Ein ganzes Jahr in der UEFA Europa League…von Litauen bis Frankreich…meine ganz persönliche „Road to Lyon“ war spätestens mit dem Finalspiel in der Hauptstadt der Region Rhone-Alpes unwiderruflich vorbei.
Plötzlich musste man seine eingeübten Verhaltensmuster von einem auf den anderen Tag einstellen. Keine neue Auslosung, keine hastige Suche nach günstigen Flügen und auch keine Emails an die Ticket-Manager der jeweiligen Vereine mehr…da fällt man tatsächlich in ein ganz großes mentales Loch! Was sich ein wenig wie eine Sucht anhört, gehörte ein Jahr lang zu meinem Leben dazu…“Welches Spiel ist jetzt machbar und wie komme ich dahin?“ war über 365 Tage die Frage der Fragen eines europäischen Fußballreisenden! Ich konnte gar nicht glauben, dass diese Frage nun wieder in der 2. Reihe verschwinden sollte!
Deshalb war es ganz wichtig, dass ich sanft und stufenweise von der UEFA Europa League entwöhnt werde…eine mit Sicherheit nicht ganz einfache Aufgabe.
Zunächst machte ich einfach mal so weiter, als ob überhaupt nichts passiert sei. Schließlich stand nur einen Monat nach dem Finale von Lyon die Qualifikation zur Gruppenphase 2018/2019 auf dem Tableau…ein Wettbewerb im Wettbewerb, der mir schon auf der „Road to Lyon“ ganz besonders am Herzen lag, da man zumeist Vereine sieht, die in Europa nicht die allererste Geige spielen! Gerade in der (Vor-) Qualifikationsphase kommen die Länder, Städte und Vereine ins Spiel, welche in der großen und durchgestylten Fußballwelt keine sonderlich guten Chancen auf eine Teilnahme an der Gruppenphase besitzen, trotzdem aber stolz auf die Teilnahme am Wettbewerb sind und das auch durchaus leben! Hier schlägt das Herz des Fußballs; authentisch, ehrlich und bodenständig!
Auch in dieser Saison waren die Reiseziele mit Clubs wie NSI Runavik (Färöer Inseln), Nõmme Kalju FC (Estland) oder Cliftonville FC (Nordirland) breit gefächert, da musste ich auf jeden Fall ein weiteres Mal dabei sein…Entwöhnungskur hin oder her!
Zugegeben, natürlich passte das auch ganz gut in mein Konzept. Anlässlich meiner Reise zum erstmalig ausgetragenen „Vorrunden-Turnier“ der UEFA Champions League in Gibraltar wurde dort auch die Vorrunde zur Qualifikation der UEFA Europa League ausgespielt. Übrigens auch zum ersten Mal…zwar nicht in Turnierform, aber natürlich mit einem teilnehmenden Club aus dem britischen Überseegebiet!
Im Vergleich zur Königsklasse, wo die Meister der vier kleinsten UEFA-Länder (Gibraltar, Kosovo, Andorra und San Marino) in einem geschlossenen Turnier aufeinander trafen, nahmen in der Vorrunde zur Qualifikation der UEFA Europa League jeweils zwei Teams aus Gibraltar, Malta, Andorra, San Marino, Wales, den Färöer Inseln und ein Team aus dem Kosovo und Litauen am Wettbewerb teil (im Hin- und Rückspiel-Modus).
In dieser Vorrunde trafen in Gibraltar mit Europa FC und dem FC Pristhina die zwei amtierenden Pokalsieger ihrer Länder aufeinander. Das Spiel fand natürlich einmal mehr in meinem absolut lieb gewonnenen Victoria Stadium statt, dem einzigen Stadion des kleinen Stadtstaates! Dort wollte die Europa-Mannschaft von Trainer Juan José Gallardo den ersten Teil des Ländervergleiches zwischen Gibraltar und dem Kosovo unbedingt für sich entscheiden!
Nach Anpfiff des portugiesischen Schiedsrichters João Capela entwickelte sich zunächst ein recht zähes Spiel, welches durchaus mit dem Genuss eines zwei Tage alten Milchbrötchens bei trockenem Mund vergleichbar ist!
