In keinem europäischen Land wird der Spitzname eines Fußballvereines so sehr gelebt und geliebt wie im englischen Mutterland. Man könnte Stunden damit verbringen, die Anekdoten und Geschichten hinter den illustren Club-Spitznamen in Erfahrung zu bringen.

Während große Clubs wie Chelsea oder Liverpool ganz schlicht nach ihrer Trikotfarbe benannt sind, finden die Tier- und Fußballfreunde in Norwich, Leicester oder Wolverhampton viel Gefallen an ihren jeweiligen Wappentieren und sind auf der Insel als Kanarienvögel, Füchse oder Wölfe gefürchtet.

Generell spielen Tiere eine große Rolle bei der Wahl des „Nicknames“. Die vielleicht skurrilste Legende zur Entstehung des tierischen Beinamens spielt vor 112 Jahren auf einer englischen Landstraße in Yorkshire. Auf dem Weg zum FA-Cup-Finale erfasste der Mannschaftsbus von Bradford City ein bedauernswertes Bantam-Huhn. Da dieser Unfall nach dem anschließenden Pokalgewinn als positives Zeichen des Schicksals wahrgenommen wurde, nahm der Club das Huhn umgehend in sein Vereinswappen auf und nannte sich fortan „The Bantams“. Ob diese Geschichte tatsächlich wahr ist, kann auch Jonathan Frakes in seiner Sendung „X-Faktor, das Unfassbare“ nicht abschließend bewerten. Sie hört sich aber verdammt gut an!

All die anderen Vereine, die so gar keinen Bezug zu Vögeln oder Raubtieren besitzen, verfügen selbstverständlich auch über durchaus schicke Spitznamen, die sich zumeist aus regionalen Besonderheiten oder der Stadt- und Clubgeschichte ableiten. Als Musterbeispiele gelten hier Vereine wie der Everton Football Club („The Toffees“ aufgrund zweier konkurrierender Süßwarenhandlungen nach Umzug zum Goodison Park), West Ham United („The Irons“ aufgrund der Gründungsgeschichte als „Thames Ironworks FC“) oder Stoke City („The Potters“ aufgrund der Keramik-Industrie in Stoke-on-Trent).

Auch der 1885 gegründete Southampton Football Club besitzt angesichts seiner Wurzeln als kirchlicher Fußballverein der örtlichen St. Marys Kirche mit der Bezeichnung „Die Heiligen“, auf Englisch „The Saints“, den nahezu perfekten Spitznamen! Diese fast schon verpflichtende biblische Auszeichnung, mit der man laut Definition „besonders nah an Gott ist“, dürfte bei sportlichem Erfolg als standesgemäß wahrgenommen werden, versinkt während einer Niederlagenserie aber auch schnell in den Gags des schwarzen englischen Humors.

Der Club aus der historisch bedeutsamen Stadt an der englischen Südküste war im Jahr 1992 hautnah mit dabei, als sich der bis dato problembehaftete englische Fußball neu ordnete und mit der „Premier League“ eine neue erste Liga ins Leben rief. Das Gründungsmitglied der heute finanzstärksten Meisterschaft der Welt hielt sich insgesamt 13 Jahre im englischen Oberhaus und brachte mit dem auf der Kanalinsel Guernsey geborenen Matthew Le Tissier einen Spieler hervor, der diese Erstliga-Epoche prägte. Der schlaksige Mittelfeldspieler, der in seiner gesamten Karriere ausschließlich für die „Saints“ auflief, bestach mit guter Technik, einem Hammerschuss und erzielte in 444 Ligaspielen insgesamt 162 Tore für seinen Club. Le Tissier gilt bis heute als sicherster Elfmeterschütze der Premier League-Geschichte und erhielt von der Fangemeinde der „Saints“ selbstverständlich auch einen Spitznamen. Der fiel mit „Le God“ mehr als standesgemäß aus und machte den achtfachen englischen Nationalspieler zum Jahrhundertspieler Southamptons.

