Langsam aber sicher geht’s in meinem Fußball-Marathon durch die europäischen Stadien und Ligen auf eine hindernisreiche Zielgerade, die aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten unseres Kontinents weiterhin mit vielen Hürden versehen ist und einen kraftvoll angesetzten Schlussspurt schmerzhaft verhindert.

Die 50. Ausgabe des Projekts „UEFA55“ führte mich Anfang Juli auf die im Nordatlantik gelegenen Färöer Inseln. Hier standen insgesamt vier Spiele der ersten und zweiten Liga auf dem Programm. Im Zuge der Reiseplanung durfte man im Vorfeld guten Gewissens konstatieren, dass die kleine Inselgruppe zwischen Schottland und Island sportlich zwar nicht im Konzert der Großen mitspielt, in der Rubrik „Reise- und Lebenshaltungskosten“ mit Sicherheit aber mehr als nur gute Chancen auf den Spitzenplatz besitzt!

Dementsprechend war ich dem Spieltags-Planer beim färöischen Fußballverband im Vorfeld sehr dankbar, dass die vier anvisierten Partien innerhalb eines fünftägigen Aufenthaltes „kurz und knackig“ zu stemmen waren. Bevor ich mich allerdings der landschaftlich beeindruckenden Inselgruppe vollends hingeben sollte, verursachte eine von der breiten Öffentlichkeit wenig beachtete Auslosung im schweizerischen Nyon für starkes Grummeln in meiner Magengegend.

Knapp zwei Wochen vor Beginn des Aufenthaltes auf den „Schafsinseln“ loste der europäische Fußballverband UEFA nämlich die Qualifikationsrunden zu seinen Europapokalwettbewerben aus. Auch wenn mir die europäischen Auslosungs- und Spieltermine bereits vor der Flugbuchung bekannt waren, musste ich zunächst Abstand von diesem (Herzens-)Wettbewerb nehmen. Dies lag in erster Linie an den offenen Fragen bei Heim- und Auswärts-Terminierung, die speziell in der 1. Runde leider immer nur sehr kurzfristig beantwortet werden und eine kostenneutrale Flug- und Unterkunftswahl mehr als nur erschweren!

Anders gesagt…ich war bei der Flugbuchung unter Zugzwang und musste unbedingt verhindern, dass der Transfer auf die Färöer Inseln noch teurer als ein Trip nach New York City wird! Vermutlich hätte ich mit der Entscheidung gegen eine Europapokal-Partie zähneknirschend leben können, wenn die Auslosung nicht eine Begegnung hervorgezaubert hätte, die neben dem klassischen Lächeln des Galgenhumors das bereits angesprochene Magengrummeln verursachte und mich unverzüglich dazu veranlasste, sämtliche Umbuchungsoptionen in Betracht zu ziehen!

Der plötzlich eintretende Meinungswandel lag ausschließlich an dem gibraltarischen Meister Lincoln Red Imps FC, der seit dem Start meiner Homepage im Jahr 2016 ein wichtiger Bestandteil des Blogs ist. Dementsprechend war es für mich Ehrensache, die durchaus knackigen Umbuchungskosten und zusätzlichen Übernachtungskosten zu tragen, um die Mannschaft im ausgelosten Königsklassen-Duell gegen den färöischen Meister Víkingur Gøta zu unterstützen.

Was aber macht diesen Verein vom Fuße des Affenfelsens so besonders? Es ist einfach faszinierend, wie dieser sehr familiär geführte Club in jeder Saison versucht, in das Europapokal-Konzert der Großen vorzudringen. Diese moderne Ausgabe von „David gegen Goliath“ ist für mich persönlich viel spannender als die Duelle der arrivierten Teams in den Finalrunden der UEFA Champions League, die sich irgendwie immer wiederholen und nur noch bedingt Vorfreude verursachen. Auch wenn es am Ende aufgrund der Entfernung von über 2.500 Kilometern eine schwierige Fernbeziehung ist, sind mir die „Roten Kobolde“ mittlerweile richtig ans Herz gewachsen.

In der bereits angesprochenen Auftaktrunde der Qualifikation zur UEFA Champions League traf die Mannschaft von Trainer Juan Bezares auf den färöischen Meister Vikingur Gota. Auf dem Papier eine durchaus lösbare Aufgabe für die Red Imps, welche in dieser Saison über eine „gute Mischung“ im hoch motivierten Kader verfügen. Neben den technisch starken spanischen Spielern, die ihr vorheriges (Fußball-)Leben größtenteils in den unteren iberischen Profiligen verbrachten, gibt’s auch den einen oder anderen erfahrenen Spieler mit einer interessanten Geschichte. Neben Kapitän Bernardo Lopes (32, früher Benfica) gilt dies vor allem für den 40-jährigen Nano, der über 100 Spiele in der spanischen La Liga 2 und 86 Partien in der griechischen Super League absolvierte. Auch der 36-jährige Routinier Mandi sollte in der Kabine einige Geschichten aus der großen weiten Fußballwelt parat haben, schließlich durfte er als junger Spieler bei Real Madrid unter einem gewissen Jose Mourinho trainieren. Dazu gesellen sich mit den jungen Wilden wie Lee Chipolina, Kyle Clinton (beide 19) oder Nicolas Pozo (20) hoffnungsvolle einheimische Talente, die in ihrer Entwicklung noch nicht am Ende angekommen sind und irgendwann sicher auch für die gibraltarische Nationalmannschaft in Frage kommen.