Trotz einer optischen Überlegenheit der Gastgeber, die ihren Königstransfer Liam Walker (Nationalspieler Gibraltars, verpflichtet vom englischen Viertligisten Notts County Football Club) aufboten, sollte bis kurz vor der Halbzeitpause nicht viel passieren!
Nach einem Foulspiel an Stürmer Enrique Carreno in der Box verwandelte dieser trotz der „alten Regel“ mit dem Gefoulten, der nie selbst schießen soll, recht sicher vom Punkt aus elf Metern (45.+1)! Wer diesen Namen noch nie gehört hat, kennt sich in den Kadern der zweiten Mannschaften von Real Saragossa und dem FC Sevilla wohl nicht sonderlich gut aus! Mein besonderer Dank gilt hier dem Portal Transfermarkt.de!
Diese Führung sollte in der Folge nicht allzu lange halten, nach Wiederanpfiff gelang Meriton Korenica mit einem sehenswerten Freistoß in den rechten Winkel der etwas überraschende Ausgleich für den kosovarischen Hauptstadtclub (50.)!
Dabei blieb es vor gut 500 Zuschauern, bekanntlich entscheidet sich das Weiterkommen in zwei Spielen! An dieses Rückspiel möchten die Jungs vom Affenfelsen vermutlich nicht allzu gerne erinnert werden…eine deftige 0:5-Pleite bedeutete das Ende der gerade begonnenen Europa-Reise des Europa FC! Die Mannschaft des FC Pristhina traf in der 1. Qualifikationsrunde auf CS Fola Esch aus Luxemburg…nach zwei torlosen Begegnungen musste das Elfmeterschießen entscheiden…hier hieß es für die Kosovaren mit 4:5 „Danke und Auf Wiedersehen“.
In der 1. Hauptrunde der Qualifikation zur Gruppenphase der UEFA Europa League 2018/2019 war eine Planung aufgrund der Sommerferien, der überdurchschnittlich hohen Flugpreise und der teilweise schwierigen Anreise mancher skurrilen Spielorte recht kompliziert!
Letztlich entschied ich mich für ein Spiel in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, wo der amtierende Pokalsieger des Balkanlandes, PFC Slavia Sofia, auf den finnischen Kontrahenten Tampereen Ilves Jalkapallo traf! Zudem war aufgrund des 1:0-Auswärtssieges der Bulgaren im Hinspiel noch Spannung angesagt!
Natürlich war das anstehende Match keine Partie von absoluten Fußballzwergen, auch wenn der einst hochklassige bulgarische Fußball gerade in der Hauptstadt ein Schattendasein fristet und nur noch von seiner guten Vergangenheit bzw. seinem großen Namen lebt. Irgendwie bezeichnend, dass der aktuell beste Club des Landes aufgrund seiner Finanzkraft ein Retortenclub aus dem kleinen Provinzort Rasgrad ist!
Wie alle bulgarischen Vereine im Europapokal musste auch der PFC Slavia sein heimisches Wohnzimmer außerhalb der Innenstadt verlassen und aus Sicherheitsgründen ins Vassil-Levski-National-Stadion umziehen! Für den Club vermutlich keine Wunschlösung, da der Umzug in eine knapp 44.000-Zuschauer fassende Arena bei einem eigenen Schnitt von 1200 Besuchern ein Stimmungskiller sein könnte!
Rückblickend muss hier nun die Betonung auf „könnte“ liegen. Obwohl es sich bei dem Nationalstadion Bulgariens um eine renovierungsbedürftige und recht unpersönliche „Schüssel“ alter Bauart handelt, war eine stimmgewaltige Unterstützung der knapp 2000 Heimfans festzustellen!
