Ganz ohne das Thema „Fußball“ funktioniert so ein Hauptstadt-Trip nach Berlin natürlich auch nicht! Schließlich ist die Sehnsucht nach einem „normalen“ Fußball-Leben in der andauernden Corona-Pandemie weiterhin sehr groß.

Das Berliner Olympiastadion mit einem Fassungsvermögen von 76.000 Zuschauern ist ein immer wiederkehrender Schauplatz für große Finalspiele! Während das deutsche Pokalfinale seit 1985 traditionell als Saisonabschluss in Berlin ausgetragen wird, gab es die Endspiele der UEFA Champions League sowie des FIFA Weltmeisterschaft im weiten Rund mit der blauen Laufbahn erst einmal!

In der europäischen Königsklasse krönte sich der FC Barcelona im „Final 2015“ mit einem recht ungefährdeten 3:1 (1:0) gegen den italienischen Champion Juventus! Was den Italienern auf Clubebene in Berlin bislang verwehrt blieb, gelang der „Squadra Azzurra“ neun Jahre zuvor!

Im Finale des „Sommermärchens 2006“ stand es zwischen Italien und Frankreich nach 120 Minuten 1:1-Unentschieden! Im anschließenden Elfmeterschießen versagten dem französischen Stürmer David Trezeguet die Nerven…die Italiener waren Dank des letzten verwandelten Elfmeters von Fabio Grosso zum vierten Mal Weltmeister! Das Finale blieb letztlich in bleibender Erinnerung wegen einer Szene…dem Kopfstoß des französischen Superstars Zinedine Zidane gegen Abwehrspieler Marco Materazzi in der Verlängerung des Spieles. Der anschließende Abgang des Weltstars nach der roten Karte war symbolisch für den späteren Spielausgang. Ich durfte bislang „nur“ vier Live-Spiele im Berliner Olympiastadion verfolgen.

Mein erstes Spiel im Berliner Olympiastadion war gleich das Wichtigste! Mit einem 2:0 (1:0)-Sieg gegen den HSV zog mein VfL Bochum 1848 in das DFB-Pokalfinale 1988 gegen Eintracht Frankfurt ein. Dementsprechend rollte die Bochumer Karawane an diesem wettertechnisch schönen Mai-Wochenende über die Autobahn A2 gen Berlin. Was heutzutage auch mit einem eher untermotorisierten Fahrzeug relativ schnell und unkompliziert zu bewerkstelligen ist, stellte damals noch ein richtiges Abenteuer dar! Schließlich musste man die Transitstrecke durch die damalige Deutsche Demokratische Republik nutzen und hatte zwei richtig knackige Grenzkontrollen vor der Brust, welche in jedem Agentenfilm des Kalten Krieges ihren Platz gefunden hätten. Ich war jedenfalls zarte 14 Jahre alt und an diesem Abend des 28.05.1988 mit voller Zuversicht im Berliner Olympiastadion dabei!

Die Dramaturgie des Spieles besteht letztlich aus den folgenden drei Namen: Uwe Leifeld, Wilfried Heitmann und Lajos Detari. Die Mannschaft von VfL-Trainer Hermann Gerland machte nach Anpfiff von Schiedsrichter Heitmann ein richtig gutes Spiel und ging nach 19 Minuten durch Uwe Leifeld in Führung! Die währte allerdings nur wenige Sekunden, da Schiri Heitmann den Arm hob und auf Abseits entschied! Gut 30 Jahre später wissen wir alle, dass es niemals eine Abseitsstellung war…dafür benötigt man auch bei den „alten“ Fernsehbildern keine kalibrierte Abseitslinie. Für jeden etwas lebensälteren VfL-Fan ist diese Szene eine Art Schlüsselmoment, der für die weitere Entwicklung des Clubs verantwortlich gewesen sein könnte. Statt Pokalsieger und kommendem Europapokal-Teilnehmer war man am Ende nur Finalteilnehmer. Für die bittere Bochumer Niederlage sorgte der ungarische Nationalspieler Lajos Detari, der neun Minuten vor Schluss aus 20 Metern mit einem perfekten Freistoß ins VfL-Tor traf! Dieser Moment fühlte sich auch für einen Teenager wie der Schlag mit einem Hammer auf den Hinterkopf an…die Tränen rollten!

