Die jüngst absolvierte „Oldschool“-Auswärtsfahrt in die bayrische Landeshauptstadt München ist durchaus vergleichbar mit der unwiderruflich letzten Reise einer Kuh zum Schlachthof. Nur mit dem wichtigen Unterschied, dass die Kuh überhaupt keine Wahl hat und nicht einmal erahnen kann, was in den folgenden Stunden auf sie zukommen wird.

Ein Supermarktparkplatz in der Nähe des Bochumer Ruhrstadions am frühen Samstagmorgen:

Der oft kopierte, dennoch nie erreichte „Babo Bus“ ist genauso bereit wie seine acht entschlossenen Mitreisenden! Moritz Fiege-Pils, Fleischwurst und jede Menge gute Laune geben das nötige Selbstvertrauen für die lang ersehnte Erstliga-Auswärtspartie beim deutschen Rekordmeister FC Bayern München. Irgendwie nur dumm, dass sich dieser grenzenlose Optimismus in Bezug auf einen positiven Spielausgang während der anschließenden gut acht Stunden Deutschlandreise nicht durchgängig halten kann.

Trotz der Visionen um Silvere Ganvoula´s möglichen Siegtreffer in der Nachspielzeit und dem damit verbundenen Beginn einer wundervollen Erfolgsserie schleicht sich spätestens an der bayrischen Landesgrenze beim Autobahnwechsel von der A45 auf die A3 eine gehörige Portion Realität ein. Plötzlich denkt man über Spiele in der jüngeren Vergangenheit nach, in denen äußerst namhafte europäische Vereine wie Tottenham Hotspur oder der FC Barcelona von den Roten deklassiert wurden und gelangt zum einzig logischen Schluss:

In München kann man als normalsterblicher Bundesligist nur gewinnen, wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen. Da dies leider äußerst selten vorkommt, schraubt man seine zuvor sehr offensiv formulierten Ziele einfach auf ein glückliches Unentschieden oder eine „ordentliche Niederlage unter vier Gegentoren“ runter.

Diese recht fragilen Stimmungsschwankungen sollten sich nach Betreten der mondänen Allianz Arena zunächst einmal wieder ins Positive wandeln. Die gut 1500 Gästefans im Bereich der Nordtribüne hatten richtig Bock auf das Spiel und besaßen rund um den Anpfiff klar die Stimmungsherrschaft über den Anhang des Rekordmeisters. Die bayrischen Stadionbesucher schmunzelten über die ausformulierten heroischen Ziele der Bochumer und dachten sich wie jede Woche „Wartet einfach mal ab, lieber Gegner. Noch habt ihr gute Laune“!

Während des anschließenden Spieles verloren die Bochumer Anhänger zwar nicht ihre gute Laune, dafür aber jegliche Hoffnung auf eine faustdicke Überraschung. Mit Ausnahme der ersten 15 Spielminuten wirkte der Vergleich zwischen Rekordmeister und Aufsteiger wie das Autorennen eines 45-PS-Kleinwagens mit dem Formel 1-Boliden von Lewis Hamilton. Hier kann man am Ende zwar kritisieren, dass der Kleinwagen in den Kurven nicht öfter mal den Weg abgeschnitten oder seinen völlig übermotorisierten Gegner ausgebremst hat, sollte aber auch bedenken, dass auf der Geraden letztlich nur die Geschwindigkeit entscheidet.

Dementsprechend wurden die Bochumer förmlich überrannt und mit einer 7:0 (4:0)-Packung nach Hause geschickt. Speziell in der 2. Halbzeit hofften die Bochumer „Motorsport“-Fans, dass die Bayern auf der Zielgeraden einen Gang zurückschalten würden…leider vergebens, der Sportwagen von Julian Nagelsmann arbeitete sogar an der „zweistelligen Überrundung“.

Soweit kam es dann glücklicherweise aber doch nicht mehr, auch weil Schiedsrichter Tobias Welz das achte Tor der Bayern durch Thomas Müller per Videobeweis aberkannte. Ich hätte nie gedacht, dass solch eine unwichtige Entscheidung bei mir noch für Erleichterung und tiefes Durchatmen sorgt.

Das Debakel von München stellt für den VfL Bochum 1848 die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte dar und verweist das bisherige (Negativ-)Rekordergebnis aus der Saison 1994/1995 auf den zweiten Platz. Damals unterlag man „Tiger Effenbergs“ Borussia Mönchengladbach auf dem alten Bökelberg mit 1:7 (0:4). Ich musste beide Spiele live im Stadion miterleben und kann nach 25 Jahren endlich meine Hitliste der Torhymnen ändern, die ich nie wieder hören möchte. Das gute alte „Ein schöner Tag“ aus der Diebels-Werbung steht nun endlich hinter Fred Feuersteins „Yabba Dabba Doo“ auf dem zweiten Platz.

Glücklicherweise kennt Vereinsliebe keine Ergebnisse. Auch wenn das Ergebnis in München kurz nach Spielende richtig weh tat, kehrte die Aufbruchstimmung spätestens beim letzten „Pinkelhalt“ kurz vor der NRW-Landesgrenze zurück. Schließlich hat niemand gesagt, dass es in der Bundesliga einfach werden würde. Ich bedanke mich bei einer richtig guten Truppe rund um den VfL Bochum Fanclub „Die Treuen 1983“ für eine sehr schöne und stimmungsvolle Auswärtsfahrt! 20 Stunden, 1200 Kilometer und 7 Gegentore…nur der VfL!

STAY TUNED…BLEIBT AUF EMPFANG!