Die waren spätestens so richtig aus dem Häuschen, als Galin Ivanov völlig freistehend aus 13 Metern die Führung gegen bis dato völlig harmlose Finnen besorgte (36.). Den Spieler mit der Rückennummer 33 dürften eingefleischte Fans des DSC Arminia Bielefeld aus der Saison 2011 noch kennen, auch wenn er bei 8 Spielen und einer Vorlage nur kleine Spuren hinterlassen haben dürfte! Offensichtlich war der finnische Coach Jarkko Wiss meiner Meinung und rüttelte seine Truppe in der Halbzeitpause wach! Obwohl man nach Wiederanpfiff des serbischen Schiedsrichters Nenad Djokic etwas zielgerichteter agierte, waren Chancen weiterhin Mangelware! Deshalb möchte ich den Ausgleich durch den Kameruner Noubissi nach einer schönen Kombination als völlig überraschend deklarieren (55.). Jetzt waren die Finnen urplötzlich wieder im Spiel und nur ein Tor vom Weiterkommen entfernt. Zumindest für eine Minute, denn da nutzte erneut Ivanov eine Ilves-Unachtsamkeit zur 2:1-Führung des PFC Slavia! Dabei sollte es bleiben, ein absolut verdienter Sieg des bulgarischen Cup-Gewinners, der zum Ende des Spiels einige gute Chancen liegen ließ! Insgesamt eine spielstarke Mannschaft mit gefährlichen Offensivakteuren, aber auch gelegentlichen Leichtsinnsfehlern im Mittelfeld!
Für den PFC Slavia ging es mit seinem 42jährigen Torhüter-Urgestein Georgi Petkov in der 2. Runde der Qualifikation weiter. Gegner war der kroatische Traditionsclub HNK Hajduk Split, welcher eine Nummer zu groß war und das Duell mit zwei Siegen für sich entschied!
Für den Club Tampereen Ilves Jalkapallo (übersetzt Luchs von Tampere -Fußball-), welcher auch eine erstklassige Eishockey-Abteilung besitzt, ging es mit den mitgereisten 30 Fans zurück in die 2900 km entfernte finnische Großstadt! Dort stand sofort wieder die einheimische Veikkausliiga auf dem Programm, welche im Kalenderjahr spielt!
Insgesamt war es ein netter Besuch der bulgarischen Hauptstadt, welche sehr jung und lebendig erscheint. Auch aus der Sicht eines Fußballfans hat das richtig Spaß gemacht! Wo sonst kann man Europapokal in einem richtig alten Stadion mit viel Charme erleben? Dazu mit einem Eintritttspreis von 5 Euro noch mehr als günstig! Auch wenn ich viel Überzeugungskraft anlegen musste, um das Sicherheitspersonal davon zu überzeugen, dass ich kein Finne bin und auf die Haupttribüne möchte!
Die 2. Runde der Qualifikation zur UEFA Europa League 2018/2019 fiel in die Geschmacksrichtung „very British“ mit einem gewaltigen Schuss „Espana“! Wer jetzt auf einen Vergleich zwischen der englischen Premier League und der spanischen LaLiga gehofft hatte, den musste ich direkt enttäuschen!
Auf dem Meisterweg des Vorrunden-Wettbewerbs traf der walisische Meister The New Saints of Oswestry Town Football Club, in Fachkreisen auch kurz TNS genannt, auf den Meister aus dem britischen Überseegebiet Gibraltar! Hierbei handelte es sich um die „roten Kobolde“ vom Lincoln Red Imps Football Club, welchen ich bereits beim thematisierten UEFA Champions League-Turnier unter die Lupe nehmen durfte! Für mich ein besonderes Spiel, da ich auf Einladung von Imps-Spieler Lee Casciaro anreiste, den ich bei dem CL-Turnier am Affenfelsen kennenlernen durfte…als absoluter Fan des Gibraltar-Fußballs war zudem klar, wem ich in diesem Spiel die Daumen drücken würde!
Obwohl beide Teams ihre Spiele in der Vorrunde bzw. 1. Qualifikationsrunde zur UEFA Champions League verloren (TNS gegen den mazedonischen Meister KF Shkëndija mit den skurrilen Resultaten 0:5 und 4:0), erhielten sie im kleineren europäischen Wettbewerb eine zweite Chance!
Diese 2. Chance nennt sich Meisterweg und führt die ausgeschiedenen Landesmeister in der nächsten Qualifikationsrunde nach Ausscheiden in den Duellen wieder zusammen! Ein insgesamt gerechter neuer Spielmodus, der gerade den „kleinen“ Mannschaften weitere Spiele auf internationaler Bühne garantiert!
