Ganz ohne Fußball ging es in der wohlverdienten Sommerpause dann doch nicht! Obwohl mein Herz in erster Linie für den vielfältigen Clubfußball schlägt, hätte ich der deutschen „Heim-Europameisterschaft“ in den vergangenen Wochen vermutlich nur entfliehen können, wenn ich in meinem stromlosen Keller das karge Leben des Grafen von Monte Christo geführt hätte!

Auch wenn sich die persönliche Vorfreude auf dieses kommerzielle „Großereignis für alle“ zum Zeitpunkt des Eröffnungsspieles stark in Grenzen hielt, packte mich der Euro-Virus dann doch irgendwann. Dies lag allerdings weniger an den angesetzten sportlichen Begegnungen, sondern vielmehr an den angereisten Fans aus ganz Europa, die ihr jeweiliges Heimatland mit ausgeprägter Begeisterung und kulturellen Besonderheiten repräsentierten und das Turnier letztlich zu einem europäischen Volksfest machten.

Obwohl in der Gegenwart immer mehr Menschen am europäischen Gedanken zweifeln, standen die vielen tausend Fans aus Albanien, Georgien, England und 21 weiteren Ländern am Ende für eine Sache, die auf meinen vielen Reisen durch Europa oftmals Realität wurde, wenn man sich die unberechenbare Politik einfach mal wegdenkt und nur den Sport zu Rate zieht: Ein vereinter europäischer Kontinent, auf dem Menschen zwar unterschiedliche Sprachen sprechen, sich aber trotzdem gut verstehen!

Zum ersten Spiel ging es in die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf. Das von einem ostwestfälischen Unterhaltungs-Unternehmen gesponserte Stadion, benannt nach dem innersten Planeten unseres Sonnensystems, fasst während der EM als reine Sitzplatzarena insgesamt 46.810 Zuschauer.

Wenngleich rund ums Stadion viele ordentliche Fotopositionen lauern, muss man sich für den ultimativen Blick auf den Spielort der Düsseldorfer Fortuna in die Luft begeben. Hierzu benötigt man zunächst ein Flugticket mit Startort „DUS“, muss beim Check-In einen Sitzplatz mit dem Buchstaben A reservieren und abschließend auf einen Take-Off über Startbahn 23L hoffen.

Am dritten und letzten Vorrunden-Spieltag gastierten mit Albanien und Spanien zwei Teams aus Gruppe B in der Düsseldorfer Arena, welche aufgrund ihrer eigenwilligen Aussenfassade von vielen Auswärtsfans etwas despektierlich als „großes Parkhaus“ bezeichnet wird.

Während die spanische „La Furia Roja“ bereits fest für das Achtelfinale qualifiziert war, musste der Gegner vom Balkan unbedingt gewinnen, um die Finalrunde zu erreichen. Dies sollte für die albanischen Adlerträger rückblickend ein äußerst schwieriges Unterfangen werden, obwohl der spanische Nationaltrainer Luis de la Fuente eine auf zehn Positionen veränderte B-Elf ins Rennen schickte! Die konnte sich mit Akteuren wie Arsenal-Keeper David Raya, dem Königlichen Joselu oder Spielmacher Dani Olmo aber auch mehr als sehen lassen und offenbarte die unfassbare Qualität der Mannschaft von der iberischen Halbinsel.

Auch wenn die Albaner für das große Ziel „Achtelfinale“ ihr Herz auf dem Platz ließen, bis zum Schluss kämpften und durchaus einige gute Chancen besaßen, hatte man während der gesamten Spielzeit fortwährend den Eindruck, dass Spanien bei Bedarf noch zwei bis drei Gänge hochschalten könnte! Die Mannschaft um Aushilfs-Kapitän Jesus Navas hielt sich kräfteschonend an das alte Sprichwort mit dem Pferd, das nur so hoch springt, wie es muss und siegte durch ein Tor von Ferran Torres (13.) entspannt mit 1:0 (1:0).

