Die Corona-Pandemie hält uns auch zum Ende des verflixten Jahres 2020 ganz fest in ihren Klauen und lässt den ungezügelten Stadion- und Sportplatzbesuch nur bedingt zu! Deshalb wird es dringend mal wieder Zeit für eine neue Ausgabe der „Corona-Classics“, meinem Rückblick auf ausgesuchte Spiele vor meiner Zeit als Fußball-Blogger!

Passend zur vergangenen Länderspielpause geht es diesmal um die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2010, dem ersten großen Turnier auf afrikanischem Boden!

Obwohl ich nie ein übermäßig großer Fan von Nationalmannschaftsfußball war, hatte mich die Stimmung bei der WM 2006 im eigenen Land vollends gepackt und dazu verleitet, auch bei der WM 2010 in die berüchtigte Ticketverlosung des Fußball-Weltverbandes einzusteigen! Letztlich wurden es „nur“ zwei Tickets für die Partie D1 gegen D2 im Moses-Mabhida-Stadion von Durban, welche ich bei ungünstiger Auslosung vermutlich irgendwie veräußert hätte. Dann kam ein kalter Abend im Dezember 2009…ich war mit dem Auto unterwegs und hörte die aus Kapstadt übertragene Auslosung live bei WDR 2. In Höhe des Bochumer Tierparks bekam das Kürzel „D1“ plötzlich ein Gesicht, mit dem ich nicht unbedingt gerechnet hatte. Die Aussage „Deutschland ist soeben in Gruppe D gelost worden und trifft im ersten Spiel in Durban auf Australien“ wirkte aus dem Mund des Radioreporters sehr nüchtern und verursachte bei mir völlig unvermittelt einen heiss-kalten Gefühlsmix aus (Vor-)Freude, Anspannung und Panik.

Schließlich kannte ich zu diesem Zeitpunkt schon die hohen Flug- und Hotelpreise in Südafrika und war aufgrund der Partie unter Zugzwang! Das durfte ich mir alles nicht entgehen lassen! Die Planungen starteten…FIRST STOP JOHANNESBURG!

Die Nelson-Mandela Bridge in Johannesburg

Um in die fast 9000 km entfernte südafrikanische Provinz Gauteng zu gelangen, benötigte ich zunächst einmal einen geeigneten und möglichst bezahlbaren Flug. Dies war rückblickend mehr als schwierig, da selbst skurrile Verbindungen mit dubiosen afrikanischen Airlines und Zwischenstopps in Paris sowie der kenianischen Hauptstadt Nairobi vierstellige Geldbeträge kosten sollten.

Deshalb wurde es am Ende unsere gute alte Deutsche Lufthansa, die es für den Flug nach Afrika zwar ebenso „vom Lebendigen“ nahm, dafür aber auch etwas ganz Besonderes für die gespannten Fluggäste parat hielt.

Hinter dem Lufthansa-Flug mit der Flugnummer LH 2010 verbirgt sich heutzutage ein knapp einstündiger Inlandsflug aus der bayrischen Landeshauptstadt München ins nordrhein-westfälische Pendant Düsseldorf.

Vor gut zehn Jahren war der vorgeplante Flug mit dieser Flugnummer weitaus spektakulärer und stellte eine überaus exklusive Flugmöglichkeit nach Johannesburg, dem Ausgangspunkt meiner kurzen Tour zur Fußball-WM 2010, dar! Die angedeutete Exklusivität dieses Fluges ergab sich in erster Linie aus dem eingesetzten Fluggerät und meinen an Bord befindlichen Mitreisenden, mit welchen vor Abflug noch ein spezielles „Event“ in der Lufthansa-Business-Lounge des Frankfurter Flughafens zu absolvieren war!