Der Club aus dem englischen Städtchen Oswestry, direkt an der Grenze zu Wales gelegen, nimmt aufgrund einer Fusion zwischen dem walisischen Verein Llansantffraid FC und Oswestry Town am walisischen Ligasystem teil, welches bestenfalls semi-professionell betrieben wird! Im Bereich der UEFA sicher ein Novum, welches aber auch so vermutlich nur auf der britischen Insel möglich ist! Aufgrund des damaligen Sponsors „Total Network Solutions“ nutzte man bei der Namensfindung für den Fusionsclub einfach die Anfangsbuchstaben des Sponsors und gründete die TNS, die neuen Heiligen! Auch mal ne Idee!
Nach einem recht schmackhaften Lunch im einzigen Wetherspoons-Pub des sehr beschaulich wirkenden 20.000-Einwohner-Städtchens Oswestry ging es zum etwas außerhalb der Stadt gelegenen Stadion „Park Hall“.
Nun gut, das Stadion an der Burma Road liegt sehr idyllisch im Grünen und ist so etwas wie das Sport- und Kulturzentrum der Stadt. Es ist fußläufig nur unter erhöhtem Aufwand aus der City erreichbar und besteht neben dem Kunstrasenplatz, zwei kleineren Tribünen, einer Art Hochsitz für Fernsehkameras zum größten Teil aus dem Multifunktionsgebäude „The Venue“! Das Fassungsvermögen soll bei 2.000 Zuschauern liegen, irgendwie schwer zu glauben.
Wie es der Name „Der Tagungsort“ schon vermuten lässt, finden hier neben den Fußballveranstaltungen noch Hochzeiten, Kongresse, Firmenmeetings und Partys statt. Im Inneren gab es sogar ein Kinderspielplatz sowie eine Bowlingbahn! Während des Spiels geht es für die VIP-Gäste wahlweise auf die kleine Tribüne oder den Balkon der „Venue“, wo man das Spiel in entspannter Atmosphäre stehend genießen kann. Zusammengefasst war das einer der skurrilsten Spielorte, die ich jemals für ein Europapokalspiel besucht habe, gleichzeitig aber auch einer der Besten, da man hautnah dran war und alles sehr gut organisiert war!
Das Spiel zwischen den Saints und den Imps unter der Leitung des isländischen Schiedsrichters Thorvaldur Arnason war vor gut 1.100 Zuschauern eine interessante Partie! Auf der einen Seite die physisch sehr starken Briten, die hauptsächlich mit langen Bällen und viel Wucht agierten, auf der anderen Seite ein Team, welches geografiebedingt viele spanische Spieler in der ersten Elf aufbot und eher die feine Klinge bevorzugte.
Nach der frühen Saints-Führung des kantigen irischen Stürmers Dean Ebbe (7.) konnte Imps-Außenverteidiger Joseph Chipolina nach einer halben Stunde ausgleichen. Hier nickte der gibraltarische Nationalspieler einen angeschnittenen Freistoß des sehr agilen Diego Gamiz ein. Obwohl die Saints im ersten Abschnitt noch 2-3 richtig gute Chancen besaßen, ging es unentschieden in die Kabine. Dies war aus Imps-Sicht dem sehr guten Keeper Lolo Soler zu verdanken, der seine Mannschaft mehrfach vor dem Rückstand bewahrte!
In der 2. Halbzeit war es dann lange Zeit ein ausgeglichenes Spiel mit Torchancen auf beiden Seiten. Zumindest bis zu dem Punkt, bei dem der Tank der Red Imps immer leerer wurde. Gerade in den letzten Minuten wirkte man richtig müde und kassierte durch den 1,96 m-Mann Blaine Hudson den entscheidenden Treffer zum 1:2 (83.)!
Im Rückspiel von Gibraltar führten die Imps übrigens lange Zeit mit 1:0…die dritte Qualifikationsrunde war greifbar. Zu diesem Zeitpunkt weilte ich auf der Cranger Kirmes und aktualisierte ständig den Live-Ticker. Beim entscheidenden Ausgleich der TNS kurz vor Abpfiff war ich richtig enttäuscht. Was hatte ich mich auf eine dritte Runde mit den Imps gefreut.
Sollte aus Sicht der Red Imps aber leider nicht sein…ich benötigte schnell ein neues Ziel für Runde 3.