Die Düsseldorfer Merkur Spiel-Arena während des EM-Spiels Albanien gegen Spanien

Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) stellte mit Düsseldorf, Dortmund, Köln und Gelsenkirchen einen Großteil der ingesamt zehn deutschen Europameisterschafts-Spielorte.

Damit galt die fußballverrückte Region an Rhein und Ruhr insbesondere während der spielintensiven Gruppenphase als absoluter Euro-Hotspot und garantierte den zahlreich angereisten ausländischen Schlachtenbummlern ein Turnier der kurzen Wege! Auch wenn die kurzen Wege aufgrund der weiterhin existierenden Alltags-Probleme im bundesweiten Bahnnetz oftmals einen unerwartet hohen Zeitaufwand in Anspruch nahmen, dürfte das „Sportland Nordrhein-Westfalen“ seinen Ruf als guter und herzlicher Gastgeber einmal mehr unterstrichen haben!

Auch für NRW-Eingeborene wie mich war die UEFA Euro 2024 eine gute Gelegenheit, die vielen europäischen Topstars mal ohne ein umständliches Reise-Erlebnis unter die Lupe zu nehmen. Nach meinem ganz persönlichen Auftaktspiel in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf ging es nur einen Tag später über die Autobahn 40 vom Rheinland ins noch viel schönere Westfalen.

Die „Bierstadt“ Dortmund ist mit 590.000 Einwohnern die grösste Stadt Westfalens und beansprucht dementsprechend den inoffiziellen aber durchaus prestigeträchtigen Titel der „Hauptstadt des Ruhrgebiets“. Dies könnte man als Zugezogener aufgrund der eindeutigen Faktenlage sicherlich unterschreiben, verursacht bei Ruhrpott-Menschen aus Bochum, Essen, Duisburg oder auch Gelsenkirchen aufgrund der vielen unterschiedlichen Fußball-Rivalitäten aber mindestens ein Kopfschütteln.

Nach dem überzeugenden Auftritt der bereits fürs Achtelfinale qualifizierten spanischen Nationalmannschaft in Düsseldorf musste ein weiterer Turnierfavorit in Dortmund noch um die perfekte Ausgangsposition kämpfen. Auch wenn die französische Nationalmannschaft um Superstar Kylian Mbappe ebenfalls schon vor dem letzten Spieltag der Gruppenphase für das Achtelfinale qualifiziert war, musste man gegen die bereits ausgeschiedenen Polen einen deutlichen „Dreier“ einfahren, um die starken Konkurrenten aus Österreich und den Niederlanden sicher auf die Plätze zu verweisen und als Sieger der Gruppe D in die Finalrunde einzuziehen.

Als beide Mannschaften mit den Klängen des offiziellen EM-Songs „Fire“ von OneRepublic den Rasen des nach einem großen deutschen Versicherungskonzern benannten BVB-Stadions betraten, fiel ein Umstand auf, den eingefleischte Fans von Borussia Dortmund wohl nur während der Euro akzeptieren. Ihre „Gelbe Wand“, die allein zu Bundesliga-Spielen 25.000 Zuschauer fasst, präsentierte sich an diesem Tag getreu dem Motto „Allez les Bleus“ in Blau und Weiß, also den Farben der französischen „Equipe Tricolore“, die zufälligerweise auch dem ewigen Konkurrenten vom FC Schalke 04 sehr nahe stehen.

Um das Spiel vor 59.728 Zuschauern kurz und bündig zu analysieren, springen wir bereits in die Phase nach dem Abpfiff, als die UEFA wie gewohnt ihren Spieler des Spiels kürte. Die Auszeichung ging diesmal nämlich nicht an die üblichen Verdächtigen wie Mbappe, Griezmann oder gar Polens Kapitän Robert Lewandowski, sondern an den überragenden polnischen Torhüter Lukasz Skorupski.

