Die tschechische Fußball-Nationalmannschaft konnte sich bei der diesjährigen „UEFA Euro 2024“ trotz eines phasenweise ordentlichen Auftrittes nicht wirklich in die Herzen ihrer Anhänger spielen.

Nach einer dramatisch-bitteren Auftaktniederlage gegen Portugal und einem dünnen Unentschieden gegen den unbeugsamen EM-Neuling Georgien haderte die Mannschaft von Trainer Ivan Hasek im entscheidenden dritten Spiel gegen die Türkei vor allem mit dem rumänischen Schiedsrichter Istvan Kovacs, dem in dieser Partie auch vom deutschen Sportmagazin „Kicker“ eine konfuse Leistung attestiert wurde. Bei der 1:2-Niederlage mussten die Tschechen aufgrund der gelb-roten Karte für Mittelfeldspieler Barak über 80 Spielminuten mit neun Feldspielern agieren und fühlten sich ob des völlig unkontrollierten Kartenspiels Kovacs´ mit insgesamt neunzehn gelben und einer roten Karte stark benachteiligt.

Ungeachtet des frühzeitigen Ausscheidens bei der Europameisterschaft könnte der tschechische Nationalmannschafts-Fußball aber dennoch vor einer positiven Zukunft stehen. Dies hängt in erster Linie mit der Weitsicht der Verantwortlichen des „Narodni Tym“ zusammen, die im Gegensatz zu den osteuropäischen Konkurrenten aus Polen und Ungarn vermehrt auf entwicklungsfähige Spieler aus der heimischen Liga setzen und dies mit der Nominierung des jüngsten EM-Aufgebotes aller 24 Euro-Teilnehmer eindrucksvoll unterstrichen!

Während sich im ungarischen EM-Kader wenigstens noch neun Spieler aus der magyarischen „OTP Bank Liga“ wiederfanden, waren es im polnischen Team um den alternden Star Robert Lewandowski ganze drei Akteure, die ihre Zloty in der polnischen „Ekstraklasa“ verdienen! Dem gegenüber standen in der tschechischen Auswahl bei der Europameisterschaft rekordverdächtige sechzehn Spieler, die bei Slavia, Sparta oder Viktoria Pilsen um den böhmischen Meistertitel kämpfen.

Dementsprechend dürfte auch das tschechische Fußball-Oberhaus mit dem Sponsoren-Namen „Chance Liga“ von dem Konzept des Verbandes profitieren, da die vielen einheimischen Nationalspieler die Attraktivität der Liga mit Sicherheit steigern und gleichzeitig die Leistungsdichte der Spitzenteams erhöhen. Genau deshalb war es für mich überhaupt nicht verwunderlich, dass Tschechiens erste Liga bereits in der Gegenwart in die „Top Ten“ der UEFA-Fünfjahreswertung einsteigen konnte und damit aktuell zu den besten zehn Fußball-Meisterschaften Europas gehört. Dieser Erfolg ist vornehmlich auf die bereits angesprochenen Teams aus Pilsen und Prag zurückzuführen, welche sich in den europäischen Pokal-Wettbewerben traditionell sehr gut schlagen. Aber auch Underdogs wie der FK Mladá Boleslav, der kurz vor dem Einzug in die Gruppenphase der UEFA Conference League steht, sammeln mittlerweile eifrig Punkte für das UEFA-Ranking!

Mit insgesamt neun Spielern stellte Hauptstadtclub SK Slavia Praha den absoluten Löwenanteil im EM-Aufgebot der tschechischen Nationalmannschaft. Der Club wurde im Jahr 1892 von Medizinstudenten gegründet und gilt nach dem ewigen Stadtrivalen AC Sparta Praha als zweiterfolgreichster Verein der Tschechischen Republik. Nach Staatsgründung und Einführung der tschechischen Fußball-Meisterschaft im Jahr 1993 konnte man bislang sieben Meisterschaften gewinnen. Der Club aus dem Südosten Prags brachte berühmte Spieler wie Radek Bejbl, Karel Poborsky, Jan Suchoparek oder Vladimir Smicer hervor, die nach der ersten „tschechischen“ Slavia-Meisterschaft im Jahr 1996 bei der anschließenden Europameisterschaft in England für Furore sorgten und erst im Finale mit dem ersten „Golden Goal“ der Fußballgeschichte von der deutschen Nationalmannschaft bezwungen wurden.