Ein Europapokalspiel im Rotterdamer Stadion Feyenoord gehört mit absoluter Sicherheit in das Sammelalbum eines jeden Fußballreisenden. Das im Volksmund „De Kuip“ genannte Stadion wurde im Jahr 1937 erbaut und hält bis zum heutigen Tag den Rekord für dort ausgetragene Europapokal-Endspiele (neun Finalspiele bis zur Einführung der UEFA Champions League). Dazu ist die Anreise aus dem Westen Deutschlands recht schnell und effizient zu leisten, also einfach mal ohne „Boarding completed“ ins Auto steigen und „lokal“ zu unseren Nachbarn in die Niederlande reisen!
Nach der Ankunft am Stadion mit dem übersetzten deutschen Namen „Die Wanne“ bestätigten sich meine Erwartungen. Die über 80 Jahre alte Arena mit einem Fassungsvermögen von 51.000 Zuschauern bietet im Zusammenspiel mit den sehr speziellen Feyenoord-Fans eine Vielzahl von interessanten bzw. einzigartigen Details in Bezug auf Fankultur und Stadion-Infrastruktur!
Bereits bei Ankunft an der nahe gelegenen Straßenbahn-Haltestelle sollte es einen ersten Vorgeschmack auf die im Stadion angesagte Musikrichtung geben. Zappelnde Menschen bei einem Musiktempo von mehr als 70 „Beats per Minute“ können nur eines bedeuten: „Techno“! Wie in fast allen niederländischen Stadien gab es auch in „De Kuip“ ordentlich was auf die Ohren, schließlich könnte man Rotterdam durchaus als „Home of Hardcore Vibes“ durchgehen lassen! Auch wenn man nicht der größte Fan dieser Musikart ist, für Stimmung und Anspannung ist Techno eine gute Wahl!
Da die Feyenoord-Supporter aber leider auch für ihre zuweilen ausufernde Fangewalt bekannt sind, gibts im Gästebereich etwas sehr innovatives! Um Ausschreitungen und Schlägereien im Umfeld des Stadions zu verhindern, wurde für die Fans auswärtiger Mannschaften nach Ankunft am S-Bahn-Bahnhof ein oberirdischer Tunnel gebaut. Hier gehts ohne jegliche Kontaktaufnahmen mit dem Gegner direkt in den abgeschotteten Gästebereich.
Im Inneren des Stadions erstaunte mich die ungewöhnliche Bauweise und Anordnung der Tribünen. Der Unterrang der Haupttribüne wurde offensichtlich irgendwann nachträglich mittels Stahlkonstruktion eingebaut. Da diese Konstruktion sehr ebenerdig verläuft, stehen alle Fans während des Spiels! Zudem habe ich einen gut 10 Meter hohen Fangzaun vor einer Haupttribüne mit Presse und VIP‘s so noch nie gesehen. Ein Hinweis darauf, dass die Stimmung oft hochkocht?!
Bevor ich jetzt zum Spielbericht komme, möchte ich ein Mysterium auflösen, welches in Deutschland von den großen Telekommunikations-Unternehmen weiterhin aufrecht erhalten und gepflegt wird! Jeder von Euch hat sich bei Großveranstaltungen wie Bochum Total oder einem Fußballspiel mit bis zu 80.000 Zuschauern sicherlich schon einmal gefragt, ob man für die teuren Mobilfunkpreise nicht einen besseren, oder überhaupt einen, Empfang verdient hätte. Trotz aller Beteuerungen, das deutsche Netz weiterhin zu verbessern, passiert überhaupt gar nichts! Ganz anders bei unserem „kleinen“ Nachbarn! 31.500 Zuschauer und ultra-schneller LTE-Empfang! Besser gehts nicht!
Die Spielpaarung Feyenoord Rotterdam gegen den slowakischen Vertreter AS Trenčín war in der 3. Qualifikationsrunde vom Papier sicher nicht die Partie, welche die Massen elektrisieren sollte! Aus Sicht der erfolgshungrigen Feyenoord-Fans mit Sicherheit nur eine Durchgangsstation auf dem Weg in die Gruppenphase! Deshalb dürfte es gerade für eifrige Sportwetten-Könige umso erstaunlicher gewesen sein, dass die Mannschaft aus Trencin ihr Heim- und Hinspiel glatt mit 4:0 gewann und mit etwas mehr als einem Bein in den Playoffs stand!