Der hütet im normalen Leben das Tor des italienischen Erstligisten FC Bologna und durfte zum Abschluss des Turnieres ausnahmsweise für Polens Stammkeeper Szczesny ran. Während der 90 Spielminuten vereitelte der 33-jährige Torhüter diverse Großchancen der Franzosen und hatte einen gehörigen Anteil am einzigen Punktgewinn der polnischen Nationalmannschaft während der Euro 24.

Dass beim 1:1 (0:0)-Unentschieden überhaupt Tore fielen, ist letztlich dem italienischen Schiedsrichter Marco Guida zu verdanken, der mit etwas Hilfe des VAR für beide Teams völlig zu Recht jeweils einmal auf den Elfmeter-Punkt zeigte. Während der bereits angesprochene Mbappe mit seiner Gesichtsmaske eiskalt verwandelte (56.), benötigte der ewige Lewandowski bei seinem Elfer die Hilfe des Schiedsrichters. Nachdem er beim ersten Versuch am zu früh reagierenden Frankreich-Keeper Maignan scheiterte, entschied Schiri Guida auf Wiederholung des Strafstoßes. Die zweite Chance ließ sich der 35-jährige Stürmer des FC Barcelona nicht nehmen und verwandelte mit seiner patentierten „Verzögerungstaktik“ sicher unten links (79.).

Mit dem bitteren Unentschieden beendeten die Franzosen die Gruppenphase nur auf Platz zwei und trafen im Achtelfinale auf den Nachbarn aus Belgien. Für Polen war die EM bereits vorbei, bevor sie richtig losging!

Der polnische Keeper Lukasz Skorupski war im Spiel gegen Frankreich (fast) unbezwingbar

Der mit 265.000 Einwohnern kleinste EM-Spielort Gelsenkirchen sorgte bereits vor Anpfiff des ersten Spiels zwischen England und Serbien für eine kontroverse Diskussion. Schuld war der Social-Media-Eintrag des englischen Fußball-Bloggers Paul Brown, der die Heimat des FC Schalke 04 bei Verlassen des örtlichen Hauptbahnhofes als „Drecksloch“ umschrieb.

Auch wenn die sogenannte „Stadt der tausend Feuer“ nach Ende des Bergbaus irgendwie dauerhaft im Strukturwandel steckengeblieben ist und gerade im Bereich des Bahnhofes deutliches Verschönerungspotential offenbart, war die englische Kritik doch stark überzogen. Denn auch in den Bahnhofsumfeldern englischer Großstädte spiegeln sich die vielen gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit ungeschminkt wider. Damit unterscheiden sich englische Bahnhöfe in vielen Fällen überhaupt nicht von ihrem Gelsenkirchener Pendant, das in einer aussterbenden Innenstadt viel Qualitätsverlust hinnehmen musste.

Die ablehnende Haltung gegenüber Gelsenkirchen ist an und für sich nur nachvollziehbar, wenn Brown gerade erst aus einer landschaftlich hinreißenden englischen Grafschaft wie Cornwall, Cumbria oder Devon angereist wäre, die unsere Großeltern in den verfilmten Romanen von Rosamunde Pilcher stets im ZDF-Abendprogramm bewunderten.

Glücklicherweise endete diese letztlich unsinnige Diskussion über die Gelsenkirchener Lebensqualität genau so schnell wie sie begann, da die englische Nationalmannschaft bereits zum Achtelfinalspiel mit zahlreichen Fans im Schlepptau an die Emscher zurückkehrte und etwas kleinlaut um moralische Wiedergutmachung bemüht war. Gerade der angesprochene Brown ließ am Spieltag keine Fernsehkamera aus, um zu erklären, dass die „Shithole-Story“ gar nicht so gemeint war und jeder englische Fan den Spielort „Gelsenkörken“ schon allein aufgrund der „ruhrpöttischen“ Fußballkultur lieben würde.

