Neben den bereits bekannten Themenkomplexen wie der fast schon zeremoniell gepflegten Form der Höflichkeit findet man die grössten Unterschiede zum gegenüberliegenden Kontinent sicherlich im abendlichen Ausgehverhalten, dem disziplinierten „Schlangestehen“ oder dem genialen schwarzen Humor…wenn man ihn denn versteht!

Auch das durchschnittliche „Hospitality“-Programm eines britischen Fußballclubs unterscheidet sich deutlich von seinem kontinentalen Pendant…interessanterweise mit einem äußerst stilvollen Angebot, das aufgrund des vergleichsweise ausgelassenen und oft zügellosen britischen Nachtlebens so nicht unbedingt zu erwarten war.

Der grösste Unterschied zu einem deutschen VIP-Raum der 1. und 2. Bundesliga besteht in der Art und Weise des Ausschanks von alkoholischen Getränken. Da man in Deutschland nach Zahlung eines dreistelligen Geldbetrages möglichst viel Gegenwert für seinen Eintrittspreis erhalten will, muss das inkludierte und nicht limitierte „All-you-can-drink“-Angebot möglichst voll ausgenutzt werden. Dies hat den signifikanten Nachteil, dass man pünktlich zum Anstoß entweder ständig auf die Toilette muss oder irrigerweise beim Tor des verhassten Gegners jubelt, da man keinen der 22 Spieler auf dem Platz mehr erkennen kann.

Auch in englischen VIP-Räumen gibt es selbstverständlich eine Bar mit hervorragender Auswahl von alkoholischen Getränken. Die ist aber zumeist nicht im Eintrittspreis inkludiert und muss bei jedem Drink selbstständig bezahlt werden. Das System hat den Vorteil, dass man über den Tag weitaus bewusster trinkt und sich dem angebotenen „Entertainment“ widmen kann. Hierbei handelt es sich in erster Linie um die launigen Interviews von verdienten ehemaligen Spielern des heimischen Clubs, die gleich auch noch mit einer taktischen Analyse des bevorstehenden Spiels um die Ecke kommen. Zudem sind die englischen Veranstaltungen auf das Kennenlernen und die Konversation ausgelegt. An gemischten Tischen, an denen oft bis zu 12 Personen Platz finden, lernt man beim hervorragenden vier Gänge-Menü immer neue Menschen kennen und kommt unkompliziert ins Gespräch. Da der Preis allerdings oft sogar noch etwas höher als in Deutschland liegt, könnte man auf die Idee kommen, das dann doch irgendwas fehlt.

Deshalb war das Hospitality-Angebot des englischen Zweitligisten Bristol City FC anlässlich des FA Cup-Heimspiels gegen Ligakonkurrent Swansea City meines Erachtens ein echter Schnapper. Dies lag an der frühen Anstoßzeit von 12.30 Uhr, die offensichtlich auch in England eher unbeliebt ist und letztlich alle passionierten Biertrinker ärgert, die morgens um 10 Uhr nicht zwingend Lust auf die ein oder andere Hefekaltschale besitzen. Obwohl die Bar selbstverständlich auch geöffnet war, bot der Club an diesem Morgen ein wirklich leckeres All-you-can-eat-Brunch-Buffet an! Und das inklusive Kaffee, Tee, Kakao und einem gepolsterten Sitzplatz auf der Haupttribüne für einen Gesamtpreis von umgerechnet 70 Euro.

Leider war das Spiel nach Anpfiff von FIFA-Schiedsrichter Craig Pawson kein wirklicher Leckerbissen. Beiden Teams konnte man vor 12.145 Zuschauern im wirklich schicken Stadion „Ashton Gate“ ansehen, dass sie in der Liga so ihre Probleme haben. Während der ehemalige Premier League-Club aus Swansea noch recht entspannt im Nirgendwo der Tabelle steht, müssen die Gastgeber aus Englands viertgrösster Stadt aufpassen, dass sie in naher Zukunft nicht unter dem Strich landen.

Deshalb war es überhaupt nicht verwunderlich, dass die Gäste mit Hilfe von Bristols Innenverteidiger Atkinson völlig überraschend in Führung gingen. Der Abwehrspieler mit der Nummer 5 auf dem Rücken spielte völlig freistehend einen haarsträubenden Fehlpass zurück in den eigenen Strafraum, wo dummerweise nur zwei Gegenspieler warteten. Die sagten „Thank You“ und vollendeten in Person des Niederländers Joel Piroe zur Gästeführung (15.). Übrigens das einzige Highlight in der ersten Hälfte.

In der zweiten Halbzeit kam auch Dank der Auswechselungen etwas mehr von den „Robins“, die das Spiel nun voll im Griff hatten, aber auch nur zwei bis drei gute Chancen kreieren konnten. Wenigstens fiel noch der Ausgleich durch Semenyo, der mit seinem Kopfball das 1:1-Unentschieden klar machte (75.).

Somit kommt es am kommenden Dienstag zum Wiederholungsspiel zwischen den englischen Rotkehlchen aus Bristol und den walisischen Schwänen aus Swansea. Diesmal im nur 100 Kilometer entfernten Swansea. Während die Fans aus England wieder das langgezogene „Engeland, Engeland“ intonieren werden, könnten die walisischen Fans in diesem „internationalen Vergleich“ mit dem Lied „Football is coming home“ erneut an das bittere Ausscheiden der englischen Nationalmannschaft bei der WM in Katar erinnern.

Selbstverständlich gibt es wie gewohnt auch wieder bewegte Story-Bilder und handelsübliche Fotos in meinem Instagram-Account! Schaut mal rein und lasst gerne ein „Like“ da!

STAY TUNED…bleibt am Ball!