Trotz dieser Rotterdamer „Mission Impossible“ wirkten Fans und Mannschaft vor Anpfiff des dänischen Referees Jakob Kehlet äußerst fokussiert, enthusiastisch und bereit für ein Europapokalwunder! Dies konnte die Mannschaft von Trainer van Bronckhorst dann auch auf dem Platz umsetzen! Ein bedingungsloser Sturmlauf von der ersten Minute an… nach vorne gepeitscht von den Fans! Allein 3-4 große Chancen in den ersten fünf Minuten und die frühe Führung nach Kopfball des Brasilianers Botteghin (8.) waren der perfekte Auftakt für das Wunder!
„De Kuip“ stand Kopf, zumindest für knapp 40 Sekunden! Da gab es direkt die nasskalte Dusche in Form des Trencin-Ausgleichs durch den Kroaten Antonio Mance! Jetzt brauchte die Truppe von Altmeister Robin van Persie insgesamt 5 Tore! Obwohl sich das alles aussichtslos anfühlte, möglich war es. Es gab weiterhin Chance um Chance, eine klare Feyenoord-Führung hätte es zur Pause und spätestens bei Abpfiff sein müssen! Dass es am Ende trotz einer Torschußbilanz von 24:6 beim 1:1 nach Toren blieb, hatte mehrere Faktoren! Der Fußballgott war einfach kein Feyenoord-Fan an diesem Tag! Eine Mischung aus unfassbarem Pech, Unfähigkeit, fehlender Kaltschnäuzigkeit, einer aufopfernd kämpfenden Mannschaft aus Trencin und dem überragenden AS-Schlussmann Semrinec brachten den slowakischen Tabellen-7. der Fortuna Liga in die Playoffs zur Gruppenphase! Dies wurde mit den mitgereisten 200 Fans gebührend gefeiert!
Es war jedenfalls ein wirklich mitreißendes Spiel mit unzähligen Torchancen und der Erkenntnis, dass der Grat zwischen Europapokal-Sensation und am Ende klanglosen Ausscheiden sehr schmal ist! Da entscheiden wirklich Nuancen!
Für die slowakische Mannschaft des niederländischen Trainers Ricardo Moniz (früher HSV und Ferencvárosi Torna Club) gings in den Playoffs gegen den zyprischen Club AEK Larnaka um die prestigeträchtige Gruppenphase! Aus slowakischer Sicht konnte man seine gute Form aber nicht halten und unterlag in der Addition mit 1:4.
In der Play-Off-Runde, der letzten Hürde vor der Gruppenphase, sollte die Reise nach England gehen…ist bei mir Tradition und fühlt sich nach „Hause kommen“ an! Nach der Landung auf dem Flughafen Manchester gab es zunächst einmal ein umfangreiches „Stadionhopping“ bei Clubs aus dem Nordwesten Englands! Die Besuche bei den Bolton Wanderers, dem Preston North End Football Club, Wigan Athletic, dem Blackpool FC und den Blackburn Rovers kosteten rückblickend dann doch viel Zeit…aufgrund eines Staus auf der Autobahn M65 wurde es noch einmal richtig knapp, pünktlich zum Spielort Burnley zu kommen!
In der Play-Off-Runde traf der englische Premier League-Club Burnley Football Club auf den griechischen Rekordmeister Olympiacos FC aus der Hafenstadt Piräus.
Die allgemeine Stimmungslage konnte bei beiden Teams nicht unterschiedlicher sein. Obwohl die englischen Teams jeden europäischen Wettbewerb unterhalb der UEFA Champions League als untragbare Belastung empfinden und nie ganz traurig über ein frühes Ausscheiden sind, hatte man in Burnley nach eigenem Bekunden mal so richtig Lust auf den Europapokal. Schließlich hat man in der vergangenen Saison als sensationeller Siebter in der Abschlusstabelle davon profitiert, dass die Pokalwettbewerbe (The Emirates FA Cup und Carabao Cup) durch zwei besser platzierte Teams gewonnen wurden. So durfte das Team von Trainer Sean Dyche das erste Mal seit der Saison 1966/1967 wieder eine Visitenkarte in Europa abgeben!
