Bekanntermaßen ist man als Fan des VfL Bochum 1848 zumeist nicht auf der Sonnenseite unserer Fußballgalaxie unterwegs. Die eigentlich nicht vorhandenen Ansprüche wurden im Jahr 2010 nochmals nach unten korrigiert, als der Verein einmal mehr sang- und klanglos in die 2. Fußball-Bundesliga abstieg. Es folgten mit Ausnahme des knapp verpassten sofortigen Wiederaufstiegs sportlich kaum zu ertragende Jahre, in welchen der VfL teilweise nur knapp dem Abstieg in die 3. Liga entkam und so ziemlich jeder Dorfclub mit seinen mitgereisten 12 Fans im Ruhrstadion jubeln durfte. Viele Spieler kamen und gingen, der Zuschauerschnitt stagnierte und die sonst vorhandene Anspannung bei einem Stadionbesuch kam nicht mehr so recht auf. Man fügte sich seinem Schicksal und musste vermehrt dabei zuschauen, wie der angebliche Sympathieverein aus der Nachbarstadt mit seinen gelben Trikots in der Bochumer Innenstadt warb und Bochumer Kinder anlockte. Der VfL war auf dem Weg zu einem zweiten Rot-Weiss Essen.
Nach den beschriebenen mageren Jahren hatte ich diese Saison ein echtes Gefühl des Neuanfangs. Die Truppe spielte zu Beginn der Saison richtig geilen Fußball, gewann die ersten fünf Spiele und war Tabellenführer. Dazu endlich mal wieder eine Mannschaft, die sich diesen Namen verdiente. Alle waren glücklich, man konnte wieder Kinder im VfL-Trikot sehen und der Verein war in der Stadt nach schier endloser Zeit wieder Gesprächsthema Nr. 1! Dazu noch ein Pokal-Viertelfinale gegen den FC Bayern München, Fußballherz was willst du mehr? Nun ja, das ist einfach zu beantworten. Der Aufstieg in die Fußball-Bundesliga ist trotz der mittlerweile unüberschaubaren Anzahl von Plastikclubs weiterhin das erklärte Ziel des Vereines. Dieses Ziel wurde in dieser Saison leider recht früh verpasst, da die Mannschaft in der Rückrunde nicht mehr konstant genug spielte. Das nennt man auf „neufussballdeutsch“ übrigens „nicht griffig“ und „nicht fokussiert“. Für mich persönlich kein Beinbruch, da das „Gesamtergebnis“ mit stark verbesserter Mannschaft und Spielweise im Vordergrund stand.
Aber dann kam das, was eigentlich jeder VfL-Fan fürchtet und sich jedes Jahr wiederholt. Man nimmt keine Euphorie und Aufbruchstimmung mit in die Sommerpause. Die letzten Spiele gibt man einfach emotionslos ab und verhilft somit jedem Konkurrenten zu einem gelungenen Abschluss der Saison.
Exemplarisch hierfür ist das letzte Heimspiel des VfL in der Saison 2015/2016 gegen die Mannschaft von Eintracht Braunschweig. Ein Spiel, in dem es für beide Mannschaften um so gar nichts mehr ging. So hätte man annehmen können, dass beide Mannschaften befreit aufspielen und nochmal Gas geben. Dazu vielleicht ein paar junge frische Talente, die sich endlich beweisen dürfen und fertig ist die Party zum Saisonende.
Leider mutierte diese Veranstaltung am Sonntag zum Leichenschmaus nach der Beerdigung eines nahe stehenden Verwandten. Die von den Fans geforderte Einstellung zum Saisonausklang rief nur die Truppe aus Braunschweig ab. Schneller und frischer Fussball durch die vielen Talente wie Gerrit Holtmann wurde zunächst nur durch die Eintracht geboten. Trotzdem gelang es dem VfL irgendwie das Spiel bis zur Pause zu drehen. Alle waren seltsam zufrieden und dachten nicht mehr im Traum daran, dass es noch ein ganz bitterer Nachmittag werden könnte.
Denn die Mannschaft des VfL spielte urplötzlich wieder unterirdisch und gestattete dem Gast nach teilweise haarsträubenden Abspielfehlern noch zwei Tore zum letztlich verdienten 3:2-Auswärtssieg. Jetzt könnte man sagen, dass kann passieren. Sicherlich richtig, aber nicht so. Keine Emotionen, ein total lustloser Auftritt, dazu ZWEI verschossene Elfmeter und ein Schütze, der aufgrund der Ausführung in der Kreisliga C über Wochen ausgelacht worden wäre. Zu diesem Auftritt passte der „Flitzer“ auf dem Platz, der gefühlte 5 Minuten machen durfte, was er wollte.
So erzeugt man keine Euphorie und keine Aufbruchstimmung. So erzeugt man keine leuchtenden Kinderaugen im Bobbi-Bolzer-Block. So verkauft man nicht mehr Dauerkarten, Mitgliedschaften und Fanartikel. Und so erzeugt man bei den eigenen Fans keine Freude auf den bevorstehenden „Horror“-Trip nach Heidenheim.
Ich hoffe, dass ich mich irre und wünsche der Mannschaft mit den mitgereisten Fans am letzten Spieltag einen Auswärtssieg. So recht glauben kann ich im Moment nicht daran, da die Mannschaft den nötigen Willen größtenteils vermissen lässt.
Aber es gibt auch etwas positives vom letzten Spieltag zu berichten, was aufgrund der desolaten Leistung der Mannschaft ein wenig unterging. Der Auftritt der VfL-Legenden in der Halbzeitpause!!! Sehenswert!!!
Danke an Rein van Duijnhoven, Ata Lameck, Hans Walitza, Peter Peschel, Dariusz Wosz, Hermann Gerland, Uwe Wegmann, Jupp Tenhagen, Marcel Maltritz, Stefan Kuntz, Thomas Stickroth, Lothar Woelk, Martin Kree und Klaus Toppmöller.