Bei dem gut 11stündigen Flug in die mit 4,4 Millionen Einwohnern größte Stadt Südafrikas handelte es sich um den offiziellen Erstflug des Airbus A380-800, welchen Lufthansa erst wenige Tage zuvor in Dienst stellte! Da sich „zufällig“ auch noch die deutsche Fußball-Nationalmannschaft samt Betreuer- und Trainerstab an Bord befand, war es der bislang interessanteste Flugtag meines Lebens!

Bevor Flugkapitän Jürgen Raps die grösste Passagiermaschine der Welt mit dem Taufnamen „Frankfurt am Main“ vor mehreren tausend Schaulustigen beschleunigen durfte, mussten meine 440 Mitreisenden und ich auf den einzigen First-Class-Gast warten!

Mit knapp 30 Minuten Verspätung traf die kolumbianische Sängerin Shakira doch noch ein, meldete sich über Bordlautsprecher mit einem freundlichen „Waka-Waka“ bei ihrem Volk und gab das endgültige „Go“ zum Start! Während die bereits angesprochene Poplady Shakira mit der gesamten DFB-Delegation ihren Platz im Bereich des luxuriösen Oberdecks fand, herrschte bei den Fans, Flugenthusiasten und mitgereisten Journalisten in der Holzklasse eine durchaus gute Stimmung! Einzig die Tatsache, dass irgendwo über dem Südsudan das Bier ausging und fortan Rotwein konsumiert werden musste, sorgte kurzfristig für schlechte Laune! Hier möchte ich mich aber nicht abschließend festlegen…möglicherweise schwebten wir bereits über Uganda.

Lufthansa-Chefpilot Jürgen Raps (Mitte) und seine Crew

Die südafrikanische Metropole Johannesburg ist mit Sicherheit kein übermäßig grosser Touristenmagnet. Allein bei Durchsicht der Sicherheitshinweise des auswärtigen Amtes für Johannesburg und weitere südafrikanische Großstädte kommt man zur unverblümten Erkenntnis, dass man eine Reise in die inoffiziell gefährlichste Stadt der Welt möglicherweise nicht überleben wird.

Dementsprechend vorsichtig und überlegt agierte ich dann auch nach Ankunft am Flughafen O.R. Tambo International, dem Drehkreuz und Eingangstor des Landes schlechthin. Glücklicherweise hatte ich mit Harry Lehradt und Gordon Billings zwei perfekte Gastgeber, die mir neben einem Besuch der klassischen Sehenswürdigkeiten wie dem Mandela-Haus in Soweto oder dem Wolkenkratzer „Carlton House“ im kriminalitätsbelasteten Downtown-Distrikt auch einen recht alternativen Einblick in das wirkliche südafrikanische Leben ermöglichten. Dies war hilfreich, um das Kriminalitätsproblem in diesem Land zu verstehen und mit etwas mehr Gelassenheit und Weitsicht zu relativieren!

Selbstverständlich gab es auch einen Blick auf die zwei WM-Arenen Jo’burgs. Während das spätere und recht mondäne WM-Endspiel-Stadion „Soccer City“ extra neu erbaut wurde, nutzte man das altehrwürdige Rugby-Stadion „Ellis Park“ im Innenstadtbereich etwas zweckentfremdet für König Fußball! Der Besuch Johannesburgs war eine tolle Erfahrung…eine Metropole, bei welcher der Beiname „Hart aber herzlich“ perfekt passen würde. Ich hoffe, in nicht allzu langer Zeit noch einmal zurückzukehren. Schließlich steht das Soweto-Derby zwischen den Kaizer Chiefs und dem Orlando Pirates Football Club noch auf meiner imaginären To-Do-Liste!

Blick auf Downtown-Johannesburg (vom Wolkenkratzer „Carlton House“)

Im südafrikanischen Winter können die Außentemperaturen durchaus tückisch sein. Zu Beginn der Autofahrt in die knapp 600 km entfernte Ostküsten-Metropole Durban zeigte das Thermometer in Johannesburg angenehme 18 Grad Celsius an, sank in den „Drakensbergen“ entlang des Königreiches Lesotho auf den Gefrierpunkt und schoss bei Ankunft am Indischen Ozean wieder in die Höhe!

