Die nie beendete Reise nach Nordengland…sie ging im März 2016 in die nächste Etappe. Diesmal war das Primärziel eigentlich der 40. Geburtstag meines Mitreisenden und guten Freundes Peter Meinken. Hierzu wollten wir mit unseren „Local Boys“ Gareth und Bryn ein paar Drinks genießen und das Nachtleben von Sunderland und Newcastle unsicher machen. Dies funktionierte rückblickend auch sehr gut. Und trotz des sicherlich vorhandenen Überkonsums von Gin-Tonic war noch Zeit für ein kleinwenig Sightseeing und weitaus mehr Fußball. Aber der Reihe nach…
Zunächst möchte ich interessierten Nachtschwärmern einen kleinen Überblick über das doch recht intensive Nachtleben in Newcastle geben. Wie bereits beschrieben verwandelt sich die Stadt am Wochenende in das „Capital of Nightlife“. Die Party gestaltet sich sehr vielfältig, abwechselnd und ist für Neulinge unüberschaubar. Obwohl ich mittlerweile als „Sehender“ bezeichnet werden könnte, ist es auch für mich fast unmöglich, den ultimativen Tip für den besten Pub oder Club abzugeben. Fakt ist aber, dass ich in jedem Fall das auch bei Einheimischen äußerst beliebte „Pub“-Hopping bevorzuge. Hierzu beginnt man an einem bestimmten Punkt und kämpft sich Club für Club zum Endziel vor. Wo das dann letztlich liegt muss jeder für sich selbst bestimmen.
Mein Ausgangspunkt liegt meistens am Ufer der Tyne, der Quayside. Hier befindet sich ein altehrwürdiger Pub namens „Red House“, der über eine große Anzahl von lokalen Bieren verfügt und aufgrund seiner Gewölbe einfach nur gemütlich ist. Zudem bietet sich die Quayside zur Schaffung einer Grundlage an, da neben dem Red House das indische Restaurant „Zaiqua“ beheimatet ist. Hervorragende „Currys“ mit netter Bedienung und zur später Stunde auch noch geöffnet. Von der Quayside kämpft man sich einfach den Berg hoch in Richtung Innenstadt bzw. Bahnhof. Unzählige Pubs, wie zum Beispiel das „Crown Posada“, aber auch mehrere stylische Clubs laden zum Verweilen oder auch nur für den Konsum einer „Jäger“-Bomb ein.
Hier möchte ich nur einmal die Namen „Livello“, „Soho Rooms“, die 70er Jahre Diskothek „Flares“ oder den „Revolution“-Club in die Runde schmeissen. Selbst Freunden von deutscher Gemütlichkeit kann mit dem „Bierkeller“ (Adresse: Bigg Market) geholfen werden, inklusive deutschem Bier und Gesang wie „Trink, Trink, Brüderlein, trink“. Und auch der in Deutschland sehr beliebte Döner danach ist an jeder Straßenecke erhältlich. Doch Vorsicht ist geboten, ab ca. 2 Uhr ist jeder südeuropäische bzw. arabische Imbiss komplett überfüllt. Aufgrund der meistens anwesenden volltrunkenen und angeheiterten Gäste trotzdem ein Erlebnis.
In Sachen Fußball machte mir die Spielplanung der Premier-League in den Wochen bis zum Antritt der Reise einen kleinen Strich durch die Rechnung. Das von mir avisierte Spiel Sunderland AFC gegen Everton FC wurde sehr kurzfristig verlegt. Grund war die weiter andauernde Teilnahme des Everton FC am traditionellen FA-Cup. Nun ja, zunächst ärgerlich, aber auf den zweiten Blick eine hervorragende Gelegenheit für einen Besuch der Football League Two, die ich zunächst nur als Plan B ganz unten in der Schublade versteckt hatte.
Und so begaben wir uns samstags in das ca. 50 km entfernte Hartlepool. Die Küstenstadt befindet sich südlich von Sunderland und ist mittels Bahn oder Pkw in ca. 40 Minuten erreichbar. Sie beheimatet den leider recht erfolglosen Traditionsverein Hartlepool United FC. Dieser spielt zur Zeit in der professionellen Football League Two, der vierten englischen Liga, und war 1965 die erste Station des großen Trainers Brian Clough.
Trotz dieser Erfolglosigkeit besitzt der Verein ein paar Details, die ihn schlussendlich besonders machen und einen Besuch rechtfertigen. Fangen wir mit dem Stadion des Vereines an. Dabei handelt es sich um den altehrwürdigen Victoria-Park, welcher insgesamt knapp 8.000 Zuschauer fasst und über der Stadt thront.
