Bis zum Jahr 2011 war es nicht sonderlich schwierig, den tschechischen Fußballmeister im Vorfeld zu erraten. In 17 ausgespielten Meisterschaften seit Einführung der unabhängigen tschechischen Fußballliga im Jahr 1993 tat sich vor allem der Prager Arbeiterclub AC Sparta hervor, der sich in dieser vergleichsweise kurzen Periode 11mal die Meisterkrone aufsetzen konnte. Falls es Sparta aus unerfindlichen Gründen tatsächlich mal nicht schaffte, teilte sich Stadtrivale SK Slavia den Meisterschaftskuchen mit den Provinzclubs FC Slovan Liberec und FC Banik Ostrava etwas unproportional auf.
Während der ewige Zweite Slavia -der sogenannte „Club der Intellektuellen“- in dieser Zeit trotz seiner großen Ambitionen wenigstens drei Meisterschaften verbuchen konnte, dürften die fast schon sensationellen Meisterschaften der „Kleinen“ in Liberec (zwei Titel) und Ostrava (ein Titel) noch heute glänzende Augen verursachen.
Um Spartas Monopolstellung an der Spitze des tschechischen Fußballs zu beenden, sicherte sich Unternehmer Tomas Paclik im Jahr 2010 die Eigentumsrechte am FC Viktoria Pilsen…einem Club, der bis zu diesem Tag keine größere Rolle im tschechischen Fußball spielte und eher als Fahrstuhlmannschaft zwischen erster und zweiter Liga bekannt war.
Auch wenn Paclik mit seinem Gesamtvermögen vermutlich nie in die Sphären eines globalen Fußball-Mäzen wie Roman Abramowitsch vordringen konnte, dürfte das Investment in Pilsen am Ende nicht ganz unerheblich gewesen sein. Mit dem Geld des Unternehmers gelang es dem Club in kürzester Zeit, die Phalanx der finanz- und mitgliederstarken Prager Clubs nachhaltig zu durchbrechen. Seit 2011 konnte der Club aus der westböhmischen Metropole sechs Meisterschaften gewinnen und ist mittlerweile Stammgast in den Gruppenphasen der europäischen Pokal-Wettbewerbe. Als bislang grösster internationaler Erfolg gilt die Viertelfinal-Teilnahme in der UEFA Europa Conference League 2023/2024, wo man dem späteren Finalisten ACF Fiorentina unterlag!
Wer sich je die Frage gestellt hat, was mit all den von einer Einzelperson finanzierten „neureichen“ Fußballclubs passiert, wenn der allmächtige Sponsor nicht mehr existent ist, kriegt in Pilsen eine erste Antwort. Tomas Paclik trat beim FC Viktoria aus gesundheitlichen Gründen bereits vor drei Jahren zurück und hinterließ zunächst ein Vakuum, das übergangsweise durch seinen langjährigen Mitarbeiter Adolf Sadek gefüllt wurde. Da gut aufgestellte und vor allem funktionierende Clubs wie der FC Viktoria Pilsen von potenten Investoren förmlich gesucht werden, ist der Club mittlerweile in Besitz einer österreichisch-schweizerischen Investorengruppe, die mit Paclik eines gemeinsam hat: Viel Geld!
Zum Abschluss meiner kurzen Tschechien-Reise ging es in Viktorias moderne Doosan-Arena, die sich in unmittelbarer Nähe zur weltberühmten Pilsner-Urquell-Brauerei befindet und ein Fassungsvermögen von 11.700 Zuschauern besitzt. Am Stadion fiel mir einmal mehr auf, dass die tschechische Chance Liga stark an ihrem Image feilt. Wie auch in Prag und Liberec befanden sich vor dem Viktoria-Stadion ein Food-Court mit lokalen Spezialitäten, diverse Getränkestände und viele sportive Aktivitäten wie Torwandschießen, Dribbel-Parcour oder die Torschuss-Zielscheibe. Offensichtlich möchte man mit gezielter Verbesserung der Infrastruktur die Zuschauerzahlen erhöhen und vor allem mehr Jugendliche, Kinder und Frauen in die Stadien locken. Grundsätzlich eine gute Idee, da die Liga ihren Oldschool-Ruf mit ständigen Hooligan-Auseinandersetzungen rund um die Stadien nie so richtig ablegen konnte.
Im Heimspiel gegen die Mannschaft des FC Hradec Kralove fanden sich dann auch starke 10.117 Zuschauer in der Doosan-Arena ein, die ihren FC Viktoria nach vorne peitschten. Obwohl Viktoria als haushoher Favorit ins Spiel ging, war der Gast aus der Stadt mit dem deutschen Namen Königgrätz in der ersten Halbzeit zumindest gleichwertig und besaß ein bis zwei gute Chancen. In der zweiten Halbzeit ging Viktoria durch den tschechischen EM-Teilnehmer Pavel Sulc -ausgesprochen Schulz- in Führung, der einen berechtigten Foulelfmeter im Nachschuss verwandelte (56.). Dass es am Ende beim 1:0 (0:0)-Heimsieg blieb, ist aus Viktoria-Sicht dem VAR zu verdanken, der den verdienten Ausgleich der Gäste aufgrund einer Abseitsstellung einkassierte.
Da man in Nürnberg nie an den gleichnamigen Würstchen vorbeikommt, in Köln ein Kölsch trinken muss und in Leipzig das Allerlei genießen darf, musste auch in Pilsen eine Sache unbedingt sein: Ein Pils in Pilsen! Ob ich diese Vorgehensweise auch in Paris wählen würde, behalte ich in diesem Fall allerdings für mich.
Das war ein Fußballwochenende in Tschechien. Auch aus Pilsen gibts in den sozialen Medien bei Instagram und Facebook weitere Fotos und bewegte Story-Bilder vom Spiel und der weltberühmten Brauerei. Klickt Euch mal durch und lasst ein Like da! Dazu kann ich Euch auf meiner Homepage noch den Blog von meinem ersten Aufenthalt in der Bierstadt Pilsen ans Herz legen.
STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!