Letztlich blieb das Thermometer bei 25 Grad stehen und sorgte bei subtropischem Gewächshaus-Klima für eine kurzfristig vorhandene Störung meines Biorhythmus…schließlich erlebt man derartige Temperaturschwankungen auf einer gut 7stündigen Fahrt nur selten.

Durban ist mit 600.000 Einwohnern die grösste Stadt der Provinz KwaZulu-Natal und gilt innerhalb der Metropolregion eThekwini als drittgrößte Gemeinde Südafrikas. Die Metropole sollte Schauplatz des ersten Spieles der DFB-Elf bei der WM 2010 werden. Zuvor gab es am stimmungsvollen Strand von Durban das Public-Viewing zum WM-Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Südafrika und Mexiko (1:1). Spätestens als Siphiwe Tshabalala kurz nach der Halbzeit die Führung für die „Bafana Bafana“ erzielte, konnte ich fühlen, was Fußballbegeisterung in Südafrika bedeutet! Mit ein wenig Abstand wusste ich zudem, dass dauerhaft röhrende Vuvuzelas während des Spieles als nächtliche Einschlafhilfe völlig versagen!

Der Strand von Durban am 11.06.2010

Zum Abschluss meiner WM-Reise gab es selbstverständlich noch Live-Fußball. Am Abend des 13.06.2010 traf die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika auf die „Socceroos“ aus Australien!

Das Spiel fand im pünktlich zu Turnierbeginn fertiggestellten Moses-Mabhida-Stadion von Durban statt, welches in meinem persönlichen Ranking der eindrucksvollsten sowie individuellsten Stadien aus den Top 5 fortan nicht mehr wegzudenken war.

Die angedeutete Individualität ergibt sich in erster Linie aus dem 2700 Tonnen schweren Metallbogen, der sich in 104 Metern Höhe über das Spielfeld spannt und mittels gläsernem Aufzug „begehbar“ ist. Erstmal oben angekommen erhält der mutige Besucher ohne Höhenangst einen vermutlich atemberaubenden Blick auf den nahen indischen Ozean! Mir war dieser Blick aus zwei Gründen nicht vergönnt…weil es außerhalb des Stadions stockfinster war und diese Tour an Spieltagen nicht angeboten wird! Angesichts meiner gelegentlich auftauchenden Höhenangst vielleicht gar nicht so falsch!

In der Gegenwart wird das Stadion leider nur noch sehr unregelmäßig bespielt…nämlich dann, wenn der heimische Erstligist AmaZulu FC aus seinem kleinen Stadion in die große Arena umzieht und vor nicht mehr als 10.000 Zuschauern in der südafrikanischen Premier League spielt.

Das Auftaktspiel bei der WM 2010 gewann die DFB-Elf vor 62.660 Zuschauern übrigens locker mit 4:0 (2:0). Obwohl Lukas Podolski damals von der FIFA zum Spieler des Abends gewählt wurde, agierte ein hoffnungsvoller Nachwuchsspieler mindestens genauso überragend…der damals 20jährige Thomas Müller, welcher etwas überraschend im deutschen Aufgebot stand!

Weitaus schöner als das Spiel waren allerdings die Menschen aus México, Panama, den USA oder Schottland, die um mich herum saßen, mit dem Spiel nur bedingt etwas zu tun hatten, aber so eine WM-Endrunde mit ihrer Stimmung ausmachen. Das waren die Corona-Classics von der Fußball-WM 2010.

STAY TUNED…bleibt gesund und auf Empfang! Selbstverständlich findet Ihr auch noch ein paar Fotos und bewegte „Storys“ aus Südafrika in meinen Social-Media-Auftritten bei Facebook und Instagram!

  • LH 2010