Nach einer siebenjährigen Erstliga-Abstinenz und zwischenzeitlichem Absturz in Englands dritte Liga kehrten die „Saints“ im Jahr 2012 in die Premier League zurück. In den folgenden Jahren konnte man mit Spielern wie Virgil van Dijk, Sadio Mané oder Dusan Tadic nicht nur das ein oder andere sportliche Ausrufezeichen setzen, sondern auch erhebliche Transfereinnahmen kreieren. Mit dem glücklichen Händchen auf dem Transfermarkt konnte sich der englische Pokalsieger von 1976 in den vergangenen zehn Jahren gemäß seinem Motto „Oh when the Saints go marching in“ im englischen Oberhaus festsetzen und sich sogar zweimal für die UEFA Europa League qualifizieren.

In der Gegenwart sieht die Prognose für eine erfolgreiche Platzierung in der Abschlusstabelle allerdings weitaus düsterer aus. Im November des vergangenen Jahres musste der langjährige (Erfolgs-)Trainer Ralph Hasenhüttl nach einer Heimpleite gegen Newcastle und dem Absturz auf einen Abstiegsplatz seinen Posten räumen. Nach einem viermonatigen Intermezzo des Nachfolgers Nathan Jones soll nun der ehemalige Co-Trainer Hasenhüttls, der unerfahrene Spanier Ruben Selles, die „Saints“ vor der Zweitklassigkeit bewahren.

Trotz der hektischen Trainerwechsel steht der Southampton FC nach 27 Spielen weiterhin auf dem letzten Tabellenplatz. Deshalb war es vermutlich eine willkommene Gelegenheit, in einem Nachholspiel des 7. Spieltages um Bonuspunkte kämpfen zu dürfen. Hier trafen die „Saints“ auf die „Bienen“ des Brentford FC. Der Vergleich mit den Gästen aus West-London war zugleich das Duell zwischen Armel Bella-Kotchap und Vitaly Janelt, die beide vor nicht allzu langer Zeit noch für den VfL Bochum 1848 in der 2. Bundesliga gemeinsam gegen den Ball traten.

Vor starken 30.048 Zuschauern, die trotz Regen, Wind und Tabellensituation den Weg ins St. Mary Stadium fanden, kamen die Gastgeber ordentlich ins Spiel. Schließlich hatte man nur wenige Tage zuvor ein torloses Unentschieden bei Manchester United geholt und so für das zarte Pflänzchen der Euphorie gesorgt.

Dieses Pflänzchen wurde aber recht schnell durch die völlig abgebrühten Gäste gepflückt. Die Hauptstädter hatten das Spiel vom Anpfiff weg komplett im Griff und zeigten einmal mehr, warum sie so schwer zu bespielen sind. Eine starke Abwehr, das notwendige schnelle Umschaltspiel und Offensivkräfte, die aus wenigen Chancen das Optimum heraus holen. So ließen die Londoner überhaupt nichts anbrennen und siegten Dank der Treffer von Ivan Toney (32.) und dem eingewechselten Yoane Wissa in der Nachspielzeit (90+7) völlig verdient mit 2:0 (1:0).

Auch das Duell der beiden Bochumer Jungen endete bereits nach 45 Minuten, da Janelt verletzt ausgewechselt werden musste. Die mitgereisten 1500 Fans aus London verabschiedeten ihren starken Mittelfeldspieler, der mittlerweile einen Marktwert von 16 Millionen Euro besitzt, mit einem eigenen Lied: „Vitaly oho, Vitaly oho oho, he comes from Germany and now he is a bee, Vitaly oho!“

Trotz der Niederlage zeigte der deutsche Nationalspieler Bella-Kotchap auf Seiten der „Saints“ eine ansprechende Leistung. Absolut bemerkenswert, wie er sich in der Premier League noch einmal weiterentwickelt hat und neben starken Pässen in die Tiefe nun auch in der Zweikampfführung viel routinierter wirkt.

Ich wünsche den „Saints“ trotz der schwierigen Situation ein anderes Ende als der in Southampton gestarteten „Titanic“, die nur wenige Tage später in Neufundland gegen einen Eisberg stieß und sank.

Wer noch mehr über den Brentford Football Club und das dazugehörige „Moneyball“-Transfersystem erfahren möchte, dem lege ich meinen Blog aus dem Brentford Community Stadium ans Herz! Die passenden Fotos und bewegten Story-Bilder vom Spiel im St.Mary´s Stadium sowie viele weitere Eindrücke aus einer historisch wertvollen Stadt findet Ihr wie immer in meinem Social-Media-Bereich bei Facebook und Instagram. Klickt Euch mal durch!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!