Zum Ende der 1980er-Jahre war die Metropole Berlin für zeitgeschichtlich interessierte Menschen besonders angesagt! Aufgrund der Lockerung des „Eisernen Vorhangs“ durch den russischen Generalsekretär Michail Gorbatschow war in der gesamten Stadt eine Art Aufbruchstimmung deutlich zu spüren. Die dynamische Veränderung des politischen Systems inspirierte offensichtlich auch meine Eltern, die mit dem guten alten Mercedes 190D nur ein Jahr nach dem verlorenen Pokalfinale erneut den recht beschwerlichen Weg durch die Deutsche Demokratische Republik mit ihren „magischen“ Intershops und Mitropa-Raststätten wählten! Nach Ankunft in West-Berlin, einer Menge Sightseeing und der Stippvisite des asbestverseuchten Palastes der Republik gab es für den mittlerweile 15jährigen Henning auch noch ein Fußballspiel im Olympiastadion!

Am ersten Spieltag der Zweitliga-Saison 1989/1990 traf der damals graue Berliner Sport-Club Hertha auf den NRW-Club SC Preußen Münster. Im Spiel mit den ehemaligen Bochumer Spielern Wolfgang Patzke, Michael Jakobs, Dirk Riechmann und Dirk Bremser siegte die Hertha vor nur 10.400 Zuschauern mit 2:0 (0:0) gegen den wackeren Aufsteiger! Da sich die Begeisterung meiner Eltern für die lebendige Stadt Berlin auch nach dem zweiten Besuch hielt, musste man nach der Wiedervereinigung direkt eine erneute Bestandsaufnahme durchführen.

Diesmal war es durchaus eine Win-Win-Situation für beide Seiten, da während unseres Aufenthaltes mein VfL Bochum 1848 bei der Hertha gastierte. Am 23. Spieltag der Bundesliga-Spielzeit 1990/1991 gewann die Mannschaft von der Castroper Straße mit 4:2 (2:1) beim damaligen Aufsteiger aus Berlin!In dieser englischen Woche verloren sich nur gut 7.000 Berliner Zuschauer im weiten Rund des Olympiastadions, welche die Bochumer Tore von Rocco Milde, Jupp Nehl und Uwe Wegmann (2) recht emotionslos hinnahmen. Kein Wunder, zu diesem Zeitpunkt stand der Aufsteiger schon relativ abgeschlagen am Tabellenende und stieg am Saisonende sofort wieder ab!

Mein vorerst letztes Spiel im Berliner Olympiastadion war fester Bestandteil meiner „Road to Lyon“, der Reise durch die Stadien der UEFA Europa League 2017/2018! Am letzten Spieltag der Gruppenphase traf der bereits ausgeschiedene Platzhirsch Hertha BSC in Gruppe J auf die schwedische Überraschungsmannschaft Östersunds FK! Vor stark ausbaufähigen 15.686 Zuschauern trennte man sich an diesem milden Abend in der Vorweihnachtszeit schiedlich friedlich mit 1:1 (0:0)!!

Das eigens für die 11. Olympischen Sommerspiele von 1936 erbaute und 2004 letztmalig renovierte Stadion integriert viele historische Elemente in die modernen Einrichtungen eines zeitgemäßen Stadions. Da man sich zugleich aber auch der nationalsozialistischen Vergangenheit bewusst ist, stellt so eine Stadiontour im Berliner Olympiastadion eine Mischung aus Sportgeschichte und kritischer Aufarbeitung mit der politischen Vergangenheit dar…absolut empfehlenswert!

Den besten Blick auf das Stadion erhält der Besucher übrigens vom Olympia-Glockenturm, welcher innerhalb eines 15-20minütigen Spaziergangs vom Ostportal des Stadions entfernt ist!

STAY TUNED!