Ganz anders war die Stimmung beim griechischen Gegner aus dem Großraum Athen! Der erfolgsverwöhnte Rekordmeister Griechenlands (44 Titel) dominierte in den letzten Jahren die einheimische Super-League (Meister 2014, 2015, 2016, 2017). In der vergangenen Saison wurde man allerdings nur Dritter und musste dem Rivalen AEK FC den Meistertitel bzw. die Qualifikation zur Königsklasse überlassen. Die Teilnahme an der UEFA Europa League stellt für den allgegenwärtigen Clubchef und Multimillionär Evangelos Marinakis eine Schande bzw. Demütigung dar! Er kündigte zum Ende der vergangenen Saison eine völlig neue Mannschaft an!
Im Rückspiel der Play-Offs musste Burnley im Heimspiel eine 1:3-Hinspiel-Niederlage umbiegen. Zumindest dann, wenn man in die Gruppenphase wollte! Sollte doch wohl klappen, Auswärtstor geschossen und auf dem Papier klar stärker!
Nach dem Anpfiff des ungarischen Schiedsrichters Viktor Kassai zeigten die Clarets vor 15.234 Zuschauern sofort Willen und Entschlossenheit! Wie fast jede englische Mannschaft war Burnley körperlich sehr präsent und ging voll drauf. Aus englischer Sicht muss man aber auch leider festhalten, dass man sich gute Chancen fast nur nach Standards erarbeitete und wenig spielerische Klasse zeigte! Dazu gab es immer wieder technische Unzulänglichkeiten, die es nahezu unmöglich machten, einmal schnell hinter die Olympiacos-Defensive zu kommen!
Wenn es dann mal für die Griechen gefährlich wurde, hatten sie mit Keeper Gianniotis einen sicheren Rückhalt!
Deshalb wurde es mit zunehmender Spielzeit immer wilder und unkonzentrierter. Ich befürchte mit Kick & Rush kommt man gegen eine starke Abwehr trotz aller körperlichen Präsenz nicht besonders weit!
Spätestens als der Portugiese Daniel Podence einen Olympiacos-Konter sehenswert zur Gästeführung nutzte, war der englische Drops gelutscht (83.). Daniel Podence? Bei diesem Namen musste ich schmunzeln. Der portugiesische Nationalspieler trat in der letzten Saison nach einer Hooligan-Attacke bei seinem Ex-Club Sporting Clube de Portugal mit weiteren Kollegen in einen Streik und kündigte den gut dotierten Vertrag! Aufgrund dieser Handlung wurden die Spieler vom ehemaligen Präsidenten Bruno de Carvalho mehr oder minder aus dem Verein geworfen! Schadete am Ende des Tages keinem der Spieler, sie fanden allesamt ein neues Team. Aber musste es bei Podence Olympiacos sein? Das kommt man ja vom Regen in die Traufe!
Für Burnley war der Abend durch, auch wenn man nach einer Ecke noch ausgleichen konnte. Der Tscheche Vydra stocherte den Ball nach einer Ecke ins Tor (86.)! Sollte die 200 mitgereisten Fans aus Griechenland nicht mehr groß stören, sie feierten nach Schlusspfiff ausgelassen mit ihrem Team!
Abschließend ein paar Worte zum Burnley Football Club, der Grafschaft Lancashire und dem Stadion Turf Moor: Ein wirklich gut geführter Verein mit vielen jungen einheimischen Spielern! Dazu eine Gegend, die mich teilweise an Bayern erinnert hat. Landschaftlich sehr schön und einen Besuch wert! Das Stadion war einfach nur überragend, mit Sicherheit eines der besten und traditionellsten Stadien in England! Wo findet man heute noch ausklappbare Holzsitze?
Das war die Qualifikation der UEFA Europa League im Jahr 2018. Für mich heisst es weiterhin „Donnerstag ist Europa League-Tag“…ab sofort vielleicht nicht mehr wöchentlich, aber auf jeden Fall regelmäßig. Auch wenn es keine neue „Road to Baku“ geben wird, werde ich hin und wieder bei meinem „Baby“ vorbeischauen…dafür übt dieser Wettbewerb bei mir eine zu hohe Anziehungskraft aus.
Zum Ende meines Blogs gibts heute ein Zitat des deutschen Dichters Friedrich Schiller…“Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“! Dieser Leitspruch prangte in deutscher Sprache am Levski-Stadion von Sofia und passt genau auf mich!
Danke fürs Lesen…STAY TUNED!