Wenn ich das Stadion beschreiben müsste, würde ich meine Augen schließen und mir eine Mischung aus Mondpalast-Arena Wanne-Eickel, Wilhelm-Langrehr-Stadion Havelse und dem ehemaligen Playmobil-Stadion in Fürth vorstellen. Für alle, den das zu krank ist, nun die Kurzbeschreibung: Vier alte Flutlichtmasten, viel Metall und Wellblech und eine Tribüne, die aufgrund ihrer Tradition aber auch Baufälligkeit vermutlich einzigartig ist. Dazu kommen die in England nicht mehr erwünschten Stehplätze hinter dem Tor, welches lediglich die in Köln geprägte Armlänge entfernt ist und eine richtig gute Stimmung auf den Rängen .
Absolut einzigartig ist sicherlich das allgegenwärtige Maskottchen mit dem Namen „HANGus“. Bei der Figur handelt es sich um einen Affen, der für mich in der gleichen Liga spielt, wie ein Geißbock namens Hennes im linksrheinischen Teil von Cologne. Und auch die Geschichte von Hangus ist so typisch englisch, voller Charme und eigentlich nicht zu glauben. Ich werde sie jetzt trotzdem hier kurz niederschreiben, obwohl mir bislang niemand die Story abgenommen hat.
Zur Zeit des napoleonischen Kriege, meines Wissen irgendwann im 19. Jahrhundert, verunglückte ein französisches Segelschiff vor der Küste von Hartlepool. Sämtliche Menschen an Bord kamen bei dem Unglück ums Leben und ertranken. Nur ein einziger Affe, ein Schimpanse, überlebte das Unglück und wurde durch die englische Bevölkerung gerettet. Da die Engländer zu dieser Zeit allerdings nicht wussten, wie ein Franzose aussah, sahen sie in dem Affen einen französischen Spion. Weil der Schimpanse auch auf einfache Fragen nicht antwortete und die Theorie somit untermauerte, wurde er abschließend gehenkt und hingerichtet. Deshalb der Name „HANGus“.
Eine weitere Anekdote aus der Fußballwelt von Hartlepool ist, dass alle Fans auf der letzten Auswärtsfahrt des Jahres in der gleichen Kostümierung anreisen. Und so kam es in der Saison 2011/2012 zu einer Invasion von ca. 200 Schlümpfen, die zum Auswärtsspiel nach London gegen Charlton Athletic reisten. Wer auch das nicht glaubt, kann es sich gerne bei YouTube unter dem Stichwort „Smurfs Hartlepool“ anschauen.
Das aktuelle Spiel gegen den Tabellenletzten aus London, den Dagenham & Redbridge FC gewann Hartlepool United recht souverän mit 3:1 und entledigte sich somit den eigenen Abstiegssorgen. Dem Spiel wohnten knapp 4000 Zuschauer bei, was ich für ein Viertligaspiel des Drittletzten gegen den Letzten als recht gut besucht empfinde.
Und auch ich entdecke bei einem Stadionbesuch noch neue Getränke. Diesmal „Bovril“ (ausgesprochen Bowerrl), eine sogenannte „Beef-Soup“. Letztlich eine leckere Fleischbrühe, die einem die Falten aus dem -nein ich sage es nicht- entfernt.
Wer auch noch ein wenig Sightseeing in Hartlepool betreiben möchte, dem kann ich die HMS Trincomalee nur ans Herz legen. Ein imposantes Segelschiff, ein Dreimaster und das älteste schwimmende Schiff Großbritanniens. Das Segelkriegsschiff kann gegen Gebühr nahe des Stadions besucht werden. Hier befindet sich auch die sogenannte Marina, ein Komplex mit vielen Restaurants und Pubs.
Abschließend wieder ein kleiner Tip für Menschen, die das mal selbst erleben möchten. Beim letzten Mal habe ich Tips zur Anreise gegeben. Diesmal möchte ich Euch das Premier Inn Hotel The Gate Newcastle empfehlen. Recht günstig, brandneu und faktisch mittendrin. In absoluter Nähe befinden sich die Innenstadt und der St. James-Park. Direkt gegenüber befindet sich der Shop The Back Page, ein privat geführter Fußballladen mit vielen Sammlerstücken rund um den Fußball. Ein Muss, wenn man in der Gegend ist. Und auch für Fish&Chips-Junkies noch eine Empfehlung: Coleman´s Fish & Chips in South Shields. Sicher ein wenig außerhalb, aber wahnsinnig lecker. Davon zeugen Kunden wie der ehemalige britische Premierminister Tony Blair oder Schauspieler Patrick Stewart, besser bekannt als Captain Jean-Luc Picard vom Raumschiff Enterprise.
Leider ist eine weitere Etappe in good old Britain schon wieder vorbei! Ich hoffe, das Lesen der Geschichte hat euch Spass gemacht. Ich bleibe am Ball und werde mich schon in Kürze von der UEFA-Europa-League melden. Stay tuned….