Nach der eindrucksvollen Fahrt mit dem Nachtzug „432 Lovcen“ war in Podgorica ein abschließendes Spiel der ersten montenegrinischen Fußball-Liga vorgeplant!

In diesem Spiel trafen die beiden beliebtesten und erfolgreichsten Teams des noch jungen Balkan-Landes aufeinander! Hierbei handelte es sich um den Hauptstadtclub FK Budućnost Podgorica und den amtierenden Meister FK Sutjeska Niksic!

Die „Prva Crnogorska Liga“ besteht aus insgesamt 10 Vereinen, welche im Gegensatz zu vielen anderen Nationen ihre Spiele zumeist an einem Tag zur selben Anstoßzeit austragen…also fünf Partien am selben Tag zur selben Uhrzeit! 

Dies hat den unschlagbaren Vorteil, dass die Spieltage nicht wie Kaugummi auseinander gezogen werden, aber auch den Nachteil, dass man als neutraler Fußballfan immer nur ein Spiel sehen kann!

Was sich also grundsätzlich erstmal gut anhörte und offensichtlich einfach zu planen war, offenbarte am Ende aber auch wieder den berühmten „Haken an der Sache“! 

Leider kann man bis zum Spieltag nicht wirklich sicher sein, ob das Team auch tatsächlich zur festgelegten Uhrzeit spielen wird! Wie in vielen südosteuropäischen Ländern erfolgt die abschließende Terminierung erst in der Woche des Spieltages! In Montenegro trieb man es diesmal auf die Spitze und legte die Anstosszeiten des 8. Spieltages erst einen Tag vorher fest! Und selbst das war äußerst schwierig herauszufinden, da die meisten Internetseiten der Clubs völlig inaktuell sind oder schlichtweg nicht existieren! 

Beim 8. Spieltag handelte es sich um eine sogenannte „Englische Woche“ mit allen fünf Spielen am Mittwochnachmittag um 15 Uhr! 

Also nochmal zusammengefasst….Mittwoch, Werktags, keine Ferien, kein Feiertag, 1. Liga und 15 Uhr Anstoß! Fällt euch noch etwas „fan-unfreundlicheres“ für Erwerbstätige ein als diese frühe Anstoßzeit?! Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie die Proteste in Deutschland ob dieser Anstoßzeit ausgesehen hätten!

Obwohl die Anstoßzeit in wirklich allen einschlägigen Fußball-Internet-Medien auch am Spieltag weiterhin ihre Gültigkeit behielt, erfolgte dann doch noch eine kurzfristige Änderung! Während das oben genannte Derby auf 18 Uhr geschoben wurde, erfolgte der Anstoß der übrigen vier Partien nun um 15.30 Uhr! Getreu dem Motto „Hauptsache, wir haben doch noch irgendwas geändert, auch wenn es wenig Sinn macht“! 

Zumindest hatte ich nun die unerwartete Möglichkeit, noch ein zweites Spiel in mein Programm aufzunehmen. Obwohl das Zeitfenster zwischen den beiden Spielen doch sehr klein war, sollte ein Besuch beider Spiele kein größeres Problem darstellen, da fünf der zehn Erstliga-Clubs in der Hauptstadt Podgorica gegen den Ball treten und die Stadien der 185.000-Einwohner-Stadt relativ nahe beisammen liegen! 

Letztlich entschied ich mich für die Partie zwischen Aufsteiger FK KOM Podgorica und dem Rekord-Pokalsieger des Landes, dem FK Rudar Pljevlja!

Mit dem Taxi ging es zum gut 5 km außerhalb der Stadt befindlichen Stadion Zlatica des FK KOM! Nach Ankunft in der „Mitte des Nirgendwo“ für einen erschwinglichen Taxi-Fahrpreis von 2,80 Euro huschte mir ein Lächeln durchs Gesicht!

Ein kleiner Umkleidetrakt, ein VIP-Bereich im Rohbau, eine Stahlrohrtribüne, ein kleiner Auswärtsblock sowie der schlechteste Rasenplatz, den ich je in einer ersten Liga gesehen habe…das alles nannte sich „Stadion Zlatica“!

Ich will jetzt aber überhaupt nicht meckern, da ich für den günstigen Eintrittspreis von 0 Euro auch noch ein tolles Spiel mit insgesamt fünf Toren und unzähligen Torchancen erleben durfte!

Etwas überraschend waren die Tore vor gut 300 Zuschauern am Ende höchst einseitig verteilt…der Aufsteiger FK KOM fegte den Rekordpokalsieger (2007, 2010, 2011 und 2016), 2fachen Meister (2010 und 2015) und 8maligen Europapokal-Teilnehmer Montenegros aus dem 190 km entfernten Pljevlja mit 5:0 (3:0) vom Platz! Schnell noch eine Flasche Wasser aus dem neben dem Stadion ansässigen Mini-Markt und mit dem Taxi zurück in die Innenstadt!

Die montenegrinische Hauptstadt gilt mit ihren 185.000 Einwohnern in Fachkreisen als Stadt ohne nennenswerte Sehenswürdigkeiten. Obwohl das wirtschaftliche Zentrum des Balkan-Landes aufgrund seiner teilweise krassen Gegensätze in den Bereichen Städtebau und Infrastruktur mit Sicherheit nicht langweilig ist, sind zweieinhalb Tage Aufenthalt mehr als genug, um die wenigen zarten Pflänzchen im Bereich „Sightseeing“ in Augenschein zu nehmen! 