Auch ein gewisser Ivo Knoflicek schnürte seine Fußballschuhe für den SK Slavia. Nachdem der heute 62-jährige ehemalige Nationalspieler der Tschechoslowakei von 1984 bis 1988 insgesamt 46 Tore für die Rot-Weissen erzielte, forcierte er einen Wechsel ins westeuropäische Ausland. Leider war die damalige Tschechoslowakei Ende der 90er noch ein sehr restriktives kommunistisches Land, das seine Spieler nur höchst ungerne und schon gar nicht freiwillig gen Westen ziehen ließ. Deshalb kam die Flucht Knofliceks anlässlich eines „dienstlichen“ Deutschland-Aufenthaltes beim Staatsapparat überhaupt nicht gut an. Der Stürmer mit der zeitlosen „Vokuhila-Frisur“ wurde daraufhin für 18 Monate gesperrt und erfüllte sich erst nach der Sperre seinen Traum vom Auslandsengagement.

Nach einem Aufenthalt beim FC St. Pauli wurde der WM-Teilnehmer der FIFA Weltmeisterschaft 1990 im Herbst 1991 von meinem VfL Bochum 1848 als eine Art „Sensationstransfer“ verpflichtet. Leider zündete Knoflicek so gar nicht und verließ die Castroper Straße nach nur zehn Einsätzen schon wieder zum Saisonende. Und trotzdem bleibt er irgendwie ein absoluter Kultstürmer, da er mit seinem einzigen Tor (2:1-Siegtreffer auf dem Gladbacher Bökelberg am 13.03.1992) eine sieglose Serie von acht Spielen beendete und damit großen Anteil am folgenden Bundesliga-Klassenerhalt der damals „unabsteigbaren“ Bochumer besaß.

In der aktuellen Saison 2024/2025 gehts für den SK Slavia mal wieder darum, dem amtierenden Meister und Stadtrivalen Sparta die tschechische Fußball-Krone zu entreissen. Am 2. Spieltag traf Slavia in der heimischen Fortuna-Arena auf die Mannschaft des SK Dynamo České Budějovice.

Nach Anpfiff von Schiedsrichter Vsetecka musste man um die Gäste aus Budweis fast schon ein wenig Angst haben. Eine Slavia-Angriffslawine nach der anderen rollte unaufhörlich auf die Budweiser Abwehr zu und schlug bereits nach wenigen Minuten wie der Blitz im Dynamo-Tor des nicht immer sicheren Gästekeepers Martin Janacek ein. Mit den schnellen Toren von EM-Teilnehmer Doudera (2.) und dem agilen Fila (9.) sorgte der Favorit also ganz früh für klare Verhältnisse und wollte seinen Anhängern bei sommerlichen Temperaturen offensichtlich etwas bieten. Auch wenn die Einstellung des höchsten Slavia-Heimsieges aller Zeiten (9:1 gegen Hradiste, -Saison 1995/96-) zu diesem Zeitpunkt möglich erschien, kam es am Ende nicht dazu.

Slavia drosselte das Tempo ab Mitte der 1. Halbzeit deutlich und gestattete den völlig überforderten Gästen kurz vor der Pause sogar einen recht gefährlichen Torschuss! Da diese typische Nachlässigkeit eines Favoriten bei Slavia-Trainer Jindrich Trpisovsky in der Halbzeitpause unzufriedenes Kopfschütteln verursacht haben dürfte, schraubten seine Schützlinge Filip Prebsl (66.) und Conrad Wallem (83.) das Ergebnis in der 2. Hälfte im Schongang nach oben. Damit war es am Ende ein standesgemäßer Sieg für Slavia, der sicherlich um zwei bis drei Tore zu niedrig ausfiel.

Während die 17.839 Zuschauer im ausverkauften Heimbereich zufrieden nach Hause gingen, wurden die knapp 30 mitgereisten Schlachtenbummler aus Budweis durch den Slavia-Stadion-DJ mit einer ganz wichtigen Frage des deutschen Techno-Pabstes H.P. Baxxter und seiner Gruppe „Scooter“ konfrontiert: „How much is the Fish?“.

Selbstredend gibts in meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook weitere Fotos und bewegte Story-Bilder vom Spiel in der Prager Fortuna-Arena. Klickt Euch mal rein und lasst ein Like da!

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