Da das Vikingur-Stadion in Nordragota trotz seiner wirklich malerischen Lage den Anforderungen der UEFA in keinster Weise entsprach, entschieden sich die Vikingur-Verantwortlichen für das knapp 15 Kilometer entfernte Stadion „Vid Djupumyra“ in Klaksvik, dem mit 5.000 Einwohnern zweitgrössten Ort der Färöer. Die schicke kleine Arena von Ligakonkurrent KI Klaksvik fasst gut 3.000 Zuschauer und ist nun das dritte Stadion auf den Inseln, das von der UEFA für internationale Spiele zugelassen wurde.

Nach Anpfiff des belgischen Schiedsrichters Lothar D´hondt entwickelte sich vor 740 Zuschauern ein wilder Schlagabtausch, in welchem die Gäste aus Gibraltar das erste Ausrufezeichen setzten. In der 19. Minute stand Kapitän Bernardo Lopes am langen Eck goldrichtig und köpfte zur Führung ein. Die hielt allerdings nicht allzu lange, da Johansen wenig später, ebenfalls per Kopf, ausglich (28.). Im weiteren Spielverlauf übernahmen die technisch überlegenen Imps auch Dank Ihres „Unterschiedspielers“ TJ de Barr die Spielkontrolle. Der gibraltarische Nationalspieler und ehemalige England-Legionär von League One-Club Wycombe Wanderers war an diesem Tag überragend und stellte die Vikingur-Defensive vor einige Probleme. Nachdem Lopes zum zweiten Mal traf (31.), verwandelte de Barr in der 38. Spielminute einen Foulelfmeter zur beruhigenden 3:1-Führung. Die Gastgeber kamen etwas überraschend noch vor der Pause zurück, als Vatnhamar ebenfalls einen Elfmeter verwandelte (45+4).

In der 2. Hälfte entschieden sich beide Teams dazu, mehr Augenmerk auf die Defensive zu legen. Mit dieser Einstellung konnten die Imps weitaus besser leben, da nun keine Tore mehr fielen. Negativer Höhepunkt war der Platzverweis für Vikingur-Akteur Bardarson, bei dem der Video-Assistent im neben dem Stadion befindlichen Mercedes-Transporter ein grobes Foulspiel erkannte (85.). Am Ende stand es 3:2 (3:2) für die Lincoln Red Imps, welche auch das Rückspiel mit 1:0 (0:0) gewannen und in die 2. Runde der UEFA Champions League-Qualifikation einzogen. Hier unterlag man dem übermächtigen Roten Stern von Belgrad mit einem Gesamtergebnis von 1:6 (0:1 und 1:5) und spielt nun in der 3. Runde der UEFA Europa League-Qualifikation weiter. In der kommenden Woche trifft man dort auf den armenischen Meister FC Noah und hat weiterhin recht gute Chancen, sich nach der erstmaligen Teilnahme an der Gruppenphase der UEFA Conference League in der Saison 2021/2022 nochmals für die Ligaphase eines wichtigen Europapokal-Wettbewerbes zu qualifizieren.

Bevor ich zum Abschluss noch eine interessante Gemeinsamkeit Gibraltars und der Färöer Inseln herausarbeite, möchte ich mich bei den herzlichen Verantwortlichen der Lincoln Red Imps bedanken, die mir Einblicke ermöglichten, die nicht selbstverständlich sind! Ich hoffe, wir sehen uns in den Play-Offs oder der Ligaphase wieder!

Was aber haben Gibraltar und die Färöer Inseln denn nun gemeinsam? Beide waren Drehorte der berühmten James Bond 007-Reihe. Während der Affenfelsen von Gibraltar in der Eröffnungsszene des 1987 erschienenen Bond-Film „Hauch des Todes“ eine zünftige Verfolgungsjagd mit Darsteller Timothy Dalton erlebt, kommt den Färöer Inseln in der abschließenden Szene des vorerst letzten Bond-Filmes „Keine Zeit zu sterben“ eine besondere Rolle zu. Auf der Insel Kalsoy, die nur durch einen Fjord von Klaksvik getrennt ist, kommt Daniel Craig alias 007 durch einen Raketenangriff tragisch zu Tode und sorgte in der gesamten Filmreihe damit für ein absolutes Novum.

In meinen Social-Media-Netzwerken bei Instagram und Facebook gibts wie gewohnt bewegte Story-Bilder und weitere Eindrücke von den Färöer Inseln. Selbstverständlich gibts auch ein paar Eindrücke von der 007-Insel Kalsoy, wo dem Agenten Ihrer Majestät sogar ein Grabstein gewidmet wurde. Wer noch mehr Lust auf Fußballgeschichten aus Gibraltar verspürt, wird auf dieser Homepage sicher fündig. Klickt Euch doch mal rein!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!