Obwohl die hochveranlagte englische Nationalmannschaft um Kapitän Harry Kane als Gruppenerster in die Finalrunde einzog, überzeugte man in den Spielen gegen Dänemark, Serbien und Slowenien nur mit dem stabil stehenden Abwehrverbund und blieb in der Offensive so ziemlich alles schuldig. Es wirkte fast so, als wenn Spieler wie Phil Foden, Jude Bellingham oder auch Bukayo Saka mit angezogener Handbremse agieren würden.

Selbst im wichtigen Achtelfinal-Spiel gegen Underdog Slowakei konnte oder wollte Trainer Gareth Southgate diese imaginäre Handbremse bei seinem Team nicht lösen. Nach Anpfiff des türkischen Schiedsrichters Halil Umut Meler waren die „Three Lions“ zwar optisch überlegen, ließen die mutigen Slowaken aber immer wieder gefährlich kontern. Einen dieser Konter vollendete der 30-jährige Ivan Schranz zur slowakischen Führung (25.)…schon der dritte Turniertreffer des Stürmers von Slavia Prag, der sich mit dem Tor endgültig ins Schaufenster der europäischen Topclubs stellte.

Auch wenn die Engländer am Ende in Sachen Ballbesitz, Passquote und Flanken hervorragende Statistikwerte vorweisen konnten, vermittelten sie mit ihrem behäbigen und langsamen Spiel zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, noch etwas an der Niederlage ändern zu wollen. Dass es am Ende doch noch in die Verlängerung ging, ist auf die individuelle Klasse einzelner Spieler zurückzuführen. In der fünften Minute der Nachspielzeit verwandelte Bellingham eine Kopfball-Verlängerung von Guehi per Seitfallzieher sehenswert zum vielumjubelten Ausgleich.

Während ein Großteil der 47.244 Zuschauer nun völlig elektrisiert war, zog der englische Last-Minute-Ausgleich den tapferen, aber auch müden, Slowaken um den Bochumer Mittelfeldspieler Matus Bero endgültig den Stecker. Dies nutzten die Engländer im Stile einer Spitzenmannschaft sofort aus. Nach einem Kopfball-Querschläger stand Harry Kane im Fünf-Meter-Raum plötzlich völlig frei und machte das, was er am besten kann…eiskalt einköpfen (91.)! Damit war das Spiel in Windeseile gedreht und England doch noch im Viertelfinale.

Mit dieser destruktiven Defensiv-Taktik nach italienischem Vorbild blieben die „Three Lions“ für mich ein heisser Turnierfavorit. Und tatsächlich setzte sich die englische Reise nach dramatischen Siegen gegen die Schweiz und die Niederlande bis zum großen Finale im Berliner Olympiastadion fort. Hier hofften viele Fußballromantiker unter uns, dass das Mutterland des rollenden Leders seine 58-jährige Durststrecke endlich beenden würde, um den Fußball nach langer Wartezeit mal wieder nach Hause zu holen! Mit dem letztlich verdienten 2:1 (0:0)-Sieg krönte sich allerdings die spanische Nationalmannschaft zum (Rekord)-Europameister und sorgte für das nächste dramatisch-traumatische Ereignis in der Geschichte der englischen Fußballs….“It´s coming home…maybe in 2026″!

Das war die Euro 2024 in Deutschland…herzlichen Glückwunsch nach Spanien! Selbstverständlich gibts in meinen Social-Media-Accounts bei Instagram und Facebook weitere Fotos und bewegte Story-Bilder von der Europameisterschaft!

Auch wenn das Turnier im eigenen Land insgesamt ein schönes Erlebnis war, freue ich mich jetzt auf ein großes Stück Normalität und die Rückkehr des „richtigen Fußballs“ in der gerade angelaufenen Saison 2024/2025! Schließlich ist der europäische Clubfußball das absolute „Kerngeschäft“ dieses Blogs und lässt mein Herz wirklich höher schlagen!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!

  • Düsseldorf, Albanien vs Spanien