Ich jedenfalls habe selten einen derart charakteristischen Mix aus hochmodernen Neubauten und völlig heruntergekommenen Plattenbauten sowie Wohnbunkern gesehen! 

Was sich zu Beginn des Blogs grundsätzlich erstmal negativ anhört, war aber definitiv nicht so gemeint. Die Stadt, die zu Zeiten des jugoslawischen Staatenbundes „Titograd“ hieß, ist so eine typisch lebendige Balkanmetropole mit gastfreundlichen Menschen, nettem „Jugo“-Lifestyle und diesem liebenswerten Chaos, das den zumeist ordnungsliebenden Besucher aus Westeuropa immer ein wenig fordert…bei einer Balkan-Tour aber auch in jedem Fall dazugehört!

Nach dem „Vorspiel“ im Stadtteil Zlatica stand am 8. Spieltag der Prva Crnogorska Liga (T-Com 1. CFL) mit der Partie FK Budućnost Podgorica gegen FK Sutjeska Nikšić noch das Duell der beiden besten, traditionsreichsten und beliebtesten Clubs Montenegros auf dem Spielplan!

Beide Clubs sind Dauergäste in der UEFA Champions League und Europa League..naja, zumindest mal in den Qualifikationswettbewerben zur hoch dotierten Gruppenphase.

In diesen Wettbewerben lief es für beide Clubs auch in dieser Saison nur so semi-gut! Während die Mannschaft aus Montenegros zweitgrößter Stadt Niksic als amtierender Meister in der 1. Qualifikationsrunde zur Champions League nahezu sensationell den slowakischen Meister ŠK Slovan Bratislava im Elfmeterschießen ausschaltete, verabschiedete sich der Hauptstadtclub FK Buducnost nach einem Auftakterfolg gegen die Esten von JK Narva Trans in der 2. Runde der Qualifikation zur UEFA Europa League gegen den ukrainischen Verein Sorja Luhansk!

Was sich beim FK Sutjeska aufgrund des anfänglichen Sensationssieges zu einer Erfolgsgeschichte hätte entwickeln können, endete in der Enttäuschung! In der 2. Runde der CL-Qualifikation unterlag man erst den Zyprioten von APOEL FC und verspielte in der folgenden „Trost-bzw. Abstiegsrunde“ noch den möglichen Einzug in die Play-Offs zur Gruppenphase der Europa League. Im Duell gegen den nordirischen Meister Linfield Football Club unterlag man als leichter Favorit am Ende 3:5 (1:2, 2:3). 

Dass beide Teams wie erwartet nun nicht in irgendeine europäische Hauptrunde einzogen, war letztlich gut für mich. Schließlich erfolgte die Ansetzung des „Montenegro-Derbys“ zeitgleich mit den Spielen der Europapokale und hätte bei möglicher Teilnahme eines der beiden Vereine an der Gruppenphase verschoben werden müssen!

Das Spiel fand im größten Stadion des Landes statt, dem Stadion „Gradski“ mit dem Sponsorennamen „Stadion Pod Goricom“! Die Innenstadt-Arena ist nicht nur die Heimat des FK Buducnost, sondern dient dem montenegrinischen Verband mit seinen Starspielern Jovetic (AS Monaco) und Savic (Atlético de Madrid) auch als Nationalstadion! Trotz der überschaubaren, aber auch ausreichenden, Kapazität von 15.000 Zuschauern ein richtig schönes und interessantes Stadion mit vielen Cafés und Bistros im Umlauf! So ist dort immer was los, auch wenn niemand spielt…Kneipenviertel und Stadion in einem!

Nach Anpfiff des nicht immer sicheren Schiedsrichters Predrag Radovanovic entwickelte sich ein rassiges und hartes Spiel mit insgesamt fünf Toren, das mit Sicherheit mehr als die anwesenden 1200 Zuschauer verdient gehabt hätte! Beide Teams verzichteten auf die oftmals teuren (Quoten-)Legionäre aus Südamerika und traten mit einheimischen Spielern aus Montenegro und Serbien an! Obwohl es hin- und her ging und beide Teams sehr gute Chancen besaßen, gewann der Gast aus der montenegrinischen Bierstadt Niksic am Ende deutlich mit 4:1 (3:1). Pechvogel des Tages war Buducnost-Innenverteidiger Dejan Boljevic, dem gleich zwei überaus unglückliche Eigentore unterliefen! Mit dem Sieg setzte sich der Meister in der Tabelle ein wenig von seinem Hauptstadt-Verfolger ab und ist auf direktem Kurs Titelverteidigung!

Das war UEFA55 in Serbien und Montenegro! Eine sechstägige Reise mit vielen schönen Impressionen und Erlebnissen!

In meinem Instagram-Account https://www.instagram.com/Henning_loves_football/ gibt es wie gewohnt noch viele zusätzliche Eindrücke aus Montenegro mit bewegten Bildern in der Story! Schaut mal rein!

STAY TUNED…Danke für